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Tief in den Wald hinein mit Tim Bent und seinem geliebten Landy

Tim Bents Hütte ähnelt einer Märchenkulisse: rustikaler Charme, laubbedeckte Wege, mächtige Bäume, magische Kreaturen – sogar afrikanische Büffel gibt es! Doch was wäre dieses Idyll ohne einen betagten Landy?

Es war einmal eine Familie mit Namen Bent. Vater Tim, Mutter Hannah, Sohn Ned und Tochter Martha lebten zusammen in einem verwunschenen Naturschutzgebiet, unmittelbar nördlich von Cambridge. Wenn sie nicht gerade bei Bentleys London, ihrem Fachgeschäft für historisches Reisegepäck, mit dem Ankauf, der Instandsetzung und dem Verkauf geheimnisvoller Koffer und kunsthandwerklicher Preziosen „Made in Britain“ befasst waren, gönnten sie sich eine Auszeit und fuhren aufs Land. Genauer gesagt: In ihr kurioses Domizil am Rande eines dichten, tiefen Waldes, wo magische Tiere vorbeischauten (afrikanische Büffel, Hochlandkühe und weise, alte Eulen), an jeder Ecke Unheil lauern konnte (in gnadenlosem Sturzflug befindliche Fledermäuse und Schlaglöcher, so groß, dass Kleinkinder im Handumdrehen darin verschwänden) und ein mächtiger Krieger, jene beseelte Maschine, die unser verwunschenes Königreich bewacht.

Ihre Kutsche steht bereit

Auch wenn er nichts ausgesprochen Majestätisches an sich hat, so gibt es doch garantiert niemanden, der sich dem Charme dieses vom Wetter gezeichneten Raubeins entziehen könnte. Der stämmige Land Rover aus der dritten Serie hat nicht nur Tims Herz vor zwei Jahren im Sturm erobert – auch jeder, der diesen Off-Roader sieht, ist ihm im Nu verfallen. „Ich habe ihn auf einer Auktion in King’s Lynn entdeckt, also nicht weit weg von hier“, erinnert sich Tim. „Ich glaube, er war seit mehr als 20 Jahren abgemeldet; man fand ihn in einer Scheune, über und über mit Schlamm bedeckt. Die Radläufe waren mit einer 15 Zentimeter dicken Schlammschicht regelrecht ummantelt. Und er hatte diese phantastische Patina, sah aus wie gebleicht. Speziell am Heck, das offenbar ein wenig ins Freie geragt hatte, sodass die Sonne draufscheinen konnte. Als Folge tragen die vorderen Kotflügel nun einen helleren Farbton als die hinteren – perfekt, ich liebe es!“. 

Ein Märchen, so alt wie die Zeit

Über sämtliche Kratzer und Macken an der Oberfläche seines Landys schaut Tim natürlich großzügig hinweg – ganz wie es sich für einen edlen Prinzen gehört. Genau diese Spuren eines langen Autolebens waren es schließlich auch, die seine Liebe zu dem Wagen erst entfachten. Tim tut jetzt einfach, was notwendig ist, um das ausgeblichene blaue Wunder in Würde zu erhalten. Auch wenn sein Anhang unter Aschenputtels Lumpen nicht ihre königliche Haltung erahnt. Tim erzählt uns von seinem Besuch in der Werkstatt: „Ich habe mich bewusst dagegen entschieden, das Auto richtig reinigen zu lassen. ‚Ihr müsst ihn nur zum Laufen bringen’, habe ich ihnen gesagt. Es ist auch nicht besonders schwierig gewesen, so bombensicher, wie diese Autos gebaut sind. ‚Egal, was ihr im Wageninneren macht, lasst ihn bitte außen genau so verdreckt, wie er jetzt ist, rührt ihn nicht an! Ich will, dass er dreckig ist. Und so hat er abgesehen von ein paar Schauern nie eine Waschanlage gesehen.“

Ich hab ihn im Traum gesehen

Obschon Tims Frau Hannah das Biest in Autogestalt inzwischen duldet, kamen ihr bald Zweifel, ob nicht schon bald weitere lehmverkrustete Allradmonster durch die Mauern ihres Heiligtums krabbeln würden – wer könnte es ihr verübeln? Tim erklärt es uns: „Sie macht sich schon etwas Sorgen, dass hier irgendwann Dutzende Land Rover in der Auffahrt herumstehen. Ich habe auf fünf Exemplare von den Falklandinseln mitgeboten, das waren allerdings ausschließlich Wracks, und wenn ich Wracks sage, dann meine ich echte Wracks! Obwohl sie ja einfach nur sehr verrostet waren. Man hätte durchaus noch etwas aus ihnen machen können. Sie stellen dort aber auch einfach alles wieder her! Jedes von diesen Autos hatte so eine eigenartige, ganz spezielle Patina. Vielleicht hätte man sie auch alle ausschlachten und daraus wenigstens ein perfektes Auto machen können. Aber sie waren eben total verrostet und ich hätte sie von Devon bis hierher auch irgendwie transportieren müssen. Am Ende habe ich etwas für mich wenig Typisches gemacht. Eingedenk der hohen Kosten habe ich sie doch nicht mitgenommen. Die Realität so eines Automobiltraums ist ja oft mühsamer, als man zuerst denkt.“ 

Die Versuchung

Dieser Traum gehört also nun nach Nimmerland, ins Land der Träume. Ins Hier und Jetzt hingegen gehört das Stiefschwesterchen unseres Landys, welches verschwiegen seinen Schuppen teilt. Im Märchen sind Stiefgeschwister stets garstig – in der Wirklichkeit ist der Triumph Spitfire aber schlicht die komplementäre Ergänzung des Land Rovers. Beide zusammen wirken wie eine automobile Allegorie auf den nur allzu bekannten ständigen Gegensatz von Sehnsucht und Notwendigkeit – wenn auch zugegebenermaßen eine recht ungewöhnliche. Zusammen sind sie jedenfalls ein perfektes Paar. Mit einem verschmitzten Grinsen sagt Tim mir: „Der Triumph wurde am Tag nach meiner Geburt zugelassen. Also habe ich eingesehen, dass ich ihn gar nicht verkaufen darf! Hannah hatte Verständnis dafür. Ein paar Mal haben wir darüber gesprochen ‚Brauchst Du den Wagen denn wirklich?’ Nee, natürlich nicht, aber darum geht es ja auch nicht! Ob ich das Auto brauche, ist doch nicht ausschlaggebend. Den Land Rover kann ich aus diesem Blickwinkel heraus natürlich noch besser verteidigen, schließlich sind wir hier auf dem Land. Und er ist zudem auch weitaus praktischer als ein Traktor.“ Und die Moral von der Geschicht’? So wie man niemals ein Buch nach seinem Einband, Aschenputtel nach ihrer ärmlichen Kleidung oder einen einsamen Prinzen nach seinem grässlichen Aussehen beurteilen sollte, so darf man ein Auto auch nicht nach seiner Karosserie be- oder verurteilen – was dem einen ein schrottreifer Land Rover, ist dem anderen ein treues edles Ross. Fragt einfach mal Tim Bent!

Fotos: Robert Cooper für Classic Driver©

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