Mit den neuen V6-Motoren, dem 3,6 Liter V6-Benziner und dem 3,0 Liter V6-Diesel, rundet Porsche die zweite Modellgeneration des Cayenne nach unten ab. Ob die neuen Einstiegsversionen ausreichend gewürzt sind, um Porsche-typische Dynamik zu versprühen, klärt unsere Tour durch das sommerliche Bergische Land.
Gott sei Dank, der Schlüssel sitzt links vom Lenkrad! Wenigstens in diesem Punkt ist man im Cayenne der zweiten Generation vor Überraschungen sicher. Denn seit Porsche zum großen Markenensemble des Volkswagen-Konzerns gehört, zittern Fans der Marke vor jedem neuen Modell. Die Rationalisierungsmaßnahmen werden, da sind sich Insider sicher, über kurz oder lang auch die Modelle der Zuffenhausener erreichen. In den beiden neuen V6-Modellen des Cayenne ist davon bereits einiges zu spüren. Neben vielen sichtbaren und unsichtbaren Gleichteilen aus dem Touareg, stellte die Wolfsbuger Mutter die beiden konzerneigenen V6-Motoren als dringende Empfehlung vor die Tür der Entwicklungsabteilung in Weissach.
Porsche hatte zwar noch der Aufgabe, dem 3,6 Liter V6-Benziner mit Direkteinspritzung durch Modifikationen an der Saugrohanlage und der Motorsteuerung eine markengerechte Abstimmung beizubringen, tiefgreifendere Änderungen blieben jedoch aus. So muss der mit rund 55.500 Euro um Haaresbreite über dem Touareg angesiedelten Cayenne V6-Benziner mit 300 PS die Rolle des vielversprechenden Einstiegsmodells übernehmen. Porsche Geländewagen Fahren für den Preis eines Volkswagen? Das klingt verlockend und steigert die Spannung vor der ersten Fahrt.
Doch in der Praxis bleibt von dem erhofften Fahrspaß für kleines Geld eher wenig übrig. Der 3,6 Liter Motor hat Mühe, das mit wenigen Extras bereits deutlich über zwei Tonnen schwere SUV angemessen souverän in Schwung zu bringen. Viel zu häufig muss die präzise und ruckfrei schaltende Automatik die Gänge wechseln, um den Sechszylinder in höhere Drehzahlbereiche zu schicken. Dort angekommen bietet der Vierventiler zumindest soviel Leistung, dass er mit der Konkurrenz gleichziehen kann: 0 auf 100 km/h in 7,8 Sekunden, die Höchstgeschwindigkeit ist bei 230 km/h erreicht. Porsche gibt einen Durchschnittsverbrauch von 9,9 Litern auf 100 km an. In unserem Praxistest konsumierte das Aggregat in Verbindung mit dem optionalen Achtgang-Automatikgetriebe und serienmäßiger Start-Stopp-Anlage im Schnitt 13,5 Liter. Damit liegt der V6-Benziner fast auf Augenhöhe mit dem wesentlich souveräneren V8-Modell mit immerhin 400 PS.
Während der Beschleunigung macht sich die reduzierte Innenraumdämmung des neuen Cayenne-Modells bemerkbar. Der an die Passagiere dringende Sound ist jedoch nicht mit dem sportlichen Klang zu vergleichen, den die Passanten des vorbeirauschenden Cayenne wahrnehmen. Für die Insassen klingt dieser Porsche leider nicht nach Porsche.
Wesentlich besser ist den Porsche Ingenieuren die Adaption des 3,0 Liter V6-Dieselmotors gelungen. Mit mächtigen 550 Nm schiebt der Graugussselbstzünder den Cayenne bereits kurz oberhalb der Leerlaufdrehzahl an und sorgt neben Fahrleistungen, die in Einklang mit dem sportlichen Ruf der Marke stehen, auch für ein entspanntes Fahrgefühl. Für den Spurt von Null auf 100 km/h benötigt der Cayenne Diesel zwar ebenfalls 7,8 Sekunden, dank des üppigen Drehmoments kommt das Durchzugsvermögen jedoch bereits aus dem sprichwörtlichen Keller. Weder beim Überholen, noch beim Beschleunigen aus winkligen Kehren, kommt hier das Gefühl auf, zu wenig Leistung eingekauft zu haben. So wird der Reiz dieser Variante auch nicht durch die Tatsache geschmälert, dass die Höchstgeschwindigkeit mit 218 km/h eher bescheiden ausfällt. Schon gar nicht bei Blick auf die Verbrauchswerte, die mit 7,4 Litern Diesel im Schnitt für Cayenne-Verhältnisse an Bescheidenheit nicht zu übertreffen sind. Im Praxistest haben wir immerhin 8,0 Liter notiert. Dazu spielt der Selbstzünder den Leisetreter – mehr als ein dumpfes Brummeln dringt nur selten an die Ohren der Besatzung.
Dank der hervorragenden, elektrischen Sportsitze (optional) mit einstellbaren Seitenwangen und der zahlreichen elektrischen Helfer fühlt sich die Insassen stets pudelwohl an Bord des Cayenne. Dies ist letztlich auch ein Verdienst des guten Raumangebotes, das nicht nur den Insassen, sondern auch dem Gepäck nun deutlich mehr Platz bietet, als im Vorgänger.
Rund 60.000 Euro berechnet Porsche für den Cayenne Diesel und macht das Auto damit nur geringfügig teurer als den vergleichbar ausgestatteten Cayenne V6 mit Benzinmotor. Angesichts der deutlich besseren Fahrdynamik, dem geringen Verbrauch und nicht zuletzt dem besseren Wiederverkaufswert dürfte daher auch in Zukunft ein Großteil der Bestellungen auf den Cayenne mit Diesel-Antrieb entfallen. Beim Vorgänger betrug der Anteil dieses Modells zum Schluss rund 80 Prozent.
Text: Sven Jürisch
Fotos: Achim Hartmann
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