Für eine Testfahrt mit dem stärksten BMW-Roadster im Programm, dem Z4 sDrive 35is, hat sich Classic Driver auf einen Rundkurs durch Hamburgs Innenstadt begeben. Ob der kraftvolle Bayer das fehlende „M“ im Z4-Alphabet ersetzen kann, klärt unser Fahrbericht.
Dass dem weiblichen Designerduo Juliane Blasi und Nadya Arnaout mit dem aktuellen Z4 ein Meisterschnitt gelungen ist, lässt sich auch knapp ein Jahr nach seiner Premiere auf der North American Auto Show in Detroit nicht abstreiten. Gegen das spannungsgeladene Blechle des dynamischen Bayers wirken die Konkurrenten aus Sindelfingen und Zuffenhausen so konturlos wie angetaute Eisskulpturen. Beim BMW Z4 dagegen hat das Exterieur-Desingteam die Dynamik des Roadsters geradezu eingefrostet: Wer dem Z4 begegnet, vermutet schon beim bloßen Anblick, dass es hier nach dem Motorstart ordentlich zur Sache geht. Die 340 PS starke Topversion, der BMW Z4 sDrive35is, kann dieses Versprechen natürlich mit Leichtigkeit erfüllen, verlangt jedoch im Vergleich zur 204 PS starken Einstiegsversion zusätzliche 20.000 Euro – zum 306 PS starken Z4 sDrive35i immerhin 9.000 Euro Aufpreis. Der Grundpreis des „is“ liegt somit bei 56.750 Euro.
Der kraftvolle Auftritt des Zweisitzers wird im Topmodell durch das serienmäßige M-Paket nochmals verschärft – ein kleines Trostpflaster immerhin für das fehlende M-Modell in dieser Generation. Zum M-Paket zählen unter anderem 18-Zoll-Leichtmetallräder (optional 19-Zöller), ergonomische Sportsitze, ein M-Lederlenkrad und eine Aluminium-Pedalerie. Kennzeichnend für den „is“ sind auch die Rückspiegel in Alu-Optik, die zumindest dem Kenner auf Anhieb ins Auge stechen. Ebenfalls zum Serienumfang zählen das 7-Gang-Doppelkupplungsgetriebe und das adaptive, in drei Stufen verstellbare M-Fahrwerk mit zehn Millimeter Tieferlegung. Schnell wird klar: Zumindest die M-Ausstattungsliste ist eigentlich lang genug, um dem Z4 sDrive35i das begehrte Sportabzeichen zu verleihen.
Wie viel M im Roadster steckt, zeigt sich auch nach dem Start des 3,0 Liter Reihensechszylinders mit Twin-Turbo-Aufladung. Die Basis liefert hier das Triebwerk des 35i ohne „s“, das dank überarbeiteter Motorsteuerung zusätzliche 34 PS und 50 Nm leistet. Mittels der neuen Overboost-Funktion steigt das Drehmoment per Knopfdruck sogar kurzfristig von 450 auf 500 Nm an. Das maximale Drehmoment steht dem Fahrer geradezu permanent zwischen 1.400 und 4.500/min zur Verfügung. Eine kurze Beschleunigungsfahrt über die Hamburger Kennedybrücke zwischen Binnen- und Außenalster bestätigt es: Der 35is ist ein wahrer Kraft-Ausdauer-Sportler. Von Null auf 100 km/h benötigt der rund 1,6 Tonnen schwere Zweisitzer nur 4,8 Sekunden, 0,4 Sekunden weniger als der 35i. Da bleibt keine Sekunde Zeit, um den vielleicht schönsten Blick, den Hamburg auf seinen Hauptverkehrsstraßen bietet, zu genießen.
Weiter geradeaus taucht der Z4 in den Wallringtunnel. Mit einem kräftigen Tritt in die Aluminium-Pedale halt ein Klangorchester von den Wänden, wie man es sonst nur von der Boxengasse kennt. Tatsächlich hat der bassig klingende Reihensechszylinder eine motorsportliche Note, die M-Enthusiasten wie Musik in den Ohren klingen wird. Auf unserem „Stadt-Grand-Prix “ brausen wir weiter in Richtung HafenCity. Rechts die historische Speicherstadt, links konträr anmutende Bürotürme und modern-sterile Luxus-Apartments, die hier in diesem Herbst wie die Steinpilze aus dem Boden sprießen.
Am Wendepunkt der Versmannstraße, die Vergangenheit von Zukunft trennt, legt sich der BMW-Roadster noch einmal in die Kurve und beschleunigt kraftvoll auf die Gerade zurück. Auf nasser Straße ist diese Kür nicht so einfach zu meistern, da neigt der is zu leicht unkontrolliertem Übersteuern. Ohnehin kann der Z4 sDrive35is bei der Querbeschleunigung mit den wahren M-Modellen nicht mithalten. Trotz angewähltem Sport Plus-Fahrprogramm, das Dämpferhärte, Einlenkverhalten und Schaltcharakteristik beeinflusst, bleiben spürbare Karosseriebewegungen nicht aus. Das sollte den durchschnittlichen Sportwagenfahrer nicht stören, ein echter M-Enthusiast wird sich dagegen nach etwas mehr Direktheit sehnen.
Auf der großen Runde um die Hamburger Außenalster fliegt der Bayer nach kurzer Beschleunigung an Hamburgs Luxushotels Atlantik und Royal Méridien vorbei und verdeutlicht noch einmal, dass „Nachvorn“ seine Stärke ist und er hier locker mit seinen M-Verwandten mithalten kann. Auch das Cockpit des stärksten Z4 vermittelt reichlich M-Atmosphäre: Die ergonomisch geformten Sportsitze bieten einerseits angemessenen Langstreckenkomfort, anderseits festen Halt bei sportlicher Fahrweise. So auch das extra-dicke M-Lederlenkrad inklusive Schaltwippen, das auch aufgeregten Fahrerhänden so viel Grip bietet, wie ein frisch verlegtes Griffband auf dem Tennisschläger.
Fazit: Mit dem Z4 sDrive35is stellt BMW einen überaus kraftvollen und emotionalen Roadster auf den Asphalt, der reichlich Fahrspaß bietet. Trotz M-Ausstattung und Leistungssteigerung fehlt dem stärksten Z4 im Modellprogramm am Ende jedoch der letzte Biss, um zu seinen M-Brüdern aufzuschließen. Und das wundert eigentlich nicht – schließlich wissen es die Bayern doch am besten, welchem Sportwagen sie das wertvolle M-Abzeichen verleihen.
Text & Fotos: Jan Richter