Lokaltermin im schwäbischen Neckarsulm. Hier laufen unter anderem die Audi-Baureihen A6 und A8 vom Band. Und das große Dickschiff A8 stand zu einem ersten Ausritt als Hybrid bereit. Ein Firmen- und Chefauto, das unter Umständen ein Klassiker werden kann. In circa 40 Jahren, wenn es keine Verbrennungsmotoren mehr geben wird.
Über den A8 braucht man wahrlich nicht mehr viele Worte verlieren. Er hat alles gehabt und alles gezeigt. Vom geteilten Grill der Frühzeit zum durchgängigen der neuen Designära. Von kleinen Benzinern über Acht- und Zwölfzylinder, von Dieseln jeglicher Couleur bis hin zum sagenhaften Achtzylinder-Diesel-Power-Tool, von der gestretchten Limousine bis zum gepanzerten Kanzler-Schlitten. Es war eigentlich alles dabei, was die Autowelt der letzten 15 bis 20 Jahre zu bieten hatte. Nur eines fehlte im Portfolio: ein Hybrid.
Der grüne Gleiter wartet vor dem Audi Forum Neckarsulm in der Frühlingssonne. Auffallend ist ein spezielles Set 19-Zoll-Felgen. Sie ähneln in der Formgebung einem Turbinen- oder Windrad und sollen anderen Autofahrern wohl signalisieren, Achtung, hier kommt hohe Umweltverträglichkeit mit Premiumanspruch.



Premium, da beißt die Maus kein Faden ab, war und ist beim Audi A8 schon immer als gegeben zu betrachten. Edle Materialien, beste Verarbeitung und das solide Gefühl, in einer echten Limousine mit bester Dämmung unterwegs zu sein. Auch da macht der Hybrid keinen Unterschied. Qualität und Anmutung sind schlicht Premium. Nur im Armaturenbrett ist einiges anders. In Griffnähe hinter dem Lenkrad ist ein Schalter installiert, der sich auf Knopfdruck grün (sic) einfärbt. In diesem „erzwungenen“ Modus bewegt sich das Dickschiff rein elektrisch. Deshalb heißt der Schalter auch EV, für Electric Vehicle. Mithin emissionsfrei. Rein theoretisch für bis zu drei Kilometer und bis zu Tempo 60. Sprich: Aus der heimischen Garage und dem Wohngebiet hinaus geht das sicher gut. Weil man dort nicht unbedingt die Beschleunigung wählen muss, die den 2-Liter-TFSI-Benziner zur Unterstützung rufen wird.



Beim Druck auf die Start-Taste herrscht die bei Hybriden übliche Verwirrung. Im bestens isolierten A8 hört man fast nichts. Nur die hoch und zurück schnellenden Zeiger in den Armaturen lassen vermuten, dass der A8 bereit ist, emissionsfrei los zu fahren. Ein zweiter Blick rückt das von Audi Power-Meter genannte Display ins rechte Licht. Ist alles im grünen Bereich, steht der Fahrer wahrscheinlich auf der Bremse und der Zeiger im Power-Meter ganz unten links. Links von dieser Skala zeigen Leuchtdioden in vier kleinen Blöcken an, wie sich die Rekuperation auf den Ladezustand im Lithium-Ionen Akku auswirkt. Mittig in der Power-Meter Skala dehnt sich ein üppiger „Efficiency“-Bereich. Nach oben hin, wo der Boost wartet, ist die Skala rot eingefärbt, was gleichbedeutend ist mit ordentlichem Spritverbrauch.
Auf zu einer Praxisrunde, die zunächst eine kürzere Strecke in der Stadt und hernach eine Autobahnpassage beinhaltet. Klarer Fall, das der A8 boostet (also beide Antriebe zeitgleich nutzt), um die 1.870 Kilo schwere Limousine ordentlich von der Ampel weg zu treiben. 211 Pferde besitzt der Verbrenner-Vierzylinder, 245 werden frei gesetzt, wenn die E-Maschine mit eingreift, die zwischen dem Verbrenner und dem überarbeiteten 8-Gang-Getriebe sitzt. Dabei werden 480 Newtonmeter auf die Wellen losgelassen, was sich anfühlt wie ein ausgewachsener Sechszylinder. Bis zur Autobahn hat sich der Verbrauch auf „normale“ 12 Liter hoch geschaukelt. Aber schon auf der zweispurigen Piste geht der Verbrauch auf neun Liter zurück. Denn freies Fahren ist eh nicht mehr auf deutschen Autobahnen, also eher Schiebebetrieb um 120 km/h.



Indes bedeutet Landstraße heute ja auch schon oft, dass man hinter Lastern fest hängt, die Mautstrecken umfahren. Wenn es dann von Land- auf Kreisstraßen abgeht, kann der grüne Gleiter endlich mal zeigen, was er drauf hat. Gemütliches Über-Land-Cruisen beschert dem Verbrauchsanzeiger Zahlen, die man einer Premium-Limousine so nicht zugetraut hätte. Der niedrigste Stand auf der zweistündigen Runde lag bei 6,5 Liter. Das ist noch ein Stück weit entfernt von den Normverbrauchswerten, die rechnerisch ermittelt wurden. Und mit den 6,3 Litern und 147 Gramm CO2/km wäre man als A8-Treiber dann wohl auch eher ein Verkehrshindernis.
Was ins Auge fällt, ist die beschwörende Wirkung des Power-Meters. Immer wieder schweift der Blick auf die Skala, um zu sehen, was sich wie auf den Verbrauch auswirkt. Zwischenzeitlich wird auch der EV-Schalter betätigt und der A8 in Schnurr-Modus versetzt. Um dann aber beim Verlassen kleiner Dörfer nicht als Spaßbremse für andere Verkehrsteilnehmer zu gelten, war der reine Stromanteil an der Ausfahrt eher gering. Auffallend jedoch ist die Änderung des Fahrverhaltens in einem Hybrid, den man bewusst bewegt. Der Abstand zum Vordermann bleibt größer, um die Rekuperation voll ausnutzen zu können und dann mit leichtem Gasfuß zu beschleunigen. Was der Parallelhybrid am Ende der Reise mit einem Durchschnittsverbrauch von 6,9 Litern quittierte. Dabei wurde natürlich nie die Höchstgeschwindigkeit von 235 km(h gefahren, noch wurden die 7,7 Sekunden für den Sprint auf 100 km/h genutzt oder gar Stop-and-go exerziert. Unter dem Strich und bei sehr kommoder Fortbewegung dürften allerdings Werte um acht Liter den A8 Hybrid wirklich zu einem Spritsparmodell machen.

Wer jedoch den Kofferraumdeckel lupft, wird sehen, was das in letzter Konsequenz bedeutet. Zwar ist die Karosserie in Audi Space Frame Technologie mit insgesamt 231 Kilo sehr leicht geraten. Aber über der Hinterachse ist ein Akku nebst dazugehöriger Elektronik verbaut, der satte 130 Kilo wiegt. Und der luftgekühlte Akku sorgt obendrein dafür, dass aus dem Kofferraum ein eingeschränkter Gepäckraum wird. Das mag manchen nicht abschrecken, zumindest die Nutzer aus dem Flottengeschäft. Als Familienkutsche für Vater-Mutter-Bruder-Schwester und Skiurlaub ist es dann aber Essig.
Ab Juni 2012 wird der A8 Hybrid in 37 Märkten eingeführt. Die Normalversion zu 77.700 Euro, die nachfolgende L-Version, die es in China ausschließlich geben wird, zu Preisen ab 85.400 Euro. Alle nur mit Frontantrieb, denn Hybrid und Quattro ist - trotz Einsatz im Q5 - in etwa so euphemistisch wie Windenergie mit Düsenantrieb.
Text: Jo Clahsen
Fotos: Audi