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Dieser Kremer 911 RSR wurde 1973 zum doppelten Poster-Porsche-Star

Ende 1973 wurde dieser von Kremer Racing in Köln eingesetzte Porsche 911 2.8 RSR nach dem Gewinn der GT-Europameisterschaft und des Porsche-Cups durch seinen Fahrer Clemens Schickentanz auf gleich zwei offiziellen Porsche-Rennsportpostern verewigt...
„Zu Beginn der Saison 1973 erhielt Kremer zwei brandneue RSR. Einen teilte ich mir mit Paul Keller, der andere wurde für Clemens Schickentanz vorbereitet“, sagt John Fitzpatrick, allgemein anerkannt als einer der schnellsten Porsche Fahrer der Geschichte. „Beim 1000-km-Rennen in Spa hatte mein Auto im Training einen Defekt, sodass ich mir mit Schickentanz das zweite Auto teilte. Nach dem Training standen wir zwischen den beiden Werks-Martini-RSR. Das Auto war im Vergleich zum 911 S, mit dem ich im Vorjahr die erstmals ausgeschriebene GT-Europameisterschaft gewann, ein riesiger Schritt nach vorn.“

Für den Rest der Saison musste „Fitz“ dann seinem Ford-Werksvertrag Priorität einräumen. Sodass Schickentanz das Auto alleine pilotierte – und für Kremer erneut den EM-Titel an Land zog. 

So schnell wie ein Werks-Capri RS

Kurioserweise trat Fitzpatrick mit seinem Capri RS beim auf Spa folgenden WM-Lauf auf dem Nürburgring gegen den Schickentanz-RSR an, später dann noch einmal bei einem DRM-Rennen in Hockenheim. „Die Autos waren leistungsmäßig auf ähnlichem Niveau, obwohl der Capri ein Werksauto war“, erinnert sich John. „Der Ford hatte den größeren Motor, zog also auf den Geraden davon. Doch da der RSR leichter war und durch den Heckbürzel mehr Anpressdruck aufbaute, konnte er in den Kurven wieder Zeit gut machen. So waren die Autos über eine Runde auf den meisten Strecken ziemlich ebenbürtig“.

Nach dem Gewinn der GT-EM wurde Schickentanz, der auch regelmäßig bei Läufen zur Deutschen Rennsport-Meisterschaft (DRM) antrat - am Jahresende zusätzlich mit dem Porsche Cup geehrt. Beide Auszeichnungen hielt dann Erich Stenger für die Nachwelt auf einem der berühmten und heute von Sammlern heiß begehrten offiziellen Porsche Rennsport-Poster fest.

Erprobte Allzweckwaffe

Die Rennsportkarriere von Chassis 0885 war damit jedoch noch längst nicht zu Ende. Während Fitzpatrick mit einem auf 3,0 Liter aufgebohrten RSR 1974 zum zweiten Mal die GT-EM gewann, erwarb der französische Privatier Hubert Striebig Ende 1973 den Oldenkott/Samson-Porsche. Er rüstete ihn auf den neuen 3.0 RSR-Standard um und bestritt mit dem Auto unter anderem 1974 und 1975 die 24 Stunden von Le Mans sowie 1975 auch die Tour de France. Unter einem neuen Besitzer folgten dann 1976 und 1977 noch zwei Jahre bei Bergrennen. 

Ultimative Evolution des Carrera RS

Ein großer Trumpf des heute wieder makellos restaurierten Fahrzeugs ist die Tatsache, dass es für die Straße zugelassen ist. „Er ist sehr durchzugsstrak, mit toller Traktion. Auch sehr schnell, gleichwohl ein bisschen laut“, sagt Porsche Spezialist Lee Maxted-Page, der sich gerade um einen neuen und würdigen Kunden für den Kremer umschaut. „Der Wagen ist die ultimative Evolution des Carrera RS Baujahr 1973. Auf der Straße fühlt er sich an wie ein Leichtbau-2.7 RS, den man auf Lautstärke 12 oder 13 hochgedreht hat! Er wird von der Produktionslinie des 2.7 RS heruntergenommen und dann nach Weissach gebracht worden sein, wo sie ihn dann zum Renn-GT aufgepeppt haben. Mit verstärkter Karosserie, größeren Bremsen, einem größeren Motor mit Doppelzündung und nochmal gesenktem Gewicht.“ Schon in den 80er-Jahre wurde das Auto auf Geheiß seines damaligen Besitzers Philippe Aulnay (Präsident des Porsche Club Frane) erstmals restauriert und in seinen Original-2,8-Liter-RSR-Standard zurückversetzt. Doch erst jetzt glänzt der Porsche auch wieder in der gleichen ikonischen Farbkombination, die er 1973 in Spa und an anderen Stationen jener Saison zur Schau trug: Schwarz und Orange, mit Sponsorensticker von Oldenkott (Pfeifen) und Samson (Tabak). 

Eintrittskarte garantiert

„Mit diesem Auto stehen einem überall die Türen offen“, ist Maxted-Page überzeugt“. „Es ist startberechtigt bei klassischen Endurance Rennen, Le Mans Classic und der Tour de France. Angesichts seines Bedeutung als doppeltes Porsche Poster-Auto in einer bis heute erinnerungswürdigen Lackierung kann man ihn fast überall auf der Welt vorzeigen.“ Der aktuelle Besitzer, lebenslanges Mitglied des BRDC, erwarb ihn vor fast 20 Rennen, um damit Rennen zu fahren. Dr. Siggi Brunn, Porsche-Spezialist aus dem Odenwald, hatte das Auto für ihn rennfertig gemacht. Doch die historische Bedeutung und der dadurch bedingte Wertzuwachs ließen die Aktivitäten bei Classic Car-Rennen nach Gruppe 4 zum Ende der Saison 2000 ausklingen. Seitdem tauchte das Auto höchstens noch bei Demonstrationsfahrten an. Der aktuelle Besitzer hält die Zeit nun für gekommen, dass sich jemand anders um den Kremer-RSR kümmert. Sei es, um damit auf der Straße zu fahren, bei weiterhin eher „passiven“ Events Bewegung zu erhalten oder sogar in die Schlachten historischer GT-Rennen zu ziehen. So oder so wird das Auto überall willkommen sein. Und vielleicht wird es ja erneut zu einem Poster-Helden, bewundert von einer neuen Generation von Enthusiasten. 

Fotos: Rémi Dargegen / John Fitzpatrick / Maurice Louche / Porsche

Dieser Kremer Racing Porsche 2.8 RSR Baujahr 1973 steht aktuell bei Maxted-Page Ltd. zum Verkauf.