Direkt zum Inhalt

Magazin

Warum wir uns zu Weihnachten einen echten Klassiker wünschen

Allradantrieb? Fahrerassistenzsysteme? Fehlanzeige. Aber Automobilisten der alten Schule, erinnert sich Classic Driver-Autor Simon de Burton wehmütig, hatten dennoch keine Furcht davor, auf Schnee zu fahren. Sie sind einfach eingestiegen und losgefahren.

Egal wie die Witterungsbedingungen waren, die Fahrer stiegen ein und fuhren los

Erst vor einigen Tagen nahm ich an der Fahrvorstellung des neuen Land Rover Discovery Sport auf Island teil. Als mein Copilot und ich mit dem modernen Geländewagen so über vereiste Schotterpisten und schneebedeckte Steigungen bretterten, fragten wir uns, was die Menschen wohl zu jener Zeit taten, als es noch keinen Allradantrieb für Alle gab? Die Antwort war denkbar einfach: Egal wie die Witterungsbedingungen waren, die Fahrer stiegen ein und fuhren los.

„Snow-Driving“ der sportlichen Art

Es ist gerade einmal dreißig Jahre her, dass die einzig erhältlichen 4x4-Fahrzeuge von Land Rover stammten, selbst der Mitsubishi Pajero, Daihatsu Rocky sowie die diversen Jeeps und Subarus genossen noch bis Ende der achtziger Jahre Seltenheitswert auf den Straßen.

Und natürlich waren die Winter „in der guten, alten Zeit” sehr viel härter, zumindest während meiner frühen Kindheit im Norden Englands. Trotzdem erinnere ich mich, dass meine autobegeisterte Mutter eine sportliche Beziehung zu dem weißen Zeug hatte und mit Vorfreude ihre Bentley R Type Limousine dann in Gang setzte, wenn es vorher heftig geschneit hatte.

Heute dagegen packen wir unsere klassischen Lieblinge vor dem Winter ein. Schließlich könnte ihnen das üble, Rost anziehende Streusalz etwas anhaben, dass Straßenmeistereien bei dem kleinsten Anzeichen von Frost tonnenweise auf die Fahrbahn werfen.

Aber wenn Ihnen so etwas gleichgültig ist, gibt es kaum eine bessere Zeit zu fahren, als während einem „White Christmas”. Ich erinnere mich an eine bemerkenswerte Ausfahrt in eine Golf GTI der 1. Generation, als ich am 1. Weihnachtstag 1995 von London aus bis in die nördlichste Grafschaft Yorkshire gefahren bin. Eine Reise von über 400 Kilometern, die ich aber in knapp drei Stunden bewältigte, weil so gut wie niemand auf der Strecke war. Es war ein unvergessliches Erlebnis, fast als wäre ich in den 1920ern unterwegs gewesen, aber mit besserem Straßenbelag.

Knirschender Schnee unter strahlend blauem Himmel

Jetzt wohne ich in Dartmoor, in der Mitte Englands, wo mit einem ernsthaften Wintereinbruch nur selten zu rechnen ist. Aber wenn der Schnee kommt, wird es unterhaltsam, denn auf den Autofahrer warten dann windgepeitschte offene Flächen, die für beeindruckende Verwehungen sorgen können. Aber wenn sich der Schnee erst einmal zu einer kompakten Decke gefestigt hat und auch noch die Sonne scheint, dann ist die Verlockung einfach zu groß, im eigenen Klassiker ein paar gepflegte Drifts in die kompakte Schneebahn zu zeichnen.

Heckbetriebene Fahrzeuge wie die Porsche und Volkswagen auf unseren Bildern sind verlässliche Schneemobile auf Grund des größeren Gewichts auf der Antriebsachse. Aber wenn es darum geht, über den Schnee zu gleiten (natürlich kontrolliert), dann ist Leichtigkeit Trumpf. Vermutlich sieht deswegen die Dame, die in den Dolomiten auf der über 2.200 Meter hohen verschneiten Sella-Paßhöhe neben ihrer Isetta zu sehen ist, so zufrieden aus. Man beachte auch den Käfer im Hintergrund.

Macht Platz, moderne Autos!

Die Erfahrung, dass luftgekühlte Citroëns ( wie zum Beispiel der Ami-Kombi auf dem Foto mit dem Blick von oben) ebenfalls kompetente Winterbegleiter sein können, machte ich mit einer Diane 6 an einer matschig-vereisten Steigung. Etliche luxuriöse Autos vor mir waren schon gescheitert und unfreiwillig an den Straßenrand geschlittert. Die Diane hatte zwar irgendwann auch Traktion verloren, aber ihre gemächliche Beschleunigung zusammen mit dem geringen Gewicht erlaubten mir es, im ersten Gang mit durchdrehenden Reifen zu fahren, dabei die Tür zu öffnen, herauszuhüpfen und einen hilfreichen Schubs Richtung Gipfel zu geben.

Wie die Bilder belegen, hatten Fahrer der alten Schule keinerlei Scheu mit Automodellen durch den Schnee zu pflügen, die man dafür heute völlig ungeeignet halten würde. Moderne heckbetriebene Marken wie BMW, Jaguar oder Mercedes gehören zu den ersten, die bei einer leicht überzuckerten Straße ziemlich schnell ins Trudeln kommen. Aber am Steuer späterer Sammlerträume wie der Pagode von Mercedes, einem BMW 507, einer 1800er-Limousine oder einem Jaguar MK2 bleibt man sicher und fest in der Spur.

Cool bleiben, aber nicht frösteln

 

Sollte es wider Erwarten doch noch eine weiße Bescherung zu Weihnachten geben, dann entdecken Sie doch den Classic Driver auf Schnee in sich. Unbedingt die Schaufel nicht vergessen und kein hübsches, aber eindeutig zu leichtes Sommerkleidchen tragen, wie die charmante junge Schneefahrerin mit dem Karmann Ghia. Ein Schnupfen ist so unsexy.