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In diese Motorradklassiker von BMW sollte man investieren

Als Motorrad-Enthusiast und -Händler kennt Tobias Aichele den Markt für klassische Zweiräder ganz genau. In unserer neuen Serie über Motorrad-Klassiker verrät der Experte, auf welche Maschinen er aktuelle setzten würde.

Wer den Markt der klassischen Motorräder mit dem der klassischen Automobile vergleicht, stellt fest: Der Motorradmarkt hinkt dem Automarkt sowohl in der Preisentwicklung als auch in der Schwerpunktsetzung hinterher. So zählt bis heute bei den Zweirädern nur Glanz und Perfektion. Patina und Originalzustand, die jüngst (und immer noch) einen Hype im Bereich der klassischen Automobile auslösten, spielen eine untergeordnete Rolle. Dafür aber ist bei den Motorrädern die „Welt noch in Ordnung“ – soll heißen: Die Preisspirale ist noch stabil und nachvollziehbar, von wenigen Ausnahmen einmal abgesehen. Zu diesen Ausnahmen zählen die Brough Superior, die Vincent Black Shadow, die Münch Mammut sowie die MV 750 S. Diese Modelle haben die 100.000-Euro-Grenze fest im Blick oder gar überschritten.

Die Folgen der wachsenden Café-Racer-Szene

Motorräder interessieren natürlich auch nur eine deutlich kleinere Zielgruppe, meist diejenigen, die in jüngeren Jahren bereits Motorrad gefahren sind. Bei Automobilen ist die Zielgruppe um ein Vielfaches größer, da diese praktisch von jedermann gefahren werden können. Trotzdem kann ich nicht verstehen, wie es beispielsweise eine BMW-Sammlung von Automobilen geben kann, ohne dass dazwischen die Motorrad-Ikonen der weiß-blauen Marke thronen, vollkommen unabhängig von einem Motorrad-Führerschein. Wir dürfen bei der Zielgruppenfrage auch nicht vergessen: Noch vor wenigen Jahren war der Motorradmarkt praktisch ausgestorben. Die Jugend interessierte sich kaum noch für Motorräder. Das ist heute ganz anders, was wir der neuen Café-Racer-Szene (gemeint sind reduzierte Motorräder, die stark an Rennmaschinen erinnern, also mit Stummellenkern und Höckersitzbänken ausgestattet sind) zu verdanken haben. Motorrad fahren ist cool und angesagt. Das haben auch die Modefirmen erkannt. Englische Marken wie AJS und Matchless leben als Modelabel wieder auf, Motorräder sind in Werbekampagnen zu sehen und Top-Marken wie BMW kooperieren mit Modelabeln – in diesem konkreten Fall mit Belstaff. Überhaupt macht BMW in punkto Motorrad-Marketing in Zusammenarbeit mit Ronald Sands Design alles richtig. Die angesagten Customizer werden in Modell-Strategien im Vorfeld mit einbezogen, sodass die ganze Szene hinter einem neuen Modell wie der R NineT her ist – mit dem Resultat: Nach wenigen Wochen ausverkauft.

Was BMWs 100. Geburtstag bewirkt

Angesagte Schmieden wie Blitz in Paris, Uran Motor in Berlin oder El Solitario aus Spanien haben den neuen BMW Café Racer interpretiert und die Bikes werden von BMW bei bedeutenden Veranstaltungen wie bei dem Concorso de Eleganza Villa d‘Este in Como oder bei Wheels and Waves in Biarritz gezeigt. Und da BMW eine Traditionsmarke ist und das 100-jährige Jubiläum der Marke im Jahr 2016 bevorsteht, hat das Auswirkungen. Wir kommen somit zu unserem ersten Investmenttipp: BMW-Veredler der Sechziger-, Siebziger- und Achtzigerjahre. Dazu gehören gänzlich unbekannte, aber in ihrer Zeit geniale Spezialisten wie Günter Zabrocky aus Oberhausen im Ruhrgebiet, der sich mit der Hydra SS-Gabel (basierend auf der Horex-Telegabel) und seinen Umbauten der Vollschwingenrahmen auf das sportliche Rahmenheck in den 1960er Jahren einen Namen gemacht hat. Auch Ferdinand Kaczor aus Altheim bei Landshut baute erfolgreich eigene Rahmen für die Zweizylinder, inspiriert von den englischen McIntyre-Rahmen der Marken AJS und Matchless.

Tüftler Willi Michel stellte das Leistungspotential seiner BMW (125 Kilogramm und 100 PS) im Jahr 1981 unter Beweis und meldete sich zum 24-Stunden-Rennen im Montijuich-Stadtpark-Kurs in Barcelona an, um sich mit der internationalen Konkurrenz zu messen. Doch statt dem Podium gab es Trauer. Der wegweisende Boxer wurde aus dem Transporter gestohlen. Willi Michel ließ sich nicht unter kriegen und baute noch eine Hand voll dieser enorm schnellen Renner mit dem deutlich höher gelegten Motor. Sein ambitioniertes Ziel waren 100 PS und 100 Kilogramm, um das damals magische PS pro Kilo zu erreichen. Auch Fritz W. Egli hat für BMW-Motorräder Rahmen gefertigt, und zwar für die Vierzylinder K-Modelle. Es gibt davon aber nur vier Stück. Weitere BMW-Veredler waren der Zubehörhändler Michael Krauser (Vierventil-Köpfe) aus Mering und Fallert Motorrad-Technik aus Achern.

Aufschwung bei den BMW-Modellen R 69 S und R 90 S in Aussicht

Die aufgeführten BMW-Veredler aus drei Jahrzehnten werden durch die Aktivitäten von BMW wieder in Erinnerung gerufen. Und sind vor allem durch die sehr kleinen Stückzahlen extrem gesucht, allen voran die Versionen mit Straßenzulassung. Drei weitere BMW-Motorräder, die in relativ großen Stückzahlen gebaut wurden, werden im Rahmen der Automobil-Preisspirale ebenfalls deutlich zulegen: Die Modelle R 69 S sowie R 90 S. Übrigens allesamt Motorräder, mit denen man heute noch sehr gut im Verkehr „mitschwimmen“ kann. Von der R 69 S gab es übrigens eine Last Edition für den US-Markt. Die Existenz dieser BMW ist gänzlich unbekannt. Auf Wunsch des BMW-Importeurs entstand eine letzte Serie an R 69 S-Modellen für die USA, und zwar bereits mit der Teleskopgabel, die BMW bereits für die R 75/5 fertig entwickelt hatte. Auch in punkto Farben ging BMW hier einen unkonventionellen Weg und bot beispielsweise 20 blaue Maschinen an. 

Die R 90 S hat in letzter Zeit schon langsam im Wert zugelegt, obwohl die bisher kursierenden Preise jenseits von 15.000 Euro noch nicht die Regel sind. Wie bei allen Modellreihen, werden aber gerade die „S“-Versionen in der Gunst der Käufer weiter steigen (siehe beispielsweise im Vergleich die Porsche S-Modelle der F-Baureihe). Und ein weiterer Vergleich mit Porsche macht deutlich, dass auch die /5-Modelle weiter an Wert zulegen werden. Im Jahr 1969 war die „Strich Fünf“ das Bekenntnis der Marke zum Motorrad – und es wurden dafür große Investitionen (Rahmen, Schwinge, Gabel, Motor) getätigt, um ein vollkommen neues Motorrad auf den Markt bringen zu können. Heute steht die /5 für einen der Klassiker der Sechzigerjahre, verbunden mit den Annehmlichkeiten wie einer 12-Volt-Anlage, einem elektrischen Anlasser, einer guten und langstreckentauglichen Sitzposition sowie einer relativ guten Leistung. Darüber schafft sie einfache, leicht zu verstehende Technik Vertrauen bei potentiellen Käufern, die ein schönes Motorrad mit hohem Nutzwert bekommen. Der Modellwechsel von der R 69 mit Schwingengabel zur /5-Reihe ist mit dem Wechsel vom 356 zum 911 vergleichbar. Und heute sind die Ur-Elfer unbezahlbar geworden.

Fotos: BMW,  Premiummotorrad

Tobias Aichele, Jahrgang 1960, ist Journalist, Autor und ein angesehener Spezialist für klassische Porsche und Motorräder. In seinem Showroom Premiumfahrzeug in der Motorworld Region Stuttgart handelt er zudem mit klassischen Motorrädern und Automobilen.

Weitere Motorräder mit Wertsteigerungspotenzial stehen im Classic Driver Markt zum Verkauf.