Direkt zum Inhalt

Magazin

La Déesse - Rendezvous mit einer Göttin

Als die Citroën DS 1955 Premiere feierte, konnte niemand ahnen, welchem enormen Einfluss die "Göttin" nicht nur auf die automobile Entwicklung, sondern auch für die kulturelle Identität der Grande Nation haben sollte. Das Erbe dieser einzigartigen Limousine ist noch heute lebendig.

„Es gibt die DS. Und dann gibt es andere Autos”, kommt das kreative Designbüro Counterpoint in seinem prächtigen neuen Magazin über die Citroën DS zum Schluss. Das Werk trägt den passenden Titel „Deity”  - Gottheit. Mit Flaminio Bertonis elegant-exzentrischem Styling, der innovativen Technik André Lefèbres und dem sinnlichen Fahrerlebnis reifte die DS quasi schon bei ihrem Début zum modernen Klassiker. Der Viertürer würde im Wesentlichen unverändert bis zur Einstellung der Produktion im Jahr 1975 ganzen 1,4 Millionen Mal in allen erdenklichen Variationen gebaut werden. In der Hommage von Counterpoint stecken fast zwei Jahre Arbeit. Erzählt wird die Geschichte der Citroën DS - sowohl in ihrer Bedeutung für die Kultur Frankreichs, als auch für den Imagewandel der Marke. Classic Driver hat sich mit Ryan Dixon von Counterpoint über das Projekt und seine Entstehung unterhalten.

Warum war die Citroën DS so bahnbrechend?

Weil die DS von dem Bildhauer Flaminio Bertoni entworfen wurde, sah sie so völlig anders aus als andere Automobile. Für viele war es das schönste Auto aller Zeiten: futuristisch, elegant und wundervoll kurvenreich. Zugleich war die DS bei ihrer Premiere im Jahr 1955 das technisch innovativste Fahrzeug der Welt und sollte dieses Prädikat bis zur Einstellung der Produktion zwei Jahrzehnte später behalten. Die Limousine war nicht nur eine Meisterleistung der Ingenieure, sondern auch hinsichtlich aerodynamischer Effizienz unvergleichlich. Die DS war eine Offenbarung, sie machte eine allgemeingültige Ansage.

Warum war der Ehrentitel „Göttin” so passend?

DS - ausgesprochen Déesse, das französische Wort für Göttin - war für unsere Hommage wie maßgeschneidert. Wir wollten dabei die Geschichte dieser üppigen Ästhetik mit der harten, brutalistischen Architektur der sechziger und siebziger Jahre kontrastieren. Der Namen sitzt wie angegossen, die Göttin sieht heute noch so graziös aus wie vor 60 Jahren.

Welche von den vielen Variationen der DS ist Ihre Favoritin?

Es gab so viele Variationen während der 20-jährigen Laufzeit des Autos, wovon einige wie der Safari eventuell zu viel von der ursprünglichen Formensprache abwichen. Unsere Lieblinge sind spätere Versionen mit den tropfenförmigen Scheinwerfern. Die Pallas-Edition in Silber, die wir für unsere Fotoshootings einsetzten, ist ein besonders schönes Beispiel.

Welche Bedeutung hatte die Citroën DS seinerzeit?

Zunächst beanspruchte Citroën damit wieder die technische Spitzenstellung, die man schon einmal Jahre zuvor mit dem Traction Avant erreicht hatte. In ästhetischer Hinsicht überzeugte die DS mit einer puren, schnörkellosen Grazie, die dem reduzierten Design der zeitgenössischen Architektur entsprach, allerdings mit fließenden Linien statt der funktionalen Brutalität der Baukünstler. Aber vor allem verkörperte dieser Citroën so etwas wie einen nationalen Neuanfang. Er wurde zum Symbol eines dynamischen und modernen Frankreichs, das durch die „trentes glorieuses” - jener 30 Jahre des gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Aufschwungs nach dem Zweiten Weltkrieg - beschrieben wird. Diese Déesse wurde in einem Moment geboren, als Frankreich wieder zu neuer Identität und neuem Selbstbewusstsein fand.

Könnten Sie uns mehr über Ihr Projekt erzählen?

Als Designer und Art Direktoren wollten wir die Geschichte eines Autos auf eine ganz ungewöhnliche Art und Weise erzählen. Es gibt zwar viele Bilder der DS in Büchern wie im Internet, aber darunter sind keine, die dem Auto wirklich gerecht werden. Wir wollten das Profil des Autos sehen, die Details und das Interieur. Wir wollten eine Kulisse, die mit der Geschichte der DS kontrastiert, aber dennoch verbunden ist. Wir hatten schon vorher mit dem Autofotografen Oli Tennent zusammen gearbeitet und freuten uns, dass es mit diesem Projekt wieder geklappt hat. Seine Studioaufnahmen sind einzigartig: Wir haben gemeinsam die Details hervorgehoben, die oft nicht bemerkt werden.

Wir hatten auch das Glück, mit dem französischen Motorjournalisten Jon Pressnell zu arbeiten, der einige der ursprünglichen DS-Designer für eines seiner Bücher interviewen konnte. Mit seinem umfassenden Wissen konnte er viele wichtige Aspekte zur Historie dieser Ikone beitragen. Was die Gestaltung des Buches betrifft, setzten wir bewusst auf Understatement, um die Bilder und die Textelemente zu betonen. Subtile Details wie Blattgold und silberne Typografie greifen die Töne des Autos auf und sind eine Referenz an die feinen Einzelheiten dieser DS. Es war ein großes Vergnügen, quasi unter die Haut der Göttin zu schlüpfen. Wir hoffen, dass dieser Tribut dem Fahrzeug ebenbürtig ist.

Sie haben die Citroën DS so intensiv dokumentiert. Welche Details sind für Sie besonders bemerkenswert geblieben?

Die DS steckt voller Details und feinen Nuancen. Wo man auch hinsieht, man macht immer wieder im Bereich Exterieur, unter der Motorhaube oder im Innenraum neue Entdeckungen. Als wir mit dem Auto zur Location des Fotoshootings unterwegs waren, mussten wir einfach diese üppigen Teppiche bewundern, die eher in eine Lounge als in ein Automobil passen.

Das Vermächtnis der DS übt weiter eine starke Wirkung aus. Woran liegt das?

Man kann den Wert eines Designs daran messen, ob ein Facelift notwendig ist. Die DS widersetzte sich beharrlich allen Bemühungen, einen neuen Look zu bekommen - die DS von 1975 unterschied sich kaum von den ersten Exemplaren im Jahr 1955, vielleicht abgesehen von den Pastelltönen. Wäre da nicht diese zukunftweisende Technologie, man könnte die Göttin fast für menschlich halten.

Fotos: Counterpoint (Konzept, Design und Art Direction)/ Oli Tennent (Studio- und Location-Fotografie).

Das Magazin „Deity” von Counterpoint ist weltweit in limitierter Auflage zum Preis von 25 Pfund (plus Porto und Verpackung) erhältlich. Wenn Sie sich für den Band interessieren, senden Sie eine E-Mail an [email protected]. Und kann es ein schöneres Weihnachtsgeschenk für Verehrer der göttlichen Französin geben?