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Maserati GranTurismo S Automatic

Ist das die goldene Mitte? Der 440 PS starke Maserati GranTurismo S Automatic schickt sich an, die Lücke zwischen dem GT-Basismodell und der manuell geschalteten und betont sportlichen S-Version zu schließen. Er will nicht nur ein Genre beherrschen, sondern es gleich allen Automobil-Aficionados Recht machen. Dem Flaneur, dem Connaisseur, wie dem Sportsmann. Damit gleicht das angestrebte Spektrum der musikalischen Bandbreite von Unterhaltungs- zu ernster Musik. Womit wir beim Thema wären.

Pronto: Maserati GranTurismo S Automatic! Der Tridente, Maseratis legendärer Dreizack, sticht wieder zu. Gezielt und kraftvoll! Pikant dabei: In bester italienischer Salami-Taktik präsentieren die Modeneser jetzt im bereits dritten GT-Jahrgang die Automatik-Variante des GranTurismo S-Modells der interessierten Öffentlichkeit. Die im Hinblick auf das Design scharf gezeichnete GranTurismo Baureihe ist mittlerweile beinahe so gut gereift wie ein Chianti Superiore – alles eine Jahrgangsfrage: 2007 feierte der neue 405 PS starke GranTurismo auf der Autoshow in Genf seine Premiere. Ein Jahr später debütierte am gleichen Ort die stärkere S-Variante. Und wieder ein Jahr später, wir schreiben mittlerweile Anno 2009, präsentierte sich im Frühjahr das Automatikmodell in Genf – stehend und in verführerischer Rampenlicht-Pose.

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Jetzt dürfen wir den 440 PS starken Achtzylinder fahren. Und stellen dabei fest: Was Maserati anbelangt, befinden wir uns hier in Modena in bester italienischer Gesellschaft. Kein anderer als der im September 2007 verschiedene Star-Tenor Luciano Pavarotti war ein großer Anhänger der Marke. Gerne kreuzte er mit seinem klassischen Maserati Quattroporte durch die Emilia Romagna und fuhr selbst auch vor der Mailänder Scala vor. Maserati Presse-Frontmann Luca dal Monte hat diese Facetten seiner Vita genau studiert und lädt folgerichtig zur Pressekonferenz auf Pavarottis Privatanwesen am Stadtrand von Modena ein. Von dort geht es über Bologna in die weiche Hügellandschaft der Emilia zwischen Castel San Pietro Therme und Brisighella. Gewundene Landstraßen, Hügelkuppen, schnelle Geraden – Maseratis Heimatrevier.

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Zur Partitur: Unter der Haube arbeitet der bekannte V8 mit einem Hubraum von 4,7 Liter und dem fülligen Drehmomentverlauf. Der Maximaloutput von 440 PS wird bei 7.000 Touren entfesselt. 490 Newtonmeter Drehmoment liegen bei 4.750 Umdrehungen pro Minute an. Neu ist das Sechsgang-Automatik Getriebe von ZF, welches direkt mit dem Motor verflanscht ist und weiche Schaltvorgänge garantieren soll. Obwohl es sich beim Automatik nicht um ein Transaxle-Konzept (Getriebe vor der Hinterachse) handelt, fällt die Achslastverteilung beim GTS optimal aus. Dank weit zurückgesetztem Motor ruhen auf der Vorderachse nur 49 Prozent des Gesamtgewichtes, hinten liegen die verbleibenden 51 Prozent auf. Hier sitzt auch das selbsttätig sperrende Differential.

Gestartet wird der Achtzylinder mit einem neptunblauen Schlüssel traditioneller Bauart und der klassischen Bewegung aus dem rechten Handgelenk. Der Dreh in Fahrtrichtung: sofort ist der V8 auf der Bühne des Geschehens. Und klingt bereits im Stand famos. Nein, hier wummert kein amerkanisch proletarisiertes Achtzylinder-Grollen. Hier ertönt feine Klangkunst mit ausgesprägt italienischem Timbre. Für ansprechendes Volumen mit metallisch silberner Note in allen Frequenzbereichen sorgt die neue Auspuffanlage mit reduziertem Gegendruck, größerem Mengendurchsatz und besserer Thermik. Ein, zwei Drehzahlstöße und schon ist klar: Der Maserati ist ein überaus kultivierter Klangkünstler, der sein Fach beherrscht. Ähnlich wie Startenor Pavarotti schon beim ersten Anstimmen immer klar als „Big P“ erkennbar war, trägt auch der Maserati sein akustisches Markenzeichen sehr charmant vor. Ein Ferrari klingt wilder, ungehemmter und ungezähmter – der Maserati GranTurismo S Automatic fasziniert durch akustische Fülle und Eleganz – er macht aus seinem beherrschten Temperament kein Geheimnis. Dieser Charakterzug ist das beherrschende Gesprächsthema beim Mittagsstopp in Francesco Piromallos Cantina, der Bottega dei Portici in Palazzuolo sul Senio: „Belcanto für die Ohren!“

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„Nessun dorma!“ – Keiner schlafe! Das Postulat greift uneingeschränkt, wenn der Maserati nördlich von 3.000 Touren loslegt. Wohl dem, der rechtzeitig die Sporttaste aktiviert hat. Denn der Auspuffstrang verfügt zusätzlich über Akustikklappen, die sich im S-Modus prompt öffnen und das volle Stimmvolumen freilegen. Einfach grandios, wie der Maserati im oberen Drehzahlbereich im Fortissimo tönt. Das ist pure Lebensfreude. Stöße dämpft das Maserati Skyhook Fahrwerk gekonnt ab, ist dabei ausreichend straff abgestimmt. Optional ist zudem ein MC Sportfahrwerk erhältlich. Die Bremsen quittieren beherzte Tritte mit angemessener Verzögerung. Allein hier könnte ein klein wenig mehr Präzision für Entspannung sorgen. Vorne rotieren 360 Millimeter messende Doppelscheiben, die von Sechskolben-Zangen geklemmt werden, hinten sind es 330er-Scheiben und Vierkolben Bremszangen. Wunderbar ist auch das Hochziehen im langen Gang aus dem Drehzahlkeller. Der V8 hat soviel Schub, dass er den GT mühelos nach vorne drückt und den Ohren eine Exkursion durch sämtliche Klanggefilde schenkt. Bravo! Da Capo!

Dazu konzertiert die ZF-Automatik perfekt. Sehr harmonisch, erwartbar und ausreichend flink fällt die Gangwahl auch bei sportlicher Fahrt aus. Noch besser ist indes, dass die Gangwahl auch manuell über feststehende Aluminium Schaltwippen am Lenkrad oder den Hebel in der Mittelkonsole erfolgen kann. Ein Sportprogramm ohne eigene Bewegung kann eben nicht gut gehen. Der Maserati Automatic hingegen lässt einem die Freiheit. Das ist gut so. Nicht ganz perfekt indes ist die Tatsache, dass die Schaltwippen hinter dem Volant fest stehen. Porsche beispielsweise hat sie beim PDK ins Lenkrad verlegt. Das ermöglicht sichere und schnelle Schaltvorgänge. Der Maserati will trotz eines Beschleunigungswertes von fünf Sekunden für den Standardsprint nicht der Jäger der Hunderstelsekunde sein. Er ist schnell – das aber bitte mit Stil und Würde. Bereits das 405 PS starke Basismodell des GranTurismo mit dem 4,2-Liter V8 beherrscht diese Tugend. Der automatisch geschaltete S-Maserati perfektioniert sie.

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Womit wir bei der Positionierung des 121.240 Euro teuren Italieners wären. Die Gegner des Maserati GranTurismo S Automatic tragen prominente Namen. Der Aston Martin DB9 ist darunter. Auch ein Mercedes-Benz CL 600, ein Jaguar XKR oder der Gran Tourer par excellence in Gestalt des Bentley Continental GT. Wem diese Klasse der „Performance Cruiser“ zu kommod ist, der sollte im Regal weiter unten bei den „Daily Race Cars“ oder den „Driving Machines“ zugreifen. BMW M6 oder Aston Martin Vantage V8 müssen sich hier mit dem S-Modell des Maserati GranTurismo mit MC-Shift messen – keine leichte Übung. Hier sind klare Anleihen beim FIA GT4 MC Modell erkennbar, dieser GranTurismo ist deutlich spitzer positioniert. Die optische Veredelung gelingt bei jedem Maserati Modell mit dem neuen MC Sport Line Paket. Kohlefaser ist hier das auffällige Thema.

Somit fällt die verfügbare Variantenvielfalt des Maserati GranTurismo beeindruckend groß aus – es fehlen jetzt „nur“ noch die beliebten offenen Spyder-Modelle. Wie wir die Maserati-Männer aus Modena kennen gelernt haben, werden sie ihrer Salami-Strategie treu bleiben und vermutlich bei einem der anstehenden Automobil-Salons nachlegen. Solange erfreuen wir uns gerne an den Coupé Varianten, ihrer Stimmgewalt und dem unverwechselbaren Klangbild. Der Maserati V8-Motor bleibt der Pavarotti aller Achtzylinder. Bravissimo!

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Text: Mathias Paulokat
Fotos: Mathias Paulokat, Maserati


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