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Zeit mit Brunner: Die schnellste Uhr der Welt

Classic Driver Uhrenspezialist Gisbert L. Brunner hat sich das neueste TAG Heuer Uhrenkonzept, den Mikrotimer Flying 1.000 Concept Chronograph, einmal genau angesehen und erklärt, wie man mechanisch die Tausendstelsekunde misst.

Tempo, tempo, tempo! Anders lasst sich das aktuelle chronographische Handeln von TAG Heuer nicht charakterisieren. Der Mikrotimer Flying 1000 Concept Chronograph präsentiert sich während der Baselworld erstmals der Öffentlichkeit. Und er vermag, was noch kein einziger mechanischer Zeitmesser vor ihm konnte: das Stoppen der Zeit auf die Tausendstelsekunde genau.

Ohne ein ultrakomplexes Hochfrequenz-Schwingsystem wäre ein derartiges Unterfangen absolut unmöglich gewesen. Das Konzept-Automatikwerk besitzt zwei völlig getrennte Getriebeketten, an deren Ende ganz unterschiedliche Schwingsysteme den Zeittakt liefern. Das für die Zeitanzeige ist von konventioneller Natur. Unruh und Spirale oszillieren mit vier Hertz. Mit dabei: eine klassische Schweizer Ankerhemmung. Ganz anders das schnellste aller bisherigen mechanischen Schwingsysteme: Das übliche Unterteilen der gleichförmig verstreichenden Zeit ist bei stündlich 3,6 Millionen Halbschwingungen oder einer Frequenz von 500 Hz schlichtweg unmöglich. Also mussten sich Chefkonstrukteur Guy Semon und seine drei Mitarbeiter jede Menge einfallen lassen. Für Ideenreichtum spricht die Anmeldung von nicht weniger als 14 Patenten. Zu den wichtigsten konstruktiven Eigenheiten gehört das Fehlen der üblichen Unruh. Deren Abwesenheit wirkt jeglicher Art von Isochronismus-Fehlern entgegen.

Die negativen Auswirkungen der Erdanziehungskraft in senkrechter Lage werden auch ohne Tourbillon eliminiert. Somit erreicht auch der Stopper selbst eine zertifizierbare Ganggenauigkeit. Ein regulierendes Organ ist gleichwohl unverzichtbar. In diesem Fall hat TAG Heuer zusammen mit dem Komponenten-Fabrikanten Atokalpa eine sehr kurze, breite und feste Spirale entwickelt, welche extrem schnell atmet. Ihre Oszillationen hält eine spezifische Ankerhemmung aufrecht. Das Starten und Stoppen der Spiral-Schwingungen erfolgt mit Hilfe eines schaltradgesteuerten Impuls-Brems-Systems, das direkt auf die Spiral-Welle einwirkt.

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Das neue Kaliber verfügt logischer Weise über zwei völlig getrennte Getriebeketten: eine zum Messen und Anzeigen der Uhrzeit, eine zweite für die Stoppfunktion. Doch ohne ausgeklügeltes Anzeigeorgan nützen die intelligentesten Mechanismen nichts. Gegenwärtig steht das genaue Zifferblattdesign noch nicht fest. Sicher ist jedoch, dass sich der zentrale Stoppzeiger sekündlich zehn Mal um seine Achse dreht. Ein kleiner Zeiger rotiert alle fünf Sekunden um 360 Grad und stellt so die Zehntelsekunden präzise ablesbar dar. An den Minutenzähler haben Guy Semon und seine Mannen auch gedacht. Ob er in die Mitte des Zifferblatts wandert oder einen dezentralen Platz findet, wird die Zukunft zeigen. Unabhängig davon gestattet diese Armbanduhr beim Stoppen eine Formel 1 konforme Präzision. Derartiges Tempo fordert natürlich seinen Tribut. Aktuell reicht die manuell per Kronendrehung einzuspeisende Energie für rund dreieinhalb Minuten. „Das Ziel“, so Guy Semon, „ist eine Stunde.“ Mehr braucht es bei einem Ultrakurzzeitmesser wie diesem definitiv nicht. Ihn mit dem Begriff Grande Complication zu ehren, ist keineswegs aus der Luft gegriffen.

In Basel präsentiert sich der von TAG Heuer expressis verbis als Konzeptuhr titulierte „Mikrotimer Flying 1000” mit einem PVD-beschichteten Gehäusekorpus, an den die Uhrmacher Titan-Bandanstöße schrauben. Dass der Tempo-Stopper über kurz oder lang Serienreife erlangt, dürfte außerhalb jeglichen Zweifels stehen. Bester Beweis ist die bahnbrechende „Monaco V4” mit axialer Schwungmasse und Zahnriemenantrieb, dem Guy Semon allen Unkenrufen zum Trotz gleichermaßen präzises wie zuverlässiges Laufen beibrachte.

Text: Gisbert L. Brunner
Fotos: Hersteller



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