Direkt zum Inhalt

Magazin

Tim Hannig, sollte man Ikonen wiederbeleben?

Auf der Techno-Classica 2017 hat Jaguar Classic mit der Premiere des E-type Reborn ein innovatives Programm für Enthusiasten geschaffen. Classic Driver sprach mit Tim Hannig, Direktor von Jaguar Land Rover Classic, über die Wiederbelebung von Ikonen.

Wie schon der Range Rover Classic, der im Februar auf der Rétromobile in Paris gezeigt wurde, ist der Jaguar E-type Series 1 Reborn ein komplett nach Werksspezifikationen restauriertes Exemplar. Für das Programm wurde in eine spezielle Werkstatt mit Kompetenzzentrum in Coventry investiert. Auch die Händler sollen bei dieser Initiative stärker unterstützt werden. Tim Hannig ist seit zwei Jahren bei Jaguar Land Rover Classic und verantwortlich für alle Aktivitäten rund um die beiden Marken.

Haben Sie das Reborn-Programm auch im Hinblick auf neue Kunden geschaffen?

Wir haben durchaus beobachtet, wie sich die Szene verändert. Viele Generationen nebeneinander, auch immer mehr Frauen, aber auch ein Interesse, das nicht mehr nur auf eine Region beschränkt ist. Wir wollen mit Reborn ein zukunftsträchtiges Angebot machen. Zugleich geht es darum, es dem Kunden einfacher zu machen, so ein Fahrzeug zu besitzen und diesen Prozess transparenter zu machen.

Es gibt Recreations, jetzt Reborn - eine Fülle von Interpretationen. Wie würden Sie heute den Begriff Original definieren?

Wir müssen unterscheiden. Wir haben jüngst die E-type Lightweights präsentiert, die in geringer Stückzahl als Continuation-Modelle ausschließlich für historischen Rennsport geeignet sind. Bei der Reborn-Serie restaurieren wir alte Autos, wobei wir immer von dem Basisfahrzeug ausgehen wie es damals gebaut wurde. Es geht aber hier ganz klar darum, dass Auto so zu bauen, das es voll funktionsfähig ist und gefahren werden kann.

Reagieren Sie mit diesem Rundum-Service aus dem Jaguar-Werk auch auf neue Bedürfnisse? No Stress für den Enthusiasten?

(Lacht) Es sind immer noch ältere Fahrzeuge, die mal Macken haben können. Es bleibt eine 60 Jahre alte Ikone mit ihren Eigenheiten. Bei Reborn nutzen wir aber so viele Originalteile wie möglich und können nach Originalarbeitsverfahren neu aufbauen. Dennoch können wir beispielsweise neue Kabelbäume einsetzen und können typische schleichende Fehlerquellen wie Kabelbrüche vermeiden. Wir erreichen so auch Kunden, die vielleicht immer einen E-type wollten, aber vor der langwierigen Suche, Bewertung und Restaurierung zurück geschreckt sind. Diese Sorgen haben wir genommen, denn bei uns weiß der Kunde, was er bekommt. Wir geben Sicherheit und nehmen Risiko. Wer sich vorher nicht traute, kann jetzt auf die Reise in die Geschichte eines großen Klassikers gehen.

Dieser E-type ist makellos. Aber wie ist es mit der geliebten Patina, den Spuren der Geschichtlichkeit?

Das ist immer auch eine Frage der individuellen Entscheidung des Kunden. Es gibt in diesem bereich für mich kein richtig oder falsch, sondern nur verschiedene Präferenzen, die wir abbilden wollen. Für Reborn suchen wir natürlich Exemplare zu finden, die so originalgetreu sind wie möglich. Dazu gehört auch ein E-type, den wir entdeckt haben, der nur 20.000 Meilen auf der Uhr hat und wunderbar erhalten ist. Den werden wir zwar technisch warten, aber nicht restaurieren, denn er ist perfekt. 

Sie gehen neue Wege in der Pflege der Heritage. Was war die Motivation?

Wir erleben im Unternehmen generell eine sehr erfolgreiche Zeit. Die Kunden honorieren die die Anstrengungen, die bei neuen Modellen gemacht wurden. Die beiden Marken blicken auf eine große Geschichte zurück - auf der Rennstrecke, auf der Straße und natürlich abseits des Asphalts. Jetzt könnte man sagen, was wir bei Classic machen ist geschicktes Vermarkten, aber unser Anspruch ist, nachhaltig zu sein. Das heißt, wir müssen uns in unserem Bereich selbst tragen und ein Geschäftsvolumen aufbauen, das uns erlaubt, kostendeckend zu arbeiten.

Man könnte auch vermuten, das Jaguar Land Rover als Unternehmen jetzt in einem Bereich zur Konkurrenz werden könnte, der vorher bei spezialisierten Händlern angesiedelt war.

Wir haben in der Vergangenheit sicherlich nicht genügend das Geschäft mit älteren Fahrzeugen im Fokus gehabt. Wir arbeiten daran, aber es geschieht nicht über Nacht. Das bedeutet, dass wir unsere Händler auch nicht so mit Ersatzteilen unterstützen konnten. Aber jetzt schaffen wir ein Fundament und ermöglichen so 

Wie ist Ihr Blick auf die augenblickliche Marktlage?

Wir sehen, welche Faszination auch noch in Zukunft von den Klassikern ausgehen wird. Sie bringen Menschen zum Lächeln. Man fragt mich immer, was muss man jetzt kaufen, und ich antworte, das, womit man den größten Spaß hat. Unabhängig von Überlegungen zu Investition und Wertzuwachs. Jeder sollte in dieser Szene das tun, was ihm persönlich am Herzen liegt. 

Fotos: Frederik Dulay für Classic Driver © 2017 / Gudrun Muschalla