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Fünf Fragen an: Gabriele del Torchio, Ducati-Chef

Ducati zeigt auf der EICMA 2011 in Mailand ein neues Superbike – die 199 Panigale. Classic Driver hat mit Markenchef Gabriele del Torchio über das neue Modell, chinesische Ducatisti und die Bedeutung der Markengeschichte gesprochen.

 

Herr Del Torchio, welche Neuheiten haben Sie uns mit nach Mailand gebracht?

Zunächst einmal möchte ich betonen, welche Bedeutung die EICMA für uns hat. Zum einen ist sie die größte Motorradmesse der Welt, zum anderen findet Sie hier in Italien quasi vor unserer Haustüre statt. Also nutzen wir die Gelegenheit, um einige wichtige neue Modell zu zeigen. Allen voran natürlich unser neues Baby, die 1199 Panigale – das beste Superbike, das Ducati jemals gebaut hat. Die Panigale ist für uns eine große Investition in die Zukunft und ich glaube daran, dass sie aus verschiedenen Gründen zu einer Ikone der Motorradinsustrie werden wird. Zum einen ist da der völlig neu entwickelte Motor mit einer Leistung von 195 PS – ein weiterer interner Rekord. Auch das Monocoque ist äußerst innovativ, und es entspricht unserer Entwicklungsdirektive, das Gewicht weiter zu reduzieren. Mit 164 Kilogramm wiegt die 1199 Panigale rund 10 Kilogramm weniger als das Vorgänger-Modell 1198. Wer sich mit der Maschine beschäftigt, entdeckt zudem zahlreiche weitere technologische Neuheiten, die das Leben der Fahrer zukünftig spannender und sicherer machen werden. Die Panigale kommt in drei Konfigurationen auf den Markt – als Basis- und Sportversion sowie als Tricolore – ein Tribut an Italien zum 150. Staatsgeburtstag.

Wie hat sich Ihr Geschäft im Jahr 2011 entwickelt und was erwarten Sie für 2012?

Trotz der Wirtschaftskrise in Südeuropa und trotz gravierender Schwierigkeiten auf dem Markt für Motorräder haben wir es in diesem Jahr nicht nur geschafft, zu wachsen – 2011 wird sogar als das erfolgreichste Jahr unserer Marke in die Geschichte eingehen. Wir erwarten, das Jahr mit einem Zuwachs von 20 Prozent abzuschließen. Dies ist vor allem durch die steigenden Absätze in den USA und Kanada zu begründen – in Nordamerika sind wir um 44 Prozent gewachsen, es ist nun unser größter Markt. Aber auch in Europa werden unsere Motorräder immer beliebter. Und dann ist da natürlich auch der Aufschwung im Fernen Osten, der sich so schnell entwickelt wie sonst kein Teil der Welt. Dort haben wir unseren Absatz im vergangenen Jahr um 70 Prozent gesteigert. Wir blicken also finanziell gut abgesichert in die Zukunft. Unser Plan ist es, auch 2012 weiter zu wachsen – neue Modelle wie die Panigale oder die Diavel werden uns dabei helfen.

Fünf Fragen an: Gabriele del Torchio, Ducati-Chef

Wie gehen Sie den asiatischen Markt an – und unterscheiden sich chinesische Ducatisti grundlegend von den europäischen oder amerikanischen?

Vor zwei Jahren haben wir eine Dependence in Shanghai eröffnet und derzeit arbeiten wir an der Entwicklung eines Händlernetzes. In China scheint derzeit alles möglich – aber um ehrlich zu sein: Ich glaube zwar, dass wir in China noch einige Erfolge feiern werden, aber das geschieht nicht von heute auf morgen. Sie müssen wissen, dass Motorräder in fast allen chinesischen Großstädten und auf den meisten chinesischen Autobahnen verboten sind. Mit solchen Einschränkungen zu arbeiten ist nicht einfach. Schneller geht die Entwicklung derzeit in Malaysien, Indonesien und vor allem Thailand, wo wir seit kurzem eine Fertigungsstätte betreiben, in der die Ducati Monster für den asiatischen Markt zusammengesetzt wird. Und was unsere weltweiten Kunden betrifft: Natürlich teilen alle Ducatisti die gleiche Leidenschaft. Aber natürlich unterscheiden sich auch die Rahmenbedingungen. Die asiatischen Kunden sind noch nicht so erfahren, was Motorräder angeht – aber es sind frische Jungs und sie möchten gerne ein Teil der Familie werden. Natürlich ist ihnen die Marke auch als Statussymbol äußerst wichtig.

Seit vergangenem Jahr pflegen Sie eine Partnerschaft mit Mercedes-AMG. Welche sind die Verbindungen zwischen Ihren beiden Marken und was können wir als nächstes erwarten?

Die Verbindung zu Mercedes und AMG im Speziellen ist eine sehr natürliche, da wir die gleichen Werte teilen. Die Macher von AMG sind genau wie wir an Leistung, Leichtbau, Design und Style interessiert. Ihre Produkte sind Ikonen und stehen exemplarisch für das Prädikat „Made in Germany“, unsere für „Made in Italy“. Entsprechend gut verstehen wir uns. Zunächst haben wir uns entschieden, als Tribut an diese Zusammenarbeit eine Diavel in AMG-Konfigurationen heraus zu bringen. Ich hatte das Vergnügen, die Maschine im September auf der IAA in Frankfurt zu präsentieren – inmitten all der Neuheiten von Mercedes, auf diesem gewaltigen Stand. Ich sage Ihnen, das war eine spannende Erfahrung. Ich möchte übrigens nicht ausschließen, dass AMG in näherer Zukunft auch uns ein Modell widmen könnte. Zudem unterstützt uns AMG als Sponsor im MotoGP-Rennsport. Und eins sollte man auch nicht vergessen: Die Tatsache, dass wir das Mercedes-AMG-Logo auf unsere Produkte setzen dürfen, bedeutet auch, dass wir eine äußerst solide und vertrauenswürdige Marke sind.

Fünf Fragen an: Gabriele del Torchio, Ducati-Chef

Ducati blickt ja auf eine sehr lange und reiche Geschichte zurück. Wie wichtig ist die Tradition für Ihr heutiges Geschäft – und welche klassische Ducati ist Ihr persönlicher Favorit?

Für uns ist die Tradition ein wichtiger Schlüssel zum Erfolg – schließlich haben wir eine große Historie, wir sind stolz auf unsere Wurzeln und möchten die Ideen der Markengründer bewahren. Beispielsweise sehen Sie auf der neuen Diavel Chromo, die hier in Mailand Premiere feiert, das klassische Logo von Ducati Meccanica. Wichtig ist aber auch, den Kontakt zu den Sammlern und langjährigen Anhängern der Marke zu halten – dafür ist der Kurator unseres Museums zuständig. Was meine liebste Ducati angeht, habe ich einen ganz besonderen Traum: Es gibt auf der ganzen Welt nur zwei Exemplare der Ducati Apollo aus den 1960er Jahren. Wir haben eines der beiden in Japan entdeckt und versucht, es für unser Museum zu erwerben – schließlich ist die Apollo die einzige Ducati, die uns noch fehlt. Doch ohne Erfolg. Wenn Sie uns also helfen könnten, die zweite Ducati Apollo zu finden, wäre ich Ihnen äußerst dankbar.

Interview & Fotos: Jan Baedeker