Direkt zum Inhalt

Magazin

BMW Formel Workshop: Alles auf Anfang

Wer bislang glaubte, er könne zügig auf vier Rädern unterwegs sein, wird auf dem ehemaligen Militärflughafen in Groß-Dölln eines Besseren belehrt. Denn dort zeigt das Team von Formula BMW in echten Formel Rennern, was Jungs von Männern unterscheidet. Classic Driver ist zum schweißtreibenden Spaß angetreten.

Schon die Anfahrt zu dem Racetrack ist speziell. Irgendwo im Nirgendwo, rund 80 Kilometer vor Berlin, liegt der seit Jahren stillgelegte Militärflughafen Groß-Dölln. Erbaut von der sowjetischen Besatzungsmacht, um den Austausch russischer Soldaten vorzunehmen, fand das riesige Areal nach der Wende keine Verwendung mehr und zerfiel. Durch die Dächer der Häuser der einstigen Garnisionsstadt wachsen mittlerweile die Bäume, aber das riesige Flugfeld ist nach wie vor in Betrieb. Jedoch landen hier nur noch selten Flugzeuge, vielmehr drehen verschiedene Firmen mit Test-und Erprobungsfahrzeugen ihre Runden. Um die Tristesse des Flugfelds aufzuheitern, haben sich die Macher des Driving Center Groß-Dölln etwas Besonderes einfallen lassen und legten inmitten der Fläche eine rund 2,5 Kilometer lange Rennstrecke an. Fein garniert mit Senken und Haarnadelkurven, denn der Kurs soll ja auch anspruchsvollere Gemüter befriedigen.

BMW Formel Workshop: Alles auf Anfang BMW Formel Workshop: Alles auf Anfang

Offenbar hallte das Wummern der Motoren bis München, Sitz der Formula BMW Racing Experience. Das Team der Münchner betreut die Formel Rennwagen, die schon Topfahrern wie Sebastian Vettel oder Nico Rosberg erste Schritte im Formel-Sport ermöglichten. Doch neben der Ausbildung von künftigen Weltmeistern haben sich die Jungs von BMW auch den Spaß mit den 465 kg schweren Renner auf die Fahne geschrieben. Grund genug, auch Hobbyrennfahrern den Traum ihres Lebens zu ermöglichen: Einmal im Formel Renner unterwegs zu sein.

Wie bei Sebastian, Nico und Co. heißt es dafür aber zunächst einmal schwitzen. Also raus aus den bequemen Sommerklamotten und rein in den feuerfesten Rennoverall. Dazu schmale Pedaltreter und Sturmhaube. Spätestens jetzt wird klar: Spielen war gestern. Hier beginnt der Ernst des Lebens. Nach einer kurzen Theorierunde über und am Fahrzeug die erste Herausforderung: Die 140 PS starken Renner scheinen offenbar für die Maße des schmächtigen Herrn Vettel konstruiert worden zu sein. Meine 85 Kilogramm und 185 Meter Länge falten sich jedenfalls nur unter Mühen in das spartanische Cockpit. Helfer des Formula BMW Racing Teams reichen mir das abgeflachte Wildlederlenkrad, rücken die dürren Sitzpolster zurecht und zurren mich mit dem Sechspunkt-Gurt brutal in den Sitz. Nur noch die Chassisverkleidung aufgesteckt und meine erste Runde im Formel Renner kann losgehen.

BMW Formel Workshop: Alles auf Anfang BMW Formel Workshop: Alles auf Anfang

Die Pedale stehen so schmal beieinander, dass der Sinn der zuvor belächelten Pumaschuhe schnell klar wird. Wieder erwartend gelingt der Start dann doch einigermaßen. Mit etwas Gefühl flitzt der von einem Motorradmotor befeuerte Renner los. Doch schnell wird deutlich, mit herkömmlicher Fahrweise kommt man zwar heil um den Kurs – wer schnell sein will, muss aber Umdenken. Der BMW fordert eine harte und schnelle Hand. Gas, Bremse und vor allem das Schalten mit dem kurzen Hebel wollen in Bruchteil von Sekunden koordiniert werden. Dazu arbeitet das Gehirn unablässig den Streckenverlauf ab. Ging es hinter der Kuppe rechts oder links? Wo war der richtige Einlenkpunkt für die Spitzkurve? Zeit zum Nachdenken bleibt kaum, denn der Vierzylinder will bei Laune gehalten werden. Nach acht Runden werden die Abläufe flüssiger, die Streckenkenntnisse besser. Doch der Respekt vor den Herren Vettel und Co. steigt. Denn auch in Bahrain dürfte die Tagesdurchschnittstemperatur deutlich über den 25 Grad von Groß-Dölln liegen und die verursachen schon eine zunehmende Durchfeuchtung des Rennanzuges, von der Hitze unter dem Helm ganz zu schweigen.

Doch egal, das Pacecar, ein wohl gefederter und klimatisierter BMW M3, wird von Runde zu Runde schneller und die aus sechs Fahrzeugen bestehende Meute treibt das Tempo voran. Der BMW FB02, so sein offizieller Name, verzeiht dabei viele Fehler, aber eben nicht alle, wie der Dreher am Kurvenausgang beweist. Doch das gehört dazu und hinterlässt außer etwas Kies auf der Fahrbahn keine Spuren.

BMW Formel Workshop: Alles auf Anfang BMW Formel Workshop: Alles auf Anfang

Nach unzähligen Runden fällt dann die Flagge. Auf zum Freien Fahren. Und es ist wie ein wahr werdender Kindheitstraum. Das Auf und Ab der Strecke verschmilzt mit den erlernten Fahrabläufen zu einem perfekten Ganzen. Schnelligkeit ist plötzlich keine Hexerei oder Frage von PS mehr, sondern im Wesentlichen vom persönlichen Geschick. Dass bei allem Spaß die Sicherheit gewahrt bleibt, ist Sache der Instruktoren, deren mahnende Anweisungen bei allzu übermütigen Fahrmanövern per Headset ins Cockpit kommen. Rennfahrersein heißt eben auch Disziplin beherrschen.

Irgendwann, als die Sonne am Horizont das Areal von Groß-Dölln in ein dramatisches Rot färbt, rollt der FB 02 in die Box. Der Rennanzug ist ein Fall für den Wäschetrockner, der geschundene Rücken ruft nach dem Physiotherapeuten und meinem Bankberater drohen Nachverhandlungen über den Dispokredit. Denn, auch wenn der Tagesspaß mit 1.200 Euro kein Schnäppchen ist, ist eines klar: Wir sehen uns wieder, der FB02 und ich. Auf einer der Rennstrecken dieser Welt. Und vielleicht schaut bei meinen nächsten Runden ja der ein oder andere Teamchef mal zu.

Weitere Informationen zur Formula BMW Racing Experience finden sich unter bmw.de.

Text: Sven Jürisch
Fotos: Dederichs Reinecke & Partner