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Bentley Continental T Mulliner Personal Commission: Gelbfieber

Individualisierung ist ein Begriff von zunehmender Bedeutung in unserer heutigen automobilen Welt, in der es immer weniger herausragende, wirklich eigenständige Automobile mit einem ganz persönlichen Charakter gibt. Natürlich herrscht speziell am oberen Ende der Preisskala eine große Nachfrage nach individualisierten Fahrzeugen, denn der betuchte Automobilliebhaber möchte nicht in einem identischen Fahrzeug vorfahren wie sein Nachbar.

Bei Bentley Motors erhielt der Wunsch der Individualisierung und Personalisierung einen Namen: Mulliner. Was vor über 240 Jahren als Kutschenbaubetrieb H.J. Mulliner begann, ist spätestens seit den 50er Jahren des 20. Jahrhunderts als exklusiv für Rolls-Royce & Bentley tätiger Karosseriebauer unter dem Namen Mulliner-Park Ward ein Begriff. Nach der Trennung von Rolls-Royce und Bentley ist der traditionsreiche Name als Label für das „Personal Commissioning“ bei Bentley Motors erhalten geblieben.

Bentley Continental T Mulliner Personal Commission: Gelbfieber Ein außergewöhnliches Beispiel für die Möglichkeiten des Personal Commissioning soll im Folgenden vorgestellt werden. Ein außergewöhnliches Automobil, das schon jetzt nicht nur unter Bentley-Freunden ein Klassiker ist und das Ende einer Ära bei der urbritischen Traditionsmarke markierte: Der Bentley Continental T Mulliner, Fahrgestellnummer SCBZU25E12CX01517.

Der Bentley Continental T mit dem traditionsreichen 6,75-Liter-V8 plus Turbolader mobilisiert in seiner letzten Evolutionsstufe 426 PS und das seinerzeit gewaltigste Drehmoment eines in Serie (sofern man hier davon sprechen mag...) produzierten Pkw von unglaublichen 875 Nm, die bereits bei entspannten 2.200/min anliegen. Mit seinem im Vergleich zum zurückhaltenderen Continental R um zehn Zentimeter verkürzten Radstand war die Position des Continental T in der Bentley-Produktpalette ohnehin diejenige des Sportlers, welche er durch seine zwar merklich, aber nicht übertrieben stark verbreiterten „Backen“ — sprich: Kotflügel — auch optisch untermauert.

In der Mulliner-Version waren die Fahrzeuge mit verschiedenen exklusiven Ausstattungsmerkmalen versehen, die dem normalen Continental T vorenthalten waren. Auf die Spitze getrieben wurde die Individualisierung dann in den Jahren 2001 und 2002, den letzten Produktionsjahren des Continental T: Der Bentley Continental T Mulliner Personal Commission schlug mit über 900.000,-DM bzw. über 460.000,-€ zu Buche! Ein nicht-personalisierter Continental T Mulliner war im Vergleich für „nur“ 687.083,-DM oder 351.300,-€ zu haben.

Bentley Continental T Mulliner Personal Commission: Gelbfieber Bentley Continental T Mulliner Personal Commission: Gelbfieber

Bentley Motors stellten in der zweiten Jahreshälfte 2001 einen Vorführwagen auf die riesigen Räder im Format 285/45 ZR18, um das maximal Machbare in Fragen der Personalisierung eindrucksvoll zu demonstrieren. Um den Effekt noch zu verstärken, kreierte man für den später dem Vernehmen nach an Sir Elton John verkauften „Demonstrator“ eine ebenso sensationelle, wie für die Marke Bentley untypische Farbe: Monaco Yellow. Das satte Gelb des mächtigen rechtsgelenkten Coupés animierte den als automobilen Verbalvirtuosen geschätzten Eckhard Eybl dazu, seinen Fahrbericht über Bentleys jüngste Schöpfung in „auto, motor und sport“ 11/2001 mit dem Titel „Sonnenkönig“ zu überschreiben.

Und dieser Artikel war es, der zur Entstehung unseres Feature-Fahrzeugs führte: Ein Enthusiast aus Bremen las, wie Eckhard Eybl in Formen und Leistung des gelben Bentley schwelgte und beschloss, von einer bislang unbekannten Art des Gelbfiebers erfasst, auch einen solchen „Sonnenkönig“ in seine Garage einzuladen. Im März 2002 war es dann so weit: Der örtliche Bentley-Vertragshändler Tamsen lieferte den Continental T Mulliner „Personal Commission“ mit der Fahrgestellnummer SCBZU25E12CX01517 aus — und zwar in eben jenem strahlenden „Monaco Yellow“, welches auch der ehemalige Werkswagen zur Schau trägt.

Bis heute blieben diese beiden Exemplare die einzigen in dieser Farbe. Jedoch wurde unser Fahrzeug natürlich als Linkslenker geliefert. Das „Personal Commissioning“ bereitete dem Kunden sichtlich Freude, wie ein Blick auf die Liste der Extras verrät: Da „Monaco Yellow“ eine Sonderfarbe war, schlug sie mit 4.600,-€ zu Buche. Das sensationelle silbergraue Lederinterieur, dessen gestepptes Wabenmuster die Form der Gittermaschen des traditionellen Bentley-Kühlergrills aufgreift und in das zudem pro Sitz ein geflügeltes „B“ geprägt ist, verschlang weitere 8.247,-€. Auf der aluminiumbeplankten Mittelkonsole macht sich der rote Starterknopf prächtig. Doch auf Kundenwunsch wurde auch hier optimiert, und so findet sich der kleine Schalter, der bei jeder Betätigung einen Effekt auslöst, der sich am besten mit „6,5 auf der Richterskala“ beschreiben lässt, nun nicht mehr in der vertikalen Fortsetzung der Mittelkonsole im Bereich der Armaturentafel, sondern im horizontalen Teil der Mittelkonsole, in Nachbarschaft zum Automatikwählhebel. Also genau dort, wo die Hand ihn sucht. Ein kleiner Sonderwunsch für 2.401,-€.

Bentley Continental T Mulliner Personal Commission: Gelbfieber Bentley Continental T Mulliner Personal Commission: Gelbfieber

Seine Privatsphäre war dem Käufer viel Wert, wie eine 3.340,-€ teure, elektrisch betätigte Jalousie vor der Heckscheibe beweist. Mehr Nutzwert als Luxusappeal hat das eingebaute Becker Online Com Navigationssystem — obgleich die nette Dame, die dem Bentley-Lenker die Richtung diktiert, ungemein sexy klingt. Kombiniert mit einem CD-Wechsler für sechs Tonträger notierten die Couturiers in Crewe hierfür 4.478,-€, gekoppelt an einen Betrag von weiteren 1.828,-€ für stärkere Lautsprecher mit dazugehöriger Endstufe. Die Batterieverstärkung, die nötig wurde, um den maximal 273 km/h schnellen Konzertsaal mit ausreichend Energie zu versorgen, verursachte zusätzliche Kosten von 5.110,-€. Wenn man sich über die eleganten, in Chrom schimmernden Einstiegsleisten mit dem dezent eingelassenem Schriftzug „Mulliner“ in die sportlich straffen und doch zugleich ungemein behaglichen Ledersitze schwingt, kommt man gar nicht auf den Gedanken, dass für eben diese nach Kundenwunsch angefertigten Leisten einmal 23.220,-€ extra berechnet wurden — zu perfekt und stimmig erscheinen sie im Gesamtbild des Fahrzeugs.

Bentley Continental T Mulliner Personal Commission: Gelbfieber Bentley Continental T Mulliner Personal Commission: Gelbfieber

Kleine Spielereien, wie z.B. die niedlichen Bentley-Embleme von circa vier bis fünf Zentimetern Durchmesser, von denen sich jeweils eines auf der entlang der Fahrzeuginnenseite umlaufenden Aluminiumleiste in Höhe jedes Sitzplatzes befindet, fallen mit ihren Extrakosten von 1.616,-€ nicht sonderlich ins Gewicht. Apropos Gewicht: Damit das gelbe zweitürige Lustschloss seine 2.450 kg Leergewicht auch optimal verzögert, packen in diesem Bentley vier Alcon P80A-Bremsen — notfalls unbarmherzig — zu; ein Sicherheits- und Fahrdynamik-relevantes Extra, das kurze Zeit später übrigens serienmäßig in der Sonderedition der „Final Series“ des Continental R und des Azure verbaut wurde. Die sportiven Sonderfelgen des Sonnenkönigs schwächten das wohlgefüllte Portemonnaie des Erstbesitzers um weitere 22.400,-€. Wer fragen muss, kann sich einen solchen Bentley ohnehin nicht leisten, und somit gab es auch die beiden stilechten Bentley-Regenschirme nicht geschenkt (215,-€). Insgesamt stand unter dem Summenzeichen der Extraliste ein Betrag von 105.613,-€ — ein Wert, bei dem sich selbst im Vereinigten Königreich so manche steife Oberlippe zumindest für einen kurzen Moment des Erstaunens und der Anerkennung verziehen würde.

Auch für den Erstbesitzer dieses außergewöhnlichen Automobils war letzteres offensichtlich zu schade für den profanen Alltagsgebrauch, sondern vielmehr etwas, das es gentleman-like zu genießen galt. Daher zeigte der Kilometerzähler auch einen Stand von nur 14.500 an, als das sensationelle Fahrzeug in die Hände seines zweiten Eigentümers überging, eines langjährigen Bentley-Connaisseurs. Ein Ausflug nach Spa-Francorchamps führte ihm und dem Autor abermals nachhaltig vor Augen, dass solch herrschaftliche Fahrzeuge, die den besonderen Geschmack und Stil ihres stolzen Besitzers ausstrahlen, und ihm gleichzeitig erlauben, die berühmt-berüchtigte Eau Rouge glatt zu bügeln wie eine Falte im Morning Dress, auch bei Bentley nicht mehr gebaut werden.

Bentley Continental T Mulliner Personal Commission: Gelbfieber Nur 341 Bentley Continental T wurden zwischen 1997 und 2002 produziert, 107 davon als Rechtslenker. Nur 51 Exemplare kamen neu nach Deutschland. Von den raren 341 Fahrzeugen wurden insgesamt nur 23 die im Hause Mulliner veredelt, immerhin zehn davon für deutsche Bentley-Enthusiasten. Diese Zahlen garantieren auch in Zukunft höchste Exklusivität und Wertzuwachs — insbesondere natürlich für ein einmaliges Fahrzeug in einer einmaligen Farbe.

Sollte Sie nun ebenfalls das Gelbfieber erfasst haben, gäbe es eventuell schon bald eine Heilungschance: SCBZU25E12CX01517 wird versteigert! Und wo sonst könnte man einen Bentley Continental T Mulliner „Personal Commission“ in Monaco-Gelb passender anbieten als in... Monaco! Unser gelber Star wird im Rahmen der „Légende et Passion“-Auktion von Coys of Kensington am Samstag, dem 15. Mai 2004, im Espace Fontvieille in Monaco unter den Hammer kommen. Und wer weiß... vielleicht sind Sie ja der nächste Sonnenkönig!

Vorab können Sie das Fahrzeug im Bestand von Pyritz Yellow Racing besichtigen.

Text & Fotos: Andreas Birner