Direkt zum Inhalt

Magazin

Hypercar-Showdown: McLaren P1 trifft auf Porsche 918 Spyder

Vor ziemlich genau eineinhalb Jahren wurden zeitgleich in Genf drei „Hypercars“ mit Hybridantrieb vorgestellt: LaFerrari, McLaren P1 und Porsche 918 Spyder. Wir hatten die seltene Gelegenheit, gleich zwei dieser Fahrmaschinen zu testen.

Intelligente mobile Währung

Entgegen jeglicher Paranoia vor einem möglichen Markteinbruch schnellte der Trend, in Sammlerautos zu investieren, in den vergangenen 18 Monaten in die Höhe. Auch die finanziellen Mittel, um dies zu tun, waren vorhanden: Die UHNWI (Ultra High Net Worth Individuals) auf diesem Planeten haben endlich erkannt, dass ein Automobil von historischer Bedeutung, ja, eine Art rollendes Kunstwerk ist und, vielleicht noch viel wichtiger, eine intelligente mobile Währung darstellt.

Während Rekorderlöse für Klassiker momentan scheinbar monatlich neu erzielt werden (man denke nur an den Ferrari 250 GTO, der 38 Millionen US-Dollar seit Kurzem den neuen Rekord hält), werden auch moderne „Hypercars“ teilweise bereits zu doppelten Preisen gehandelt – obwohl deren Produktion gerade erst läuft. Verrückte Zeiten.

Genug Theorie, rauf auf den Stelvio Pass…

Den Porsche 918 bekomme ich als Ersten in die Hände, und nach einigen Stunden hinter dem Steuer wird klar, dass ich mich in ihm getäuscht hatte. Gut, sein Hightech-Interieur ist nicht gerade zeitlos gestaltet und dürfte bereits nach dem ersten Tankstopp aus der Mode sein – außerdem vermitteln die allzu aufrechten Sitze eher Schmerzen als Freude. Doch all das ist nebensächlich dank des göttlichen Lenkgefühls und der Sucht verursachenden Allrad-Hybrid-Beschleunigung, wenn man im Kurvenausgang das Pedal durchtritt.

Vergessen Sie Hochgeschwindigkeiten auf der Geraden, es sind die kurvigen Bergpassagen, auf denen dieser Porsche Ihnen ein Lächeln ins Gesicht zaubert. The Porsche 918 Spyder ist auch der einzige der drei Hybrid-Supersportwagen – zumindest aktuell – der ein abnehmbares Dach besitzt sowie das wohl coolste Feature dieses Autos: die Möglichkeit, per Knopfdruck von knisterndem Brüllen zu absoluter Stille umzuschalten. Niemals zuvor war Offenfahren so aufregend für alle Sinne, wenn man im „Tarnkappenbomber-Modus“ im Porsche 918 Spyder über die Serpentinen fliegt.

Wahrgenommene Geschwindigkeit versus tatsächliche Geschwindigkeit

Und wie steht es um den McLaren P1? Als ich den 918 Spyder verfolgte, hätte ich schwören können, dass der Porsche mindestens genauso schnell ist, wenn nicht schneller. Doch als ich den P1 aus der Fahrerperspektive erlebte, änderte sich meine Meinung. Wahrgenommene Geschwindigkeit und tatsächliche Geschwindigkeit sind eben zwei sehr unterschiedliche Dinge. Ich bin jetzt überzeugt davon, dass der P1 auf einer geeigneten Strecke und, noch viel wichtiger, unter den richtigen Straßen-Verhältnissen genau das ist, was er verspricht: Der schnellste straßenzugelassene Hybrid-Sportwagen der Welt.

Anders als der 918 ist der P1-Innenraum eher spartanisch gehalten. Sein Cockpit sieht von außen deutlich kleiner aus. Doch, ich wage es zu behaupten, dass er sehr viel großzügiger und komfortabel ist. Begünstigt wird dieses Gefühl von der aufrechter angelegten Mittelkonsole, dem transparenten Dach und dem zusätzlichen Spielraum dank der vom Fahrer weggewölbten Türverkleidungen.

Futuristischer Retro-Schick

Uhrenkenner wissen, dass die große Freude einer Sammlung in deren Vielfalt liegt, die es einem erlaubt, seine Leidenschaft zum Ausdruck zu bringen. Würde man die aktuellen Hybrid-Hypercars mit Uhrenmodellen vergleichen, wäre der Porsche 918 Spyder eine stählerne Rolex, der McLaren P1 eine Richard Mille aus Titan und der LaFerrari vielleicht eine goldene Patek Philippe. Jede für sich ist ein Muss, wenngleich auch in diesem Fall mit Quarzwerken und digitalen Hilfszifferblättern.

Im Gegensatz zur allgemeinen Vermutung stehen 918 Spyder und P1 nicht in direkter Konkurrenz, sie ergänzen sich eher. Beide haben ihr eigenes Terrain, in dem sie unschlagbar sind. Sollte man also am besten beide besitzen? Ja. Und könnten wir sie an die nächste Generation weitergeben, ohne uns dafür zu schämen? Wieder ein „Ja“. Anstatt sie als digitale Eintagsfliegen irgendwann zu entlassen, müssen wir wohl akzeptieren, dass sie eines Tages als „Retro-Schick“ hoch gehandelt werden.

Fotos: © Steve Hall für Classic Driver

Supersportwagen aller Baujahre stehen im Classic Driver Markt zum Verkauf.