Das Umfeld der Alpenfahrt Classic Rallye 2003 nutze die Anwesenheit von Rauno Aaltonen für einen Vergleich zwischen drei Klassikern aus den frühen 70er Jahren.
Ferrari Dino 246 GT, 2.418 ccm – V6 Motor, 195 PS – Mittelmotor
Porsche 911 S – 2.341 ccm – 6 Zylinder Boxer, 190 PS – Heckmotor
Fiat Dino Spider – 2.418 ccm – V6 Motor, 180 PS – Frontmotor / Heckantrieb
Mit dem im letzten Winter komplett restaurierten Porsche 911 S aus dem Stall von Rudolf Schraml bestritt Rauno Aaltonen die Alpenfahrt und hatte auf 1000 km die Möglichkeit, die Eigenschaften des Autos perfekt auszuloten. Den Fiat Dino Spider, mit dem Rudolf Schraml schon viele Erfolge bei Oldtimerrallyes erzielte, testete Rauno dann ausgiebig über die Turrach. Den Ferrari Dino kennt Rauno schon bestens seit seinen Testfahrten mit diesem Auto im Jahr 2000 und nach dem ersten Sieg der Brüder Schraml bei der Ennstal Classic.
Seine Eindrücke von diesen drei leistungsmäßig sehr ähnlichen, in ihrer Charakteristik aber doch unterschiedlichen Autos fasst Rauno Aaltonen folgendermaßen zusammen:
Der Fiat Dino Spider ist trotz seines klassischen Konzeptes – Frontmotor und Heckantrieb – ein überraschend agiles und kurvenfreudiges Auto. Herzstück des Wagens ist allerdings der Dino-V6-Motor. Er zeichnet sich durch ein ungemein breites nutzbares Drehzahlband aus – schon ab 2.500 U/min steht ausreichend Leistung zur Verfügung, ab 4.000 U/min zeigt das Vier-Nockenwellentriebwerk dann seine Rennabstammung; es zündet quasi den Nachbrenner. Unter herrlicher Kraftentfaltung dreht der Motor, beatmet von drei Weber-Doppelvergasern hoch und nur die Vernunft veranlasst das Schalten in den nächsten Gang.
Der Motor macht den Eindruck, als ob er nie aufhören würde zu drehen. Der gelbe Bereich am Drehzahlmesser beginnt bei 7.200 U/min, der rote bei 7.800 U/min! Und das bei einem Triebwerk, das bereits 1957 entwickelt wurde. Derek Bell, der mit dem 1,6 Liter Dino in den Saisons 1968 und 1969 F2-Rennen fuhr, berichtete, dass damals das Drehzahllimit für die Dinos bei 11.000 U/min lag. In der Tasman-Serie war bei den 246 T–Motoren das Drehzahllimit bei 8.900 U/min erreicht.
Das Handling des Dino Spider ist ausgesprochen neutral. Willig lenkt er in die Kurven ein, beim Beschleunigen aus der Kurve heraus lenkt die Hinterachse leicht mit und verkleinert noch den Kurvenradius – damit ist der Dino Spider äußerst kurvenwillig und extrem handlich. Dank der unabhängigen Hinterachse bleibt der Dino bei Unebenheiten aber gut kontrollierbar. Im Vergleich zu seinem sportlichen Pendant von Ferrari ist der Fiat Dino eher komfortbetont ausgelegt. Sein Grenzbereich beginnt schon früher, ist dafür aber breiter und die Reaktionen sind dabei immer gutmütig und leicht beherrschbar. Insgesamt also ein sportliches Grand Tourisme-Cabrio, das Frischluftvergnügen pur und dank seines Dino–Motors auch Anklänge an den Motorsport bietet: Dino – the little Ferrari!
Raunos Zusammenfassung: „Das Auto für den sportlichen Geniesser“
Der Porsche 911 S 2,4 l ist die höchste Entwicklungsstufe der klassischen 911er-Modelle: der Sechszylinder-Boxermotor hat 2.341 ccm und leistet 190 PS bei 6.500 U/min, befüllt durch die klassische Bosch-6-Stempeleinspritzung, die schon im Mercedes 300 SL der 50er Jahre verwendet wurde. Und der Motor liegt natürlich porschetypisch im Heck auf. Der 911 S 2,4 l ist das letzte Modell, das noch die klassisch schlanke 911er Linie hat – ohne ausgestellte Kotflügel und ist damit ein echter Klassiker.
Im Handling ist er ein typischer 911er – beim Einlenken leicht untersteuernd, doch mit dem Gaspedal lässt er sich vom geübten Fahrer dann zum kurvenwilligen Übersteuern bringen. Man muss den Porsche bewusst in die Kurven hineinführen und dann mit Lenkung und Gaspedal dirigieren. Eine kundige Hand belohnt er mit hohen Kurvengeschwindigkeiten und einem aktiven Fahrerlebnis. Die Abstimmung ist dabei ähnlich wie beim Dino Spider eher komfortbetont. Dank seiner im Vergleich zum Fiat und Ferrari Dino etwas längeren Übersetzung, ist der Porsche auch auf den heutigen Autobahnen ein in Relation zu seinem Alter angenehmes Reiseauto. Gewöhnungsbedürftig ist nur seine Bremsanlage, die gänzlich ohne Servounterstützung arbeitet. Mit einem kräftigen Oberschenkelmuskel bietet sie allerdings sehr gute Verzögerungswerte.
Der Motor läuft dabei angenehm rund und kultiviert. Die Porsche-Power setzt allerdings erst ab etwa 4.000 U/min ein; darunter wirkt er etwas zäh. Über 4.500 U/min wird er wirklich frei und dreht herrlich bis 7.300 U/min. Das heisere Bellen aus dem Auspuff ergibt einen Sound, wie er heute leider nicht mehr geboten wird. Diese Motorcharakteristik wird im Vergleich zu den Dinos sicher durch die etwas längere Hinterachsübersetzung verstärkt, andererseits ist der 911er aber um ca. 150 kg leichter als die Dinos.
Raunos Kurzkommentar: „Der Krafteinsatz ab 4.500 Touren ist ein echtes Vergnügen – ein Sportwagen für alle Gelegenheiten“
Der Ferrari Dino 246 GT vermittelt im Vergleich zu seinen Mitstreitern ein ganz anders Gefühl. Sein Mittelmotor ist nur wenige Zentimeter hinter dem Kopf des Fahrers quer eingebaut, dank einer Gesamthöhe von nur 113,5 cm sitzt man in den eng geschnittenen Schalensitzen nur knapp über dem Boden. Bereits beim Einsteigen hat man somit Rennsport-Feeling pur. Der Blick nach vorne schweift über ein flache Haube, die seitlich von den sinnlichen Kurven der Kotflügel begrenzt wird. Nicht umsonst zählt die Dino-Karosserie zu den Meisterstücken aus dem Hause Pininfarina. Wird der Motor gestartet, vernimmt man die mechanischen Geräusche der sechs Zylinder, vier Nockenwellen und zwölf Ventilen fast ungefiltert, untermalt vom Ansauggeräusch der drei Weber-Doppelvergaser.
Wenn man den 2. Gang in der chromblitzenden Schaltkulisse einlegt und beschleunigt, vermittelt der Ferrari Dino ein direktes Fahrgefühl. Die Lenkung ist leichtgängig und präzise, das Fahrverhalten ist neutral und es besteht ein perfekter Kontakt zwischen Fahrbahn, Fahrzeug und Fahrer. Dank seines Mittelmotors ist der Ferrari Dino ein ausgesprochen handliches und agiles Auto, dessen Grenzbereich sportwagentypisch sehr hoch liegt. Der Grenzbereich selbst ist allerdings sehr schmal – für geübte Fahrer ist er jedoch beherrschbar. Weniger geübte sollten den Grenzbereich meiden, denn Dank der Mittelmotor-Anordnung wird der Dino auch leicht zu einem Kreisel. Im Grenzbereich ist der Porsche leichter kontrollierbar – er liegt aber auch tiefer. Der Ferrari Dino zeigt in jeder Phase seine Abstammung von den Rennsportwagen aus Maranello und bietet seinem Fahrer Sportwagenfeeling pur.
Sein 65°-V6-Motor, der in direkter Linie von den Dino-F1, -F2 und -Sportwagenmotoren abstammt, rundet dieses Paket perfekt ab. Dabei ist der Motor im Ferrari Dino identisch mit dem des Fiat Dino; die Werksangaben attestieren ihm allerdings 195 PS bei 7.600 U/min (statt 180 PS bei 6.600 Touren im Fiat) – bei diesen unterschiedlichen Leistungsangaben hat vielleicht auch das Marketing mitgespielt. Durch die Mittelmotor-Anordnung ist er allerdings akustisch permanent präsent und verleitet seinem Fahrer somit das Potential immer wieder neu auszuloten. Dabei verfügt er über ein breit nutzbares Drehzahlband. Eine Leistungsexplosion setzt ab 4.000 U/min ein und würde auch beim roten Bereich von 7.800 Touren weitergehen. Untermalt wird alles noch mit einem Sound, der einen dazu verleitet, das Seitenfenster zur Genusssteigerung geöffnet zu lassen.
Im Ferrari Dino stecken somit zwei Seelen: ein überraschend leicht und angenehm zu fahrender GT-Wagen – solange man sich im Bereich von 2.500 – 4.500 Umdrehungen befindet – sowie ein reinrassiger Sportwagen, der seinen Rennsportstammbaum nicht verleugnen kann, sobald man den Wagen im oberen Drehzahlbereich fordert – und auch dann bleibt er noch gut beherrschbar. Überraschende Eigenschaften also für einen Mittelmotorwagen der ersten Generation. Getrübt wird dieser fast perfekte Eindruck lediglich durch Vergaseraussetzer, die konzeptionsbedingt durch den Quereinbau bei rasch gefahrenen Kurven auftreten. Der Ferrari Dino spielt trotz der praktisch gleichen Leistungsdaten somit in einer anderen Liga als seine Vergleichspartner. Dies spiegelt sich aber auch in seinem Wert wieder. Vergleichbar ist er somit eher mit dem direkt für den Rennsport entwickelten Porsche Carrera RS, 2,7 l.
Raunos Statement: „Seine Leichtfüßigkeit und die direkten Reaktionen machen den Ferrari Dino zu einem echten Traumwagen“
Die getesteten drei Sechszylinder-Klassiker sind somit trotz ähnlicher technischer Daten drei grundverschiedene Autos und bieten daher für fast jeden Geschmack die passende Wahl:
Der Fiat Dino Spider ist ein klassisches Cabrio, das hervorragende Fahreigenschaften, einen bequemen Innenraum und einen passablen Kofferraum bietet – ein klassischer Grand Tourisme Wagen für Frischluftfreunde. Wenn der Dino-Motor losgelassen wird, klopft er bei der Sportwagenklasse deutlich an.
Der Porsche 911 S 2,4 l bietet die Tugenden eines klassischen Porsche in seiner höchsten Vollendung. Die Kreissäge im Heck bietet im oberen Drehzahlbereich Top-Fahrleistungen. Dank seiner geräumigen und soliden Karosserie eignet er sich auch hervorragend als Reisewagen – ein echter Allrounder mit Sportwagenambitionen.
Der Ferrari Dino 246 GT stößt die Türe zum gehobenen Sportwagensegment auf und bietet fast schon Rennsport-Feeling. Dabei ist er aber dennoch wesentlich einfacher zu fahren als den klassischen Ferraris aus den frühen Jahren allgemein nachgesagt wird. Somit ein perfekter Sportwagen.
Die Fakten
Fiat
Dino Spider 2400 |
Porsche 911 S, 2,4 l | Ferrari Dino 246 GT | |
Motor | V6-Frontmotor mit Heckantrieb |
Sechszylinder
Boxer, Heckmotor mit Heckantrieb |
V6-Mittelmotor, quer eingebaut mit Heckantrieb |
Bohrung x Hub | 92,5 x 60 mm | 84 x 70,4 mm | 92,5 x 60 mm |
Verdichtung | 9,0 : 1 | 8,5 : 1 | 9,0 : 1 |
Hubraum | 2.418 ccm | 2.341 ccm | 2.418 ccm |
Leistung | 180 PS bei 6.600 U/min | 190 PS bei 6.500 U/min | 195 PS bei 7.600 U/min |
Dreh- moment |
22 mkg bei 4.600 U/min | 22,0 mkg bei 5.200 U/min | 23 mkg bei 5.500 U/min |
L x B x H | 4.134 x 1.710 x 1.270 mm | 4.147 x 1.610 x 1.320 mm | 4.235 x 1.700 x 1.135 mm |
Radstand | 2.280 mm | 2.271 mm | 2.340 mm |
Gewicht | 1.240 kg | 1.050 kg | 1.215 kg |
Höchst- geschw. |
ca. 220 km/h | 230 km/h | 235 km/h |
Aktuelle Angebote finden Sie in der Classic Driver-Datenbank:
Ferrari Dino 246 GT
Fiat Dino Spider 2400
Porsche 911 S 2,4 l
Biografie „Rauno Aaltonen“
Geboren am 07.01.1938 in Turku, Finnland, verheiratet, zwei Kinder. Rauno Aaltonen, die lebende Motorsportlegende aus Finnland, Jahrzehnte bekannt als „Der Fliegende Finne“ im Rallyesport, hat in seiner langen Motorsportkarriere unzählige nationale und internationale Meisterschaften gewonnen.
Rennboot – Sieben mal Finnischer Meister.
Motorrad – Finnischer Meister in Team-Speedway, Sandbahn,
Siege in Moto Cross, Enduro, Eisrennen, auch Rundstreckenrennen
WM - Läufe.
Auto – Als Amateur in der 2. Hälfte der 50er Jahre, Vollprofi von 1961-1988,
dabei Finnischer Rallyemeister 1961, 1965
Europameister 1965 (BMC–Werksteam), zum Beispiel Sieger der Rallye Monte Carlo, RAC in England, Liege–Sofia-Liege, Tulpen Rallye, Southern Cross in Australien, Teilnahme 23 mal an der East African Safari Rallye und weiteren. Auch Touren- und GT-Wagensiege weltweit von Australien-Bathurst bis Amerika-Long Island.
Erfolgreichster Rallyefahrer auf Mini Cooper, darüber hinaus erzielte Aaltonen insgesamt die meisten Siege von allen Fahrern im Rallyesport auf höchster Ebene in den 60er Jahren.
Das British Motor Corporation Werksteam hatte in den 60er Jahren drei Mini Cooper-Fahrer als Bestandteil von dem damalig erfolgreichsten Rallye-Werksteam in der Welt: Hopkirk, Mäkinen und Aaltonen. Diese Fahrer wurden weltweit auch in Rundstreckenrennen eingesetzt, wenn es sehr wichtige nationale Rennen gab – von Australien bis U.S.A. Diese Fahrer sind auch andere Marken des Konzerns gefahren: Zum Beispiel Austin Healey 3000, Healey Sprite, MG Midget, MGA, MGB und weitere. Aaltonen wurde in den Sportentwicklungs- bzw. Testfahrten viel eingesetzt. BMC hat 1968 die Rallyeabteilung aufgelöst, damit sind die Fahrer zu anderen Marken gegangen.
Instruktor für Fahrzeugbeherrschung auf allen Ebenen von Strassenverkehr bis Sport und Behördenaktivitäten.
Das BMW Fahrer Training wurde 1976 von Herren Borries von Breitenbuch als der Leiter und mit Chefinstruktor Rauno Aaltonen begründet und aufgebaut.
BMW „Faszination“-Veranstaltungen, als Initiator und Mastermind für damals einzigartige Promotionsveranstaltungen.
Organisator und Veranstalter in eigener Regie – Seit den 70er Jahren organisiert er Fahrsicherheit-, Motivation- und Erlebnisveranstaltungen.
Der vielseitigste finnische Motorsportler aller Zeiten.
Ritterorden des finnischen Löwen 1. Klasse
Studien – Diplomkaufmann
Autor – Zwei Bücher, ca. 200 Zeitungsartikel über Fahrsicherheit
Hobbys – Segeln, Segelfliegen, Snowmobilenduro, Motorrad, Naturfotografie, historischer Automobilsport
Historischer Rennsport – Europameisterschaftserie auf Rundstrecken in den 90er Jahren: Gesamtsiege auf BMW 1800 TISA in Silverstone und Zolder, Ford Falcon in Schweden.
Historische Rallies – England: Historische RAC Österreich: Historische Alpenfahrt, Planai Classic, 1000 Minuten Klassik, Gesamtsieg Ennstal Classic 1998, 2. Platz bei der 1000 Minuten Klassik 2003, etc.
Text: Rauno Aaltonen
Fotos: Rudolf Schraml