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Volvo 760: 30 Jahre klare Kante

Volvo 760: 30 Jahre klare Kante

Anfang der 80er Jahre befand sich Volvo in einer tiefen wirtschaftlichen Krise. Mit der repräsentativen 700er-Reihe, bestehend aus den exklusiven Typen 760, dem preiswerteren, aber stattlichen 740 und dem noblen Bertone-Coupé 780, gelang Volvo der Sprung in eine prestigeträchtigere Klasse und damit in die Zukunft.

Durch eine überalterte Modellpalette und die Übernahme des niederländischen Kleinwagen-Herstellers Daf geschwächt, brauchte Volvo vor rund 30 Jahren dringen neue Modelle. Die Sportler 1800 S und 1800 ES waren längst Vergangenheit und die bereits zehn Jahre zählende Reihe 140/240 im Vergleich zu neuen Premiumrivalen zurückgefallen. Design-Altmeister Jan Wilsgaard setzte für das neue Flaggschiff deshalb auf strenge, kantige Linien mit steilem Rückfenster und eckiger Front- und Heckgestaltung. Ein Grundlinienmuster, dem damals auch US-Luxusmarken wie Cadillac folgten und das den neuen Volvo in Nordamerika in den Verkaufsstatistiken fast zu einem raketengleichen Start antrieb.

Volvo 760: 30 Jahre klare Kante
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Anders auf den europäischen Exportmärkten: Hier konnte sich das Publikum nur langsam an die strengen Formen von 760 (ab 1982) und 740 (ab 1984) gewöhnen. Der Audi 100 von 1982 als Aerodynamik-Weltmeister, aber auch Designinnovationen wie Ford Scorpio von 1984, Renault 25 aus dem Jahr 1984 oder Saab 9000, der 1985 kam, ließen die Volvo-700-Limousinen rasch ähnlich betagt und schrullig wirken wie damals manch amerikanisches Modell.

Volvo 760: 30 Jahre klare Kante

Anfangs war der 760 GLE ausschließlich mit dem aus dem Vorgänger bekannten, aber standesgemäßen 2,8-Liter-Sechszylinder lieferbar. Ein Jahr später folgte ein 173 PS leistender Turbo-Vierzylinder, der den 760 als ersten Volvo überhaupt die 200-km/h-Marke knacken ließ. Neuartige und vorläufig nur in der Oberklasse anzutreffende Sicherheitsausstattungsdetails wie ABS und Fahrer-Airbag sowie automatische Gurtstraffer bestätigten den 760 in der Rolle des Luxusliners ebenso wie werksseitig angebotene Chauffeur-Limousinen mit langem Radstand. Fast ebenso exklusiv, aber deutlich eleganter war das in Zusammenarbeit mit Bertone entwickelte Coupé 780, das 1985 Premiere feierte – in Deutschland aber nicht angeboten wurde.

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Populärster 700er wurde jedoch der relativ preiswerte Typ 740, der 1984 das Programm ergänzte. Schon damals wurde die Einstiegsversion in Pannen- und Zuverlässigkeitsstatistiken zu den besten und robustesten Autos aller Zeiten gezählt. Dies soll auch ein Ergebnis des Produktionsverfahrens gewesen sein, die 700er entstanden in Torslanda/Göteborg, dem 1982 angeblich weltweit modernsten Automobilwerk. Über 100 Industrieroboter kamen in der weitgehend automatisierten Fabrik zum Einsatz.

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Tatsächlich sind die Volvo 700er auch heute noch nicht ganz aus dem alltäglichen Straßenbild verschwunden. Kein Wunder, gelten doch Laufleistungen von über einer halben Millionen Kilometern auch bei Benzinern der Serie 700 als Regelfall. Zudem findet Gevatter Rost relativ wenig Gefallen am verzinkten und stabilen Stahlskelett des kantigen Schwedens.

Text: Wolfram Nickel
Fotos: Volvo