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Magazin

Dieser donnernde Ford GT40 übertönt selbst die Trompeten von Jericho

Wie kann man der dunkleren Jahreszeit besser trotzen als mit einer Fahrt in einem bollernden und originalgetreuen Ford GT40? In der Bibel brachten Posaunen die Mauern Jerichos zu Fall, hier weckten wir „nur“ die Anrainer im verschlafenen Hampshire auf....

Zerstörte Hoffnungen

Dem im April 1968 von JWA Engineering als lupenreine Leichtbau-Rennversion an den belgischen Privatier „Beurlys“ (das Pseudonym von Jean Blaton) ausgelieferte und unter Bewerbung der Ecurie Francorchamps eingesetzte Ford GT40 P/1079 war keine lange Karriere beschieden. Nach Einsätzen in Monza und Spa kam es beim dritten Start der Saison in Le Mans zur Katastrophe: „Wild“ Willy Mairesse hatte beim Start die Tür nicht richtig verschlossen. Schon in der ersten Runde sprang sie etwa auf halber Höhe der Hunaudières-Geraden auf und beim Versuch, sie wieder zu schließen, flog der Belgier auf regennasser Fahrbahn und bei über 250 km/h von der Strecke. Während das Auto als Totalschaden endete, musste Mairesse seine von vielen Unfällen geprägte Karriere nach zwei Wochen im künstlichen Tiefschlaf und sechsmonatiger Rekonvaleszenz aufgeben; im September 1969 wählte er den Freitod. Der GT40 wurde danach mehrmals restauriert und rekonstruiert, unter anderem Mitte der 80er-Jahre über eine Dauer von fünf Jahren, und tauchte dann ab Mitte der 2000er-Jahre regelmäßig bei großen klassischen Rennmeetings auf. Wie Le Mans Classic, Spa 6 Stunden, Tour Auto, Oldtimer GP Nürburgring und Goodwood Revival. 

Race on Sunday, sell on Monday

Man glaubt es ja nicht, aber der alte Grundsatz „Race on Sunday, sell on Monday“ hat zumindest in der Welt des klassischen Motorsports auch heute noch seine Gültigkeit. Bei der diesjährigen Whitsun Trophy im Rahmen des Goodwood Revival steuerte der von Startplatz eins gestartete Nick Padmore diesen GT40 auf extrem rutschiger Fahrbahn auf einen famosen zweiten Platz. Und gleich am Montag danach wurde P/1079 wieder sicher zurück in Duncan Hamiltons ROFGO’s Showroom in Micheldever (Hampshire) zurücktransportiert. Für alle, die es nicht wissen: Nick Padmore ist ein extrem talentierter britischer Rennfahrer, der unter anderem mit einer unglaublichen Runde von 1.18,2 Minuten (ein Schnitt von über über 175 km/h) den absoluten Rundenrekord in Goodwood hält. Aufgestellt auf einem Lola-Chevy T70 beim Members Meeting von 2015. 

Naturinstinkt  

Beim diesjährigen Revival saß er erstmals überhaupt in einem GT40 und fühlte sich auf Anhieb so pudelwohl wie eine Ente im Wasser. „Ich fahre ja schon eine ganze Zeit lang Rennen, aber das waren die haarsträubendsten Bedingungen, die ich je erlebt habe“, erinnert er sich. „Der Wagen fuhr mangels Grip nie exakt geradeaus und mit jedem Lenkimpuls, den ich ausführte, zog er in eine Richtung, die ich nicht wollte. Doch verzieh er sehr viel, ich wusste immer genau, was sich unter mir abspielte, ich fand ihn sehr progressiv.“ Immerhin: Obwohl nur noch sieben Minuten im Qualifying verblieben, stellte Nick das gelbe Auto beim ersten Anlauf sofort auf die Pole-position. 

Das Rennen lief auf ähnlich feuchtem Untergrund ab wie am Vortag. Nach dem Start musste Padmore die Führung kurz an Mike Whittaker im leichteren Lola T70-Spyder abgeben, holte sie sich aber bis zum Ende der Runde wieder zurück. Job erledigt, dachte er sich wohl. „Doch dann überholte mich Chris Ward (Anmerkung der Redaktion: in einem weiteren Ford GT40 von J D Classics) auf der Start/Ziel-Geraden, als würde ich parken, einfach keine Traktion. Und dann drehte ich mich beim Anbremsen der Woodcote Kurve“, erklärt er. „Mein Fuß rutschte von der Kupplung und die Hinterräder blockierten, als hätte jemand auf dem Beifahrersitz die Handbremse gezogen. Ich sah grün und schwarz, dann nochmal grün und schwarz, doch zum Glück kam der GT40 auf dem Asphalt und sogar in der passenden Fahrrichtung zum Stehen.“ Nach dem laut Zeugenaussagen dreieinhalbfachen Rittberger schüttelte sich Padmore einmal kurz durch – und fuhr als Zweiter hinter Ward durchs Ziel. 

 Großes Potential von Beginn an

Das Ergebnis sprach Bände über das Potential von P/1079, speziell unter Berücksichtigung, dass nicht die volle PS-Leistung anstand und zuvor auch keine vernünftigen Testfahrten stattfinden konnten. Das Tempo, das wir auf abgeschiedenen Landstraßen rund um Duncan Hamilton ROFGO Showroom in Hampshire einschlugen, war natürlich weitaus ziviler. Doch auch schon bei niedrigen Geschwindigkeiten sorgte der noch etwas kalte V8 für erwärmende Gefühle, zusätzlich angefeuert durch die pistolenartigen Salven des eifrig arbeitenden Drehzahlbegrenzers. Während wir uns vor Schenkelklopfen kaum einkriegten, waren die unseren Weg begleitenden oder kreuzenden Fahrradfahrer und Hundebesitzer weniger begeistert. Ihre Gesichter erweckten den Anschein, eine Begegnung mit einem Alien zu erleben. 

Tage des Donners 

Der GT40 gehört zu jener Spezies von Autos, die schon im Stillstand wirken, als würden sie mit hoher Geschwindigkeit fahren. Doch erst als Duncan Hamilton ROFGO Spezialist Jack Tetley seinen Gasfuß einmal voll durchdrückte und und uns ein Donnerhall traf wie ein herbeidonnernder Frachtzug, wurde klar, wie unglaublich schnell dieses Auto ist. Er eilt nur so durch die Gänge und balanciert dabei fast ständig an der Haftungsgrenze. Ein solches Auto auf öffentlichen Straßen zu fahren, mutet zunächst sinnlos an. Doch die kindische Freude und das über beide Backen reichende Grinsen, das bei uns allein schon das Mitfahrerlebnis hervorrief, führte zur Frage: Warum zum Teufel eigentlich nicht? Als glorreicher Vertreter einer Blütezeit des Langstreckensports braucht P/1079 nun nur noch einen neuen Besitzer. Auf geht’s, wir fordern Sie heraus... 

Fotos: Tom Shaxson für Classic Driver © 2017

Sie finden diesen Ford GT40 von 1968 zum Verkauf im Classic Driver Markt gelistet, zusammen mit dem gesamten Inventar von Duncan Hamilton ROFGO.