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Mini Cooper S Countryman: Stabiles Wachstum

Du bist aber groß geworden! Von wegen „mini" – der neue Countryman ist ein ganzer Kerl: Vier Türen, variabler Innenraum, hohe Sitzposition, auf Wunsch mit Allrad. Ob das Konzept seine Jugendlichkeit trotz Wachstumsschub bewahren kann, haben wir am Steuer des Mini Cooper S Countryman in Hamburg ergründet.

Kinder, wie die Zeit vergeht. Ganze zehn Jahre ist es her, dass BMW den neuen Mini auf den Markt brachte – und damit nicht nur ein erfolgreiches Stück Automobil-, sondern auch Marketinggeschichte schrieb. So offensiv und trendfühlig hatte bisher kein Hersteller die Jugend umworben. Was it love? Sicherlich, denn die kreative, urbane Dotcom-Generation fand sich in dem spaßbetonten und jungen Designkonzept bestens repräsentiert. Doch auch bei Webdesignern und Werbern tickt die biologische Uhr. Statt Neon liest man mittlerweile Nido – und auf dem Weg in die Agentur müssen noch eben Leonie und Lucas in die Kita gebracht werden. Das wissen natürlich auch die Marketingstrategen bei Mini und haben nach dem Cabrio und dem Clubman eine vierte, größere Modellreihe auf die Räder gestellt. Frei nach dem aktuellen Branchencredo: Seid fruchtbar und mehret euch.

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Mit dem Ende der 1950er Jahre von Alec Issigonis entworfenen Morris Mini Minor, der als Minimal-Transportmittel für vier Personen die urbane Mobilität revolutionierte, hat der neue Mini Countryman freilich nur noch wenig gemein. Als erster Mini überschreitet das sogenannte Sports Activity Vehicle die Vier-Meter-Längenmarke. Auch das bullige Design mit seiner hoch aufragenden Front, einem bissigen Kühlermaul, dem markanten Dach und der vergleichsweise großen Bodenfreiheit signalisiert sofort: Der Kleine ist erwachsener geworden. Und komfortabler. Die höhere Sitzposition erlaubt einen besseren Überblick als bisher. Und im Fond, den man entweder mit zwei Einzelsitzen oder einer Rückbank ausstatten kann, finden selbst Erwachsene auf längeren Strecken entspannt Platz. Ein weiterer Aspekt, mit dem Mini den Countryman positioniert, ist seine Variabilität. Die Rücksitze können in verschiedenen Variationen umgeklappt werden, wodurch sich das mit 350 Liter etwas magere Kofferraumvolumen bis auf 1.170 Liter erweitern lässt. Stokke-Kinderwagen, Bianchi-Rennrad, bergeweise Bio-Gemüse – dank Maxi-Mini kein Problem.

Neu im Innenraum ist auch das sogenannte Center Rail, ein modulares Ablage- und Befestigungssystem, das sich einmal längs durch den Innenraum zieht. Nach den vermeintlichen Wünschen der Zielgruppe hält nun auch das Internet Einzug im Cockpit; per iPhone und „Mini Connected“ lässt sich Webradio hören, twittern oder das Facebook-Profil updaten. Ob die besservedienenden Berufsjugendlichen, die Mini auch mit diesem Modell ansprechen möchte, das verspielte Cockpit-Design mit dem riesigen zentralen Rundinstrument im Plastik-Look noch immer zu schätzen wissen, bleibt abzuwarten. Nach unserem Geschmack hätte hier eine stilistische Weiterentwicklung analog zum Exterior Design nicht geschadet.

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Wichtig im Mini-Kosmos ist natürlich auch das viel zitierte „Go-Kart-Feeling“. Um die Wenidgkeit und Agilität des Mini Hatchback auf das große Brudermodell zu übertragen, haben sich die Ingenieure einiges einfallen lassen. Zum Fahrwerk gehören etwa eine Vorderachse mit McPherson-Federbeinen und geschmiedeten Querlenkern, eine Mehrlenker-Hinterachse und eine elektromechanische Servolenkung. Das Ergebnis ist ein überraschend präzises und sportliches Handling bei Wahrung aller Ansprüche an den Komfort, den man in dieser Preisklasse stellen darf. Serienmäßig ist der Countryman auch mit der Fahrstabilitätsregelung DSC ausgestattet. Eine absolute Innovation ist derweil der optionale Allradantrieb ALL4, der auch jenseits des Großstadtdschungels für optimale Traktion sorgt. Ein elektromagnetisches Mitteldifferenzial am Hinterachsgetriebe verteilt stufenlos die Antriebkraft zwischen Vorder- und Hinterachse. So wird der Countryman auch zum Offroad-Fluchtwagen für Großstadtmüde, die in the middle of nowhere nach Ausklang und Entspannung suchen.

Zur Markteinführung bietet Mini den Countryman mit drei Benzin- und zwei Dieselmotoren an. Im Mini Cooper S Countryman, den wir in und um Hamburg testen konnten, kommt ein 184 PS starker Vierzylinder mit 1,6 Litern Hubraum zum Einsatz. Während das Turbo-Triebwerk im unteren Drehzahlbereich ein wenig Durchzugkraft vermissen lässt, ist bei fließendem Verkehr und freien Country Roads durchaus ein sportlicher Vortrieb abrufbar. Die Höchstgeschwindigkeit liegt bei 215 km/h. Dabei verbraucht das derzeitige Topmodell gerade einmal 6,1 Liter auf 100 Kilometer, der CO2-Wert liegt mit 143 Gramm pro Kilometer ebenfalls im grünen Bereich. Das ganzheitliche Entwicklungskonzept hinter diesen Zahlen nennt sich „Minimalism“ und umfasst Effizientmaßnahmen wie Rekuperation, eine Start-Stop-Funktion und eine Schaltpunktanzeige. Alternativ zum Cooper S empfiehlt sich auch der Cooper D, dessen Selbstzünder-Aggregat 112 PS und 270 Nm generiert, aber nur 4,4 Liter Diesel auf 100 Kilometer verbrennt.

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Dass Mini den Countryman klar im Premium-Segment ansiedelt, zeigt sich auch am Preis. Mindestens 20.200 Euro muss man für den 98 PS starken Mini One Countryman auf den Tisch legen, der Basispreis für den von uns getesteten Mini Cooper S Countryman ALL4 liegt bei 27.900 Euro. Mit einigen Extras ist man deshalb schnell bei einer runden Summe von 30.000 Euro. Der Zielgruppe wird das egal sein, sie ist es gewohnt, für Markenprodukte mit entsprechendem Image draufzuzahlen. Für Mini ist die Expansionspolitik deshalb auch noch lange nicht beendet: Als nächstes kommen zwei sportliche Spaßvariationen auf der klassischen Mini-Plattform, ein Coupé und ein Roadster. Ob dem Countryman mittelfristig auch das Leistungspaket von John Cooper Works angedacht wird, ist noch nicht klar.

Text: Jan Baedeker
Fotos: Alberto Martinez


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