Von der Kerzenlampe zum Kurvenlicht – In den Kindertagen des Automobils kümmerte sich niemand um die Beleuchtung der ersten Kraftfahrzeuge. Heute leuchten Bi-Xenon-Lichter automatisch in die Kurve. In knapp über 100 Jahren beschrieb der Autoscheinwerfer eine Entwicklung, die pars pro toto der gesamten mobilen Evolution steht. Und wie immer ist Mercedes-Benz dabei Vorreiter.
Erstmals galten Kutschenmaßstäbe. Das bedeutete: Laternen mit Kerzen, wie beim Daimler-Motorwagen aus dem Jahre 1886, galten bereits als fortschrittlich, wenngleich sich dessen Fahrer im milden Kerzenschein buchstäblich durch die Nacht tasten musste. Folglich zogen die Automobilisten die logische Konsequenz und ließen ihre Motorkutschen bei Dunkelheit einfach zu Hause. Auch die Behörden widmeten den Scheinwerfern am Auto nur geringe Aufmerksamkeit. Im Königreich Preußen verlangte eine Polizeiverordnung vom 15. April 1901 (Paragraph 31) lediglich: „Während der Dunkelheit und bei starkem Nebel müssen die Laternen brennen.“
Andere Bedeutung erlangte das Thema Licht aber bei den ersten Automobilrennen. So bemerkte Emil Levassor, Sieger der Wettfahrt „Paris - Bordeaux - Paris“ im Jahre 1895: „Meine Scheinwerfer konnten der Erschütterung einer so schnellen Fahrt nicht widerstehen und lösten sich los. Ich habe einen von ihnen meinem Begleiter zum Halten geben müssen. Dieser Mangel an Licht ist eine der Ursachen, die meine Rückkehr am meisten verzögert haben.“
Licht aus Karbid: 35 Liter Gas pro Stunde – Die Methode, mit der die Scheinwerfer der Automobile die nächtlichen Wege erhellten, blieb den eigenen Vorlieben überlassen. Neben Kerzen sorgten auch Petroleum-Lampen und Acetylenbrenner für das vorgeschriebene Licht. Vor allem die Acetylenscheinwerfer – besser als Karbidlampen bekannt – galten als zukunftsweisend, verbrauchten jedoch pro Stunde bis zu 35 Liter Gas. Den notwendigen Gasentwickler brachten die Automobilbauer meist außen auf dem Trittbrett an – nicht aus Sicherheitsgründen, sondern wegen des üblen Geruchs des Karbid-Gases.
Zudem mussten die Chauffeure jener Tage auch schon mit einem Konflikt leben, der noch heute die automobile Lichtentwicklung prägt: Die Scheinwerfer sollten die Fahrbahn zwar möglichst weit ausleuchten, dabei aber niemanden blenden. Um diese Vorgaben zu erfüllen, ließen sich bereits die Konstrukteure der Acetylenscheinwerfer im Jahre 1908 eine Abblendvorrichtung einfallen, mit der sich die Gasflamme via Handhebel und Bowdenzug aus dem Brennpunkt rücken ließ. Doch trotz raffinierter Technik hatten die Acetylenlampen keine Zukunft; die Autos wurden immer schneller und das Gas-Licht erwies sich als zu trüb.
Die neue Lichttechnologie
Der Scheinwerfer, der in die Kurve leuchtet – Mit dem neuartigen aktiven Kurvenlicht wird Mercedes-Benz die Sicherheit bei Nachtfahrten weiter verbessern. Die gemeinsam mit der Firma Hella entwickelte Technik, bei der die Scheinwerfer den Lenkbewegungen des Autofahrers folgen und sekundenschnell zur Seite schwenken, wenn er eine Kurve ansteuert, wird im Frühjahr 2003 in Serie gehen.
Durch das aktive Kurvenlicht verbessert sich die Fahrbahnausleuchtung um bis zu 90 Prozent: Beträgt der vom Abblendlicht ausgeleuchtete Bereich bei Einfahrt in eine Kurve mit 190 Metern Radius normalerweise rund 30 Meter, so verlängert er sich dank der neuen Scheinwerfertechnik um weitere 25 Meter. Weil die Lichtverteilung dem jeweiligen Lenkwinkel entspricht, erkennt der Autofahrer beim Einlenken den Kurvenverlauf frühzeitig und kann seine Fahrweise dementsprechend anpassen. Das aktive Kurvenlicht arbeitet sowohl in der Abblend- als auch in der Fernlichtfunktion und passt sich kontinuierlich der jeweiligen Fahrgeschwindigkeit an.
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In Zukunft passen sich die Scheinwerfer automatisch der Fahrsituation an – Die Entwicklung neuartiger Automobilscheinwerfer, die ihre Lichtverteilung automatisch der jeweiligen Fahrsituation anpassen, wird die Verkehrssicherheit bei Nacht in den kommenden Jahren nachhaltig verbessern. Das aktive Kurvenlicht markiert den Einstieg in diese neue adaptive Scheinwerfer-Technologie, die in den kommenden Jahren zum Beispiel durch spezielle Lichtfunktionen für Autobahnen, Stadtverkehr oder Schlechtwetter-Situationen ergänzt wird: Denkbar ist auch eine vorausschauende Steuerung der adaptiven Lichtfunktionen mit Hilfe der präzisen Streckendaten des Navigationssystems sowie der Einsatz eines innovativen Nachtsichtsystems auf Basis der Laser-Infrarot-Technologie, das die DaimlerChrysler-Forschung derzeit erprobt.
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Text & Fotos: DaimlerChrysler