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Wie der Grafikerdesigner Erich Strenger das Bild von Porsche prägte

Niemand hat das Bild von Porsche wohl derart geprägt wie Erich Strenger: Über vier Dekaden gestaltete der Grafiker für Porsche Werbeanzeigen, Prospekte und Rennplakate. Er gründete die Hauszeitschrift Christophorus mit – und entwarf jenen Schriftzug, der bis heute das Markenzeichen von Porsche ist.

"Ohne Erich Strenger wäre die Vorstellung, die wir von Porsches Markengeschichte haben, wohl eine andere."

Mutmaßungen über alternative Realitäten sind im Journalismus ein heikles Thema. Doch in diesem Fall kann man mit Fug und Recht behaupten: Ohne den Canstatter Grafikdesigner Erich Strenger wäre die Vorstellung, die wir von Porsches Markengeschichte haben, wohl eine andere. Zwischen 1951 und 1988 formte er die Designsprache und Markenkommunikation der Stuttgarter Marke mit seinen zahllosen kunstvollen Entwürfen. Ob wir heute einen Porsche 356 sehen, einen frühen 911 oder einen Le-Mans-Rennwagen wie den 917 – immer schwingen im Mythos aus die Zeichnungen und Kollagen mit, in denen Strenger die Autos zu ihrer Zeit für Kataloge, Anzeigen und Plakate inszenierte.

Startschuss für die Zusammenarbeit

Der Startschuss für die langjährige Zusammenarbeit fiel 1950 bei einer Misswahl in Stuttgart. Der studierte Grafiker Strenger und der Historiker Richard von Frankenberg, der gerade damit begonnen hatte, die Kommunikationsabteilung von Porsche aufzubauen, kamen ins Gespräch, entdeckten ihre gemeinsame Begeisterung für die Marke – und kurz darauf waren die Damen auf der Bühne bereits vergessen. Da Porsche sein Geld damals lieber in den Rennsport investierte, statt teure Werbeanzeigen zu schalten, waren handliche Verkaufsbroschüren das Mittel der Wahl, um neue Modelle auf Messen zu bewerben. So war auch Erich Strengers erste Arbeit für Porsche eine gezeichnete Broschüre für das 356 Coupé. Das volle Potential der Zusammenarbeit zeigte sich 1952, als Strenger und von Frankenberg gemeinsam die Porsche-Hauszeitschrift »Christophorus« gründeten – das erste Markenmagazin eines deutschen Autoherstellers, das bis heute erscheint und von Porsche-Fans auf der ganze Welt gelesen wird. Das nach dem Schutzheiligen aller Autofahrer benannte Magazin wurde zu einem regelrechten Entwicklungslabor für die visuelle Identität der Marke: Hier konnte Strenger mit abstrakten Collagen arbeiten oder Künstler engagieren, um Titelseiten zu gestalten. Nicht immer stand dabei das Auto im Vordergrund. 

Ein Schriftzug geht um die Welt

Anfang der 1950er-Jahre wurde der Markenname Porsche auf Werbemitteln meist in Schreibschrift ausgeschrieben. Erich Strenger entwickelte jedoch schnell eine neue, moderner wirkende und universell einsetzbare Typographie – sein Porsche-Logo ist bis heute fast unverändert geblieben. Auch die Hausfarbe von Porsche, ein Bordeauxrot namens HKS17, geht auf Strengers frühe Entwürfe zurück. Mit der Zeit rollten in Zuffenhausen immer mehr neue Modelle vom Band, die beworben werden mussten – und auch die Inszenierungsstrategien änderten sich: Statt Illustrationen wurden nun Fotografien der Autos gezeigt, ab Mitte der 1950er Jahre auch kreative Werbeanzeigen entwickelt, die von den Händlern geschaltet werden konnten. Fast immer war Strenger in Strategie und Ausführung involviert.

Von der Rennstrecke aufs Rennplakat

Gleichzeitig blieb der Motorsport für Porsche das wichtigste Feld, um die Sportlichkeit der Marke zur Schau zu stellen. Porsches Rennleiter und Pressechef Huschke von Hanstein bestellte für jedes Rennen jeweils ein Plakat bei Strenger. Die Rennsport-Poster, die meist schon einen Tag später in der Druckerpresse liegen mussten, bildeten die rasantesten Momente der Targa Florio, der 24 Stunden von Le Mans oder der Rallye Monte Carlo ab, fanden den Weg in zahllose Jugendzimmer und infizierten Generationen von jungen Männern mit dem „Porsche-Virus“. Bis in die 1980er-Jahre gestaltete Strenger für Porsche unzählige kunstvolle Rennplakate – in ihnen spiegeln sich nicht nur Strengers grafisches Talent und seine unerschöpfliche Kreativität, sondern auch der jeweilige Zeitgeist farbenprächtig wider. 

Mit dem Einzug eines neuen Typ Managers im Hause Porsche ging 1988 die Ära Strenger zu Ende. Mit dem bekannten Zitat Götz von Berlichingens verabschiedete sich Erich Strenger von den damaligen Führungskräften und wanderte gemeinsam mit seiner Frau nach Spanien aus. Dort hatte er genügend Zeit, die schönen Dinge des Lebens zu genießen und sich seiner heimlichen Liebe hinzugeben – der abstrakten Malerei im Op-Art-Stil.

Ein grafischer Bericht

Mit seinem jüngst bei Delius Klasing erschienenen Buch »Erich Strenger und Porsche – ein grafischer Bericht« geht der Autor Mats Kubiak dem kreativen Schaffen des Bad Canstatter Grafikers auf den Grund und zeigt einen Überblick über vier Jahrzehnte Markenkommunikation der damals noch jungen Firma Porsche. "Das Buch hat während meines Bachelor-Studiums in Kommunikationsdesign seinen Anfang genommen,“ berichtet Kubiak, der auf dem Rücksitz eines Porsche 356 groß geworden ist und heute eine Designagentur in Düsseldorf leitet. „Es war für mich eine große logistische Herausforderung und stellte sich ziemlich schnell als wahnwitziges Unterfangen heraus“. 

Der eigentliche Grund für das Buch war die Tatsache, dass Erich Strengers Arbeiten für Porsche noch nie einheitlich dokumentiert, geschweige denn digitalisiert worden waren. „Mein Wunsch als Porsche-Fan war es, das Werk Erich Strengers erstmalig gesammelt der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Da digitale Reproduktionen fehlten, musste ich die Arbeiten von Strenger in ganz Deutschland zusammensuchen und Reprografien erstellen – ein mühseliges Unterfangen. Dabei ist bin ich allerdings auf einige spannende Geschichten von ehemaligen Weggefährten und Freunden Strengers gestoßen, die mich schließlich zu seiner auf Mallorca lebenden Witwe geführt haben.“

Rückblick auf ein gewaltiges Werk

So entstand ein spannender Rückblick auf das Werk des Gestalters Erich Strenger, in dem all diese Anekdoten und Geschichten mit vielen Fotografien und Illustrationen bebildert sind. „Das Buch geht nicht nur auf Strengers Schaffen ein, sondern auch auf seine Biografie – denn beides ist in seinem Fall eng miteinander verwoben. Strengers Arbeiten trugen viel zur Definition von Porsche-Kernwerten wie Sportlichkeit, Effizienz und Modernität sowie der unbedingten Wiedererkennbarkeit der Produkte des Hauses bei.“ Die stimmige Gestaltung des Bandes, in dem Strengers Werke mit den Mitteln der Collage grafisch inszeniert werden, verstärkt diesen Eindruck. „Das Buch erhebt nicht den Anspruch, ein allumfassender Katalog des Gesamtwerks von Strenger zu sein", räumt Kubiak ein. „Vielmehr soll es dem Leser die Möglichkeit bieten, an verschiedenen Stellen in der chronologischen Abfolge einsteigen zu können und einzeln hervorgehobene Arbeiten genauer zu untersuchen.“

„Was uns von Erich Strenger bleibt“, so fasst der Autor zusammen, „ist ein unfassbar umfangreiches Werk an verschiedensten grafischen Arbeiten, die heute noch genauso wie früher dafür sorgen, dass wir ein Leuchten in den Augen bekommen, sobald wir einen alten Porsche 356 oder 911 auf der Straße sehen. In einigen Belangen war Strenger Vorreiter auf dem Gebiet der Markenkommunikation im Automobilsektor. Kaum ein anderer Gestalter hat zu dieser Zeit ein solch umfangreiches und interdisziplinäres Werk für eine einzige Marke geschaffen wie er. So ist mein Buch nicht nur eine Empfehlung an eingefleischte Automobil-Enthusiasten, sondern auch an Fans von Design und Kunst im Zeitalter von Ray und Charles Eames und Victor Vasarely.“

Fotos und Reprografien: Mats Kubiak

Das Buch »Erich Strenger und Porsche – ein grafischer Bericht« von Mats Kubiak ist bei Delius Klasing erschienen und im Webshop des Verlages erhältlich. Die Website von Mats Kubiaks Designagentur g31 in Düsseldorf finden Sie hier.