Neues Spiel, neues Glück. Die zweite Auflage des kompakten BMW 1er steigt ab sofort in den Ring um den Titel des attraktivsten City-Cruisers. Ob er dabei mehr als nur eine gute Figur macht, klärt unser Fahrbericht.
Im zweiten Anlauf setzt BMW beim neuen Einser alles auf die Lifestyle-Karte. Nicht mehr alternde Kosmetikaußendienst-Mitarbeiterinnen sollen den Weg in den praktischen Fünftürer finden, sondern vor allem auch junge, sportliche und dynamische Zeitgenossen, die die Botschaft der Marke in die Welt tragen. BMW hat dazu das Design des 1ers kräftig modernisiert. Das Auto wirkt durch seine gewachsenen Abmessungen dynamischer und präsenter auf der Straße. Die Front fügt sich nahtlos in die restliche BMW-Familie ein und die markante Tornadolinie lässt keine wehmütigen Erinnerungen an den Vorgänger aufkommen. Schön aber auch praktisch, so lautete das Credo von Designer Nicolas Huet. Das unterstreichen großzügig öffnende Türen und eine weit aufschwingende Heckklappe ebenso, wie der problemlose Einstieg auf alle vier Plätze. Neue Freiheiten bieten sich auch im Innenraum, denn erstmals können im BMW 1er auch Erwachsene längere Distanzen auf den Fondsitzen problemlos überstehen. Gepäck darf ebenfalls mit auf die Reise; der Kofferraum ist mit 330 Litern nicht nur gewachsen, er ist dank asymmetrisch teilbarer Rückbank auch variabler geworden.



Aus Tradition hielt BMW auch bei diesem 1er noch an dem fahrdynamisch überlegenen Heckantrieb fest, wenn auch diese Lösung deutlich teurer ist als der klassenübliche Vorderradantrieb. Die Entkoppelung der Antriebsräder von der Lenkarbeit sorgt beim neuen BMW 1er für ein sportlich-präzises Fahrverhalten, was sich insbesondere durch ein zackiges Einlenken und eine hohe Spurtreue bemerkbar macht. Allzu übermütigen Fahrern versetzt der 1er in Kurven mit einem angedeuteten Heckschwenk zwar eine kurze Schrecksekunde, doch die Fahrdynamiksysteme bereinigen die Situation stets zuverlässig. Dabei bleibt der BMW gutmütig und leicht zu beherrschen, vermittelt aber jenen Fahrspaß, den die BMW-Kundschaft seit Jahren schätzt. Noch mehr Dynamik gibt es mit dem Sport-Programm, aktivierbar durch einen Fahrerlebnisschalter in der Mittelkonsole. Mit ihm kann der Fahrer das Ansprechverhalten von Lenkung, Motronic und, gegen Mehrpreis, des Aktivfahrwerks beeinflussen. Damit wird der kleinste BMW zwar auch nicht zum Rennwagen, macht aber auf winkligen Strecken spürbar mehr Fahrspaß, ohne deshalb zum ungehobelten Rowdy zu mutieren.



Motorisch übernehmen eine Reihe komplett überarbeiteter Vierzylinder die Pace. Ob die famosen BMW-Sechszylinder jemals in dem langen Bug Einzug halten werden, steht derzeit noch nicht fest. Los geht es mit dem 136 PS starken 116i, dessen wenig verlockende Papierdaten die Wahl des 118i mit turbogeladenen 170 PS ratsam erscheinen lassen. Doch der technisch aufwändige (Doppelvanos, Twinscroll-Lader und Direkteinspritzung) Motor enttäuscht, fühlt er sich trotz seiner nominell hohen Leistung blutleer an. Emotionslos treibt er den BMW 1er binnen 7,4 Sekunden auf 100 km/h, erst bei 225 km/h verlassen ihn die Kräfte. Die spontane Durchzugskraft und Drehfreude, die man etwa von dem 2,0-TFSI-Motoren des VW-Konzerns kennt, sucht man hier vergebens. Immerhin kann der Motor dank zahlreicher Effizienzmaßnahmen (Stopp-Start ist Serie) mit einem niedrigen Verbrauch von 5,8 Litern auf 100 Kilometern glänzen und bügelt mit einem CO2-Ausstoß von 134 g/km die Umweltbilanz von BMW auf.


Die bessere Wahl sind daher die beiden drehmomentstarken 2,0-Liter-Vierzylinder-Dieselmotoren. Insbesondere in Verbindung mit der neuen Achtgangautomatik sichern diese Aggregate mit 143 PS (118d) und 184 PS (120d) ein hohes Maß an Fahrspaß und machen mit Verbräuchen um 4,5 Litern auch an der Zapfsäule eine gute Figur. Für besonders Sparsame lohnt das Warten auf den ab Winter lieferbaren 116d Efficiency Edition, mit einem Verbrauch von unter 4,0 Liter auf 100 Kilometer.



Doch nicht Sparsamkeit war das zentrale Thema, sondern die Schaffung eines Lifestyle-Autos. Dafür ersann die Marketingabteilung erstmals in der Geschichte von BMW ein neues Ausstattungskonzept. Die beiden Linien „Sport“ und „Urban“ buhlen mit unterschiedlichen Akzenten um die jeweiligen Zielgruppen. Ob allerdings der an die Achtzigerjahre erinnernde Look der Urban-Version mit weißen Alufelgen und allerlei Apple-affinem Zierrat dazu geeignet ist, die Lifestyle-Generation 2.1 zu begeistern, mag dahingestellt sein. Einfacher hat es die Sport-Ausführung, die auf Dynamik setzt. Ansehnliche Alufelgen, modifizierte Ziergitter und diverse Innenraumapplikationen sorgen für ein unaufdringliches Ambiente. Wer dann noch in die etwas zu engen Sportsitze passt und eine bequeme Haltung hinter dem wulstigen Dreispeichen-Sportlenkrad findet, wird dieser Linie vorziehen.


Mit einem Grundpreis von 23.850 Euro bietet BMW den Einstieg in die Welt der urbanen Dynamik. Schnell wird jedoch beim Studium der Preisliste klar: Wer schön sein will, muss leiden. Alles, was den BMW 1er wertvoll macht, geht extra. So auch die zahlreichen Elektronikfeatures aus dem Baukasten der Bayern: Abstandswarner, Parksensor oder Geschwindigkeitswarner – alles lieferbar, allerdings nur gegen teilweise üppige Aufpreise. Bestellt man dazu noch die gelungenen Adaptionsmöglichkeiten für das iPhone und die BMW Connected Drive, kommt der Endpreis schnell in Regionen, in denen sich bereits der hauseigene 3er tummelt. Doch gerade die Möglichkeit, aus dem Einsteiger seinen persönlichen City-Cruiser zu kreieren, ist es, die aus dem BMW 1er einen echten Aufsteiger macht.
Text: Sven Jürisch
Fotos: BMW