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Porsche Cayenne S Hybrid und Cayenne Diesel

Bis vor kurzem gab es bei Porsche eine Antriebsart – den Otto-Motor, in höchst sportiven Versionen. Und noch vor zwei Jahren verkündete Porsche-Chef Wendelin Wiedeking: „Diesel ist für uns kein Thema“, allerdings mit dem Zusatz, „außer der Markt verlangt es.“ Der Markt hat es verlangt. Porsches Antwort darauf ist der 240 PS starke Cayenne Diesel mit V6-Selbstzünder. Beruhigend scheint für die Porsche Klientel der Slogan: „Neuer Antrieb, gleiches Prinzip.“ Was soviel heißt wie: Ein Porsche ist ein Porsche, ist ein Porsche… Das gilt auch für den Dritten im Bunde, der schon jetzt Serienreife hat und ab 2010 die Straßen bevölkern wird: Der Cayenne S Hybrid. Classic Driver hat beide Modelle noch vor ihrer offiziellen Premiere beim Genfer Autosalon getestet.

Der Cayenne Diesel

Vom Cayenne Diesel, dem neuen Einstiegsmodell der SUV-Baureihe, will Porsche dieses Jahr noch 5.000 bis 8.000 Einheiten verkaufen. „Sollten es mehr werden, sind wir natürlich nicht traurig und können die Nachfrage decken“, heißt es aus Hemmingen bei Weissach, dem Standort des Gesamtprojekts Cayenne. Schon längst bewährt sich die Übernahme von Volkswagen. Denn der V6-Motor stammt von Audi, wurde aber Cayenne-spezifisch und Porsche-konform weiterentwickelt: Angepasste Motorabdeckung, neuer Ladeluftkühler, geänderte Drehmomentverläufe, 6-Gang Tiptronic S und ein Leichtbaupaket, wodurch der Motor gute 20 Kilo leichter ist als seine Wettbewerber auf ähnlicher Plattform, sind nur einige Charakteristika des Cayenne Diesel.

Porsche Cayenne S Hybrid und Cayenne Diesel Porsche Cayenne S Hybrid und Cayenne Diesel

Beim Selbstzünder paaren sich Wirtschaftlichkeit und drehmomentstarker Antrieb: Während ein maximales Drehmoment von 550 Nm ab 2.000 Umdrehungen pro Minute zur Verfügung steht, begnügt sich der Cayenne Diesel durchschnittlich mit nur 9,3 Liter Kraftstoff. Die Beschleunigung von Null auf 100 km/h absolviert das Auto in nur 8,3 Sekunden, die Höchstgeschwindigkeit liegt bei moderaten 214 km/h. Und dabei klingt der Diesel nicht nach Diesel. Die Sound-Ingenieure haben viel Energie dran gesetzt, den Porsche typischen Klang zu erzielen. Willkommen zuhause!

Für Vielfahrer dabei erfreulich: Im Vergleich zum V6-Benziner hat sich der Diesel bereits bei einer Laufleistung von 20.000 Kilometern pro Jahr amortisiert. Wenn man bedenkt, dass dies nur rund 200 Tankstellenbesuche bedingt, ist der Fahrspaß umso größer.

Der Cayenne S Hybrid

Auch der Hybrid ist eine gemeinsame Entwicklung von Porsche und Volkswagen. Anstelle des üblichen leistungsverzweigten Hybrid-Antriebs setzen die Ingenieure auf den Parallel-Voll-Hybrid. Ausschlaggebend dafür waren drei Gründe: Die Hybrid-Komponenten sind äußerst kompatibel mit der Cayenne-Grundplattform. Somit lassen sich der Verlust von Kofferraum-Volumen oder Einschränkungen der Allrad-Technik minimieren. Zweitens bietet das von Porsche entwickelte System die Möglichkeit, auch bei Überland- und Autobahn-Fahrten Benzin zu sparen und bis zu einer Geschwindigkeit von 138 km/h ohne Verbrennungsmotor frei zu rollen, beziehungsweise zu segeln. Bis zu einer Geschwindigkeit von 50 km/h ist rein elektrisches Fahren möglich, insbesondere bei Konstantfahrt, aber auch bei moderatem Beschleunigen. Ganz wichtig für sportlich verwöhnte Porschefahrer ist der dritte Vorteil: Beschleunigung und Elastizität sind im Parallel-Voll-Hybrid nochmals deutlich besser.

Porsche Cayenne S Hybrid und Cayenne Diesel Porsche Cayenne S Hybrid und Cayenne Diesel

Knapp 25.000 Parameter galt es gleichzeitig zu berücksichtigen. Damit ist das Konzept für die Ingenieure um den Faktor 5 komplexer als bei konventionellen Antrieben. Und trotzdem bestechen Hybridmodul und Gesamtkonzept durch einen klaren mechanischen Aufbau. Das mechanische Herzstück beim Hybridmodul bildet die Trennkupplung. E-Motor und V-Motor sitzen auf einer Welle hintereinander geschaltet und können in allen drei Betriebsarten gefahren werden: Entweder arbeiten Verbrennungs- und Elektromotor gemeinsam oder nur der Verbrennungsmotor oder aber nur der Elektromotor. Trotz Hi-Tech ist das Auto so robust wie der Rest der Cayenne-Familie. Gut, dem Härtetest der Rallye Transsyberia sollte man den Cayenne S Hybrid nicht unterziehen. Aber er ist genauso alltagstauglich wie die anderen Modelle, ist genauso mit einer Zugkraft von 3,5 Tonnen belastbar und muss den Anhänger aus dem Schlamm ziehen können.

Obwohl in der Hybrid-Version der V6-Benziner zum Einsatz kommt, soll er Cayenne S Hybrid heißen. Der Grund: Seine Fahrleistungen stehen denen des Cayenne S in nichts nach, denn beim Kick-Down wird durch das so genannte Boosten zusätzliche Leistung und Drehmoment aus der Batterie freigesetzt. In Zahlen: Der 333 PS starke Verbrennungsmotor wird unterstützt von zusätzlichen 52 PS des Elektromotors. Der Verbrauch des Cayenne S Hybrid liegt dabei weitaus niedriger, unterbietet mit einem Verbrauch von 8,9 Liter auf 100 Kilometer (NEFZ) sogar den Diesel um einen knappen halben Liter, trotz extra Gewicht: Der Hybrid ist 170 Kilo schwerer gegenüber dem V6-Benziner und 140 Kilo gegenüber dem V8. Bei der Fahrvorstellung unterbot ein Journalist mit einem Verbrauch von 8,8 Litern gar die Porsche-NEFZ-Angaben um 0,1 Liter. Und das auf dem so genannten „Stuttgarter Zyklus“, ein Kurs in und um Stuttgart unter realistischen Verkehrsbedingungen, wie ihn die Universität Stuttgart entworfen hat. Bei diesem Zyklus liegt der durchschnittliche Verbrauch ein bis zwei Liter über dem NEFZ-Wert, also bei 9,9 bis 10,9 Liter auf hundert Kilometer.

Porsche Cayenne S Hybrid und Cayenne Diesel Porsche Cayenne S Hybrid und Cayenne Diesel

Auf gleicher Strecke wollten wir die Fähigkeiten der Batterie, die Schnelligkeit der Wechsel zwischen Batterie und Motor und die Ansprechfreudigkeit beim Kick-Down testen, fuhren daher mit satten zwölf Litern auf 100 Kilometer sehr spritfressend. Bei unserem Sprint durch die winterliche Landschaft überzeugte das Fahrzeug mit Sportlichkeit und Komfort – denn der Wechsel zwischen den Antriebsarten geschieht vollkommen unmerklich. Bei Geschwindigkeiten bis zu 138 km/h kann der Hybrid mit abgekoppeltem Verbrennungsmotor sogar lautlos dahin „segeln“ – nur die Windgeräusche sind noch zu hören. Ein Zwischenspurt ist dank der sofortigen Reaktion von Hybridmanager, Kupplung, Verbrennungs- und Elektromotor genauso spontan möglich wie bei einem konventionell motorisierten Cayenne. Natürlich haben wir der Batterie einiges abverlangt, im stetigen Wechsel zwischen Boosten und Kick-Down. Aber das muss der Antrieb aushalten, so die Ingenieure. Sie sind davon überzeugt, dass ihre Nickelmetall-Hydrid-Batterie (NiMH) 300.000 Kilometer überlebt. Bis 2010 soll der Hybrid auch noch über ein entsprechendes Thermomanagement verfügen.

Porsche Cayenne S Hybrid und Cayenne Diesel Porsche Cayenne S Hybrid und Cayenne Diesel

Ab nächstem Jahr wird der Porsche Cayenne S Hybrid erstmals auf den Straßen zu sehen sein – vor allem aus Amerika und Asien liegen bereits Bestellungen vor. Auch für den Porsche Panamera wird es einen Hybrid geben, den Panamera S Hybrid. Nach gleichem Konzept wie im Cayenne – und das schon in der ersten Generation. Keine Frage: Auch bei Porsche hat der Öko-Trend nachhaltige Spuren hinterlassen – glücklicherweise aber ist Porsche der Spagat zwischen Umweltbewusstsein und Sportlichkeit geglückt. Der Sportwagenhersteller bleibt seinem Ruf gerecht: Ein Porsche ist und bleibt ein Porsche.

Text: Susanne Roeder
Fotos: Susanne Roeder / Porsche


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