Was wir über die Welt wissen, das wissen wir aus den Medien – so erklärte es schon der Soziologe und Systemtheoretiker Niklas Luhmann. Vor allem die Fotografie hat in den letzten 100 Jahren unser Bild von der Welt entscheidend geprägt. Einst waren es talentierte Kameramänner wie die Magnum-Fotografen Henri Cartier-Bresson oder Robert Capa, die mit ihren schwarz-weißen Schnappschüssen erstaunliche Geschichten erzählten. Heute werde bei Instagram Tag für Tag rund 95 Millionen neuer Fotos hochgeladen, die sich zu einem gewaltigen Mosaik der digital vernetzten Menschheit zusammensetzen. Und doch hat die Demokratisierung der Medien und der Siegeszug der Smartphone-Fotografen die Kunstfotografie nicht verdrängt – im Gegenteil: Bei Auktionen erzielen renommierte Fotografen wie Andreas Gursky, Richard Prince oder Jeff Wall immer neue Rekordpreise und auch in den großen Museen wie dem MOMA oder Kunstmessen wie der Art Basel hat die Fotografie neben Malerie und Skulptur ganz selbstverständlich Einzug gehalten.
Eine der interessantesten Adressen für Kunstfotografie findet sich heute in Stockholm: Fotografika ist ein Museum, in dem man in wechselnden Ausstellungen die Werke der renommiertesten Fotokünstler unserer Zeit bewundern kann – von David LaChapelle und Annie Leibovitz bis Helmut Newton und Sally Mann. Gleichzeitig ist Fotografiska aber auch viel mehr – als urbaner Treffpunkt, Akademie, Konferenzzentrum und anspruchsvolles Restaurant mit nachhaltiger Genuss-Philosophie ist das Zentrum einer der kulturellen Hotspots Skandinaviens. In Auseinandersetzung mit ästhetisch anspruchsvollen, fachkundig kuratierten Foto-Ausstellungen weltbekannter sowie junger und talentierter Fotografen können die Besucher sich mit der Welt auseinandersetzen, lernen, verstehen, sich austauschen und – ganz nach skandinavischem Ideal – ihr eigenes Leben und das ihrer Gesellschaft vielleicht ein wenig besser machen.
Beflügelt vom großen Erfolg in der Heimat haben sich die beiden Gründer Jan und Per Broman sich nun entschlossen, Fotografiska zu globalisieren. Im angesagten Londoner Stadtteil Whitechapel soll im Herbst 2019 eine Dependence mitsamt Museum, Café, nachhaltigem Gourmet-Restaurant, Shop und verschiedenenen Foren entstehen. Und auch für New York ist ein Ableger von Fotografiska geplant. Wer sich schon jetzt ein Eindruck vom Spektrum der Bildwelten machen möchte, die bei Fotografiska in London und New York zu sehen sein werden, dem sei der prächtige, bei TeNeues erschienene Bildband „The Eye“ empfohlen. Darin kann man 250 Fotos von 80 Ausnahme-Fotografen wie Anton Corbijn, Bryan Adams oder Jimmy Nelson entdecken, die in den ersten acht Jahren seit der Gründung von Fotografiska in Stockholm ausgestellt wurden.
Fotos: Fotografiska