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Ferrari 375 MM Berlinetta (1955), Schätzpreis: 3,2 bis 4,2 Millionen Euro. |
Rund 31,5 Millionen Euro erwartet das Auktionshaus RM bei der ersten Villa-d’Este-Versteigerung einzunehmen. Bei nur 32 handverlesenen Klassikern macht das im Durchschnitt eine Million pro Angebot. Wir haben den Katalog noch einmal durchgesehen und präsentieren die interessantesten Lots.
Bereits im vergangenen Jahr hatte das kanadische Auktionshaus RM beim historischen Grand-Prix-Wochenende in Monaco Klassiker im Wert von 33,3 Millionen Euro veräußert – und damit eines der besten Ergebnisse in der Geschichte der Automobilauktionen verbucht. In diesem Jahr lädt RM Auctions erstmals im Rahmen des renommierten Concorso d’Eleganza Villa d’Este am Comer See zum Klassikerverklauf – und es sollte mit dem Teufel zugehen, wenn das für seine intelligenten PR-Strategien bekannte Hochglanz-Auktionshaus kein weiteres Rekordergebnis verbuchen sollte. Der Verkauf beginnt am Samstag, den 21. Mai, um 20.30 Uhr – also nachdem sich die finanzkräftige Concours-Gesellschaft beim nachmittäglichen Defilée der Automobilikonen im Garten des Grand Hotel Villa d’Este und dem anschließenden Cocktail-Empfang in Kauflaune gebracht hat. Und ein Blick in den Katalog verrät: Einige Klassiker, die in diesem Jahr den Besitzer wechseln, dürften im kommenden Jahr im Wettbewerb zu finden sein. Denn selten war ein Verkaufsangebot derart hochkarätig.
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Alfa Romeo SZ Sprint Zagato Coda Tronca(1962): 260.000 bis 300.000 Euro. | Lamborghini Athon (1980): 150.000 bis 220.000 Euro. |
Allein sechs Automobile stammen aus dem Bertone-Museum – und es dürfte den Verantwortlichen nicht leicht gefallen sein, sich von diesen einzigartigen Designklassikern zu trennen. Höhepunkt unter den Losnummern 108 bis 113 ist entweder der Lamborghini Marzal von 1967 oder der Lancia Stratos HF Zero von 1970 – für beide Konzeptstudien erwartet RM, zwischen einer und 1,8 Millionen Euro einzunehmen. Deutlich günstiger könnte man dagegen in den Besitz eines Lancia Sibilio Concepts von 1978 kommen: Mit bescheidenen 60.000 bis 100.000 Euro liegt der Schätzpreis deutlich unter dem Auktionsdurchschnitt.
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Rolls-Royce Phantom I Springfield Riviera Town Brougham (1929): 490.000 bis 700.000 Euro. |
Wider Erwarten wird am Comer See nicht nur europäische Blechkunst gehadelt. Aus der Bertone-Sammlung stammt auch ein Chevrolet Corvair Testudo, ein Zeugnis der innovativen 1960er-Jahre bei GM, das für 500.000 bis 800.000 Euro in eine private Kollektion wechseln dürfte. Die Klasse einer noch weiter zurückliegenden amerikanischen Epoche verkörpern derweil zwei beeindruckende Sechzehn-Zylinder-Modelle von Cadillac – ein 1938er Sixteen Town Car von Fleetwood für geschätzte 100.000 bis 170.000 Euro und ein 1930er Convertible Berline für 280.000 bis 350.000 Euro. Letzterer trägt eine einzigartige Karosserie des Pariser Karroserievirtuosen Saoutchik und wurde bereits beim Concours d’Elegance im kalifornischen Pebble Beach geadelt.
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Minerva 8 AL Convertible Sedan (1931): 630.000 bis 840.000 Euro. | Ferrari 330 GTC Berlinetta (1966): 175.000 bis 225.000 Euro. |
Aus den für ihren dekadenten Luxus bekannten Zwischenkriegsjahren stammt auch ein Automobil, das einst an seine Hoheit Yeshwant Rao Holkar II, Maharaja des zentralindischen Fürstentums Indore, ausgeliefert wurde: Das 1937 in Sindelfingen aufgebaute Mercedes-Benz 540K Cabriolet wurde von RM Auctions umfassend restauriert und erstrahlt heute in einem wunderbaren Dunkelblau-Metallic. Trotz aller Schönheit hat der Kompressor-Mercedes – wie überhaupt die meisten seiner Schlachtschiff-Zeitgenossen – auch eine bedrohliche Aura, der man mit gebührender Ehrfurcht gegenüber tritt.
Strahlkraft entfaltet auch das auf 3,25 bis 4,25 Millionen Euro geschätzte Bugatti Type 57 SC Atalante Coupé – und zwar im wörtlichen Sinne: Schon im Februar beim Kuwait Concours d’Elegance beeindruckte der 1937 gefertigte Bugatti die Besucher mit seiner gelb-goldenen Lackierung, die dem morgentlichen Sonnenaufgang nachempfunden wurde. Eine wahrhaftige Erscheinung ist auch der Rolls-Royce Phantom I Springfield Riviera Town Brougham von 1929 mit seinen vergoldeten Karosseriedetails und seiner besonderen „Cane Work“-Lackierung, den RM auf 490.000 bis 700.000 Euro schätzt. Als zeitgenössisches Pendent zum Rolls-Royce aus der John M. O’Quinn Collection empfiehlt sich auch der seltene Minerva 8 AL Convertible Sedan von 1931, der zwischen 630.000 und 840.000 Euro liegen dürfte.
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Lamborghini Marzal (1967): 1,0 bis 1,8 Millionen Euro. |
Blättert man im Katalog zu den Klassikern der 1950er und 1960er Jahre, wird es richtig aufregend – zumindest gleichgesinnte Classic Driver dürften beim Anblick der sportlichen Nachkriegs-Ikonen feuchte Finger bekommen. Über den Ford GT40 Works Prototyp Roadster haben wir bereits ausführlich berichtet, unser britischer Kollege hatte im Vorfeld der Auktion zudem die seltene Gelegenheit, am Steuer des Erporbungs-Rennwagens einige Runden zu drehen. Italienische Karosseriebau-Kunst at its best kann man derweil in Form eines wilden, metallicgrünen Bizzarrini 5300 GT Strada von 1968 (380.000 bis 480.000 Euro), eines Alfa Romeo TZ1 Zagato von 1964 (475.000 bis 575.000 Euro) oder eines Ferrari 250 MM Berlinetta von 1953 (2,5 bis 3 Millionen Euro) erwerben – wer bei diesen Sportwagen nicht nervös wird, hat kein Benzin im Blut.
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Lancia Stratos HF Zero (1970): 1,0 bis 1,8 Millionen Euro. | Ferrari 250 MM Berlinetta (1953): 2,5 bis 3,0 Millionen Euro. |
A propos Ferrari: Für 3,2 bis 4,2 Millionen Euro könnte man sich natürlich auch einen Ferrari 375 MM Berlinetta von 1955 leisten – auch diese Rennsport-Ikone durfte Steve Wakefield bereits bewegen. Aus dem Angebot der Maranello-Pferdchen sticht auch der Ferrari 500 TRC hervor – ein von Ferrari Classiche zertifizierter, ehemaliger Targa-Florio-Rennwagen für 2,6 bis 3,3 Millionen Euro. Als Einstieg ins hochpreisige Ferrari-Segment eignen sich derweil „Serienmodelle“ wie der Ferrari 275 GTB/4 von 1967 (725.000 bis 825.000 Euro) oder der Ferrari 250 GT Lusso von 1963 (375.000 bis 425.000 Euro), die man am liebsten auf der Stelle für eine Grand Tour durch das frühsommerliche Tessin entführen würde.
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Ferrari 250 GT LWB California Spyder (1959): 1,6 bis 2,0 Millionen Euro. | Bugatti Type 57 SC Atalante Coupé (1937): 3,25 bis 4,25 Millionen Euro. |
Im Zentrum der Aufmerksamkeit stehen am Samstagabend dennoch die großen Concours-Anwärter – und das sind nicht selten „übliche Verdächtige“ wie das Talbot-Lago T150 C-SS Teardrop Coupé von 1938 (3,1 bis 3,8 Millionen Euro) sowie zwei Delahayes, ein 135 MS Coupé von 1938 (900.000 bis 1,1 Millionen Euro) und ein 135 MS Grand Sport Roadster von 1939 (800.000 bis 980.000 Euro) – allesamt mit Figoni-et-Falaschi-Karosserie. Es sollte uns doch sehr wundern, wenn beim nächsten Concorso d’Eleganza Villa d’Este im Mai 2012 nicht einer dieser drei großen Klassiker für den Titel „Best of Show“ antreten sollte.
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Talbot Lago T150 C-SS Teardrop Coupé by Figoni et Falaschi (1938): 3,1 bis 3,8 Millionen Euro. |
Alle Automobile der RM-Auktion im Rahmen des Concorso d'Eleganza Villa d'Este 2011 finden Sie auch im Classic Driver Automarkt.
Text: Steve Wakefield/ Jan Baedeker
Fotos: RM Auctions