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Blower Bentley: Geliebte Dampflok

Er schrieb ein großes Stück Automobilgeschichte und brachte den Bentley Mythos erst so richtig in Bewegung: Der „Blower“ Bentley. Wir fuhren mit einem originalen 4 1/2 Liter „Blower“ Bentley auf der Kitzbüheler Alpenrallye und hatten einige himmlische Eindrücke.

Blower Bentley: Geliebte Dampflok Es folgt eine lange Rechtskurve hinter dem Ortsausgang, das Roadbook zeigt, es geht in Richtung Alpenpässe hinauf. Oben auf den Bergspitzen glitzert noch Schnee. Wir fahren frühmorgens in einen dunklen schweigenden Wald hinein, durch den sich die Straße wie eine nasse schwarze Linie zieht. Die Fahrt wird jetzt schneller. Aber die Kühlertemperatur ist immer noch bei 60 Grad Celsius, zu wenig, um das Potential des 4 1/2 Liter Vierzylinder Kompressortriebwerks mit vier Ventilen pro Zylinder und obenliegender Nockenwelle auszukosten. Fahrer & Owner Robert Fink hat im Gefühl, wie viel Touren das Kompressor Trieb-werk unter diesen Bedingungen vertragen kann, in den ersten Steigungen wird die schwere Maschine wohl wärmer werden.

Vrrroooom – donnert der 4 1/2 Liter Blower Bentley mit der Chassisnummer MS 3950, als wir durch einen der vielen Alpentun-nel poltern und an den neblig dunklen Häusern der Kitzbüheler Berglandschaft vorbeieilen. Ein ganzes Kraftwerk auf Rädern aus dem Jahre 1931 ist unterwegs. Wir sind auf der ersten Etappe der Kitzbüheler Alpenrallye. Es ist noch saukalt und regnerisch draußen. Ich kann meinen Atem sehen. Die Kitzbüheler Alpenrallye hat sich unter den großen Klassik Rallyes auf dem europäischen Kontinent mittlerweile wohlfein etabliert. Sie ist weit über die Grenzen Österreichs bekannt und hat das Zeug, eine der ganz großen Veranstaltungen im europäischen Terminkalender zu werden. Mehr noch, jeder Teilnehmer wird dies bestätigen können, sie hat ihr ganz besonderes Flair.

Langsam macht sich der kalte Fahrtwind unangenehm bemerkbar. Wir tragen zwar dicke Mützen und Brillen über Kopf und Ohren, aus denen nur das Gesicht schaut, aber der kalte Fahrtwind schneidet wie mit Messern in die Haut. Ich rutsche weiter runter ins Cockpit, so dass meine Knie zwischen den Bordwerkzeugen und den beiden Enots Tropfölern eingeklemmt sind, das gibt Schutz.

Aurach und Jochberg fliegen vorüber. Einige Frühaufsteher stehen vor ihren Häusern und winken uns freundlich zu. Der Bentley fährt mit unverminderter Geschwindigkeit von etwa 100 km/h in die ersten Steigungen hinein. Die Strecke hat jetzt mehr Kurven und schraubt sich gemächlich in den Berg. Pass Thurn in 5 km steht auf einem Schild. Neblige Wälder wechseln mit Wiesen und offenen Landstrichen. Robert schaut mich erwartungsvoll an: „G’fällts dir?“ will er wissen. Jetzt kommt die Maschine, die er liebevoll „Lokomotiv“ oder „Kohlenkasten“ nennt, lang-sam auf Temperatur. 80 Grad Celsius sind in Ordnung. Es beginnt das interessanteste Stück der Etappe...weiter

Text & Fotos: Michael Kliebenstein