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Tiefe Einblicke in die belgische Klassikerszene beim Zoute Grand Prix

Mögen belgische Autosammler auch diskret und bescheiden wirken – ihre Autos sind es keineswegs. Auch wenn uns der Zoute Grand Prix nur einen ersten Einblick in die dortige Automobilszene gewähren konnte, so reichte er aus, um schon bald zurückkommen zu wollen.

Während meines Aufenthalts an der belgischen Kanalküste hörte ich eine Menge Geschichten der geheimnisumwitterten Art. Eine Person kannte einen Nachbarn, der angeblich 100 Autos in seinen Garagen untergestellt hatte. Eine andere war 30 Jahre lang mit einer Person befreundet und erfuhr erst vor kurzem, dass diese einen Ferrari 308 und eine Alfa Giulietta vor neugierigen Augen verbarg. Unter diesem Eindruck stehend, ist man beim ersten Treffen mit einem belgischen Sammler fast schon automatisch geneigt zu fragen: „Und welches automobile Meisterstück haben Sie in Ihrer Garage versteckt?“ Zum Glück gibt es ja einige Events im belgischen Kalender, die den Schleier des Mysteriösen zumindest ein wenig lüften. Wie etwa den Zoute Grand Prix am vergangenen Wochenende.

Fünf in einem 

Zum Programm des zum achten Mal ausgetragenen Zoute Grand Prix zählten neben einem Concours d’Elegance eine Rallye, eine Auktion, eine GT-Tour und eine Open Air-Show für die heutigen Top-Marken. Für den belgischen Investmentberater Jan De Rue, mit dem ich auf dem Rasen des Concours ins Gespräch kam, liegt der Reiz des Events in dessen Vielseitigkeit: „Für mich ist der Zoute Grand Prix eines der besten Autoevents in Europa, eine perfekte Mischung aus Rallye, Concours d’Elegance, großen GT-Klassikern und modernen Supersportwagen auf den Straßen von Knokke-Heist. Es ist ein Format, das sich an alle Gruppen von Autoliebhabern wendet und große Zuschauermassen anzieht.“ 

Von klassisch bis modern

Während die Ausstellungen der heutigen Spitzenmarken eher jüngere Fans anlockten, bot die mitten durch die Innenstadt des Seebades Knokke-Heist führende Rallye für alle Zuschauer eine große Gelegenheit, Klassiker in ihrer natürlichen Umgebung zu erleben. Alex von Mózer, Gründer von Very Superior Old Cars (VSOC), nahm vor zwei Jahren in einem 4½-Litre Bentley von 1928 an der Rallye teil und amüsierte sich prächtig. „Die Belgier wissen, wie man eine gute Party veranstaltet.“ Auch Lamborghini-Historiker und Broker Olivier Nameche genoss die Veranstaltung, fand aber einen kleinen Fehler: „Es ist schade, dass die Rallye für Fahrzeuge der Baujahre vor 1965 reserviert ist. Speziell für mich, da ich so nur mit einem Vorserien-Lamborghini 350 GT teilnehmen darf. Doch die Qualität der Autos ist jedes Jahr wunderbar; es gibt immer ein oder zwei richtige Starmodelle.“

Mit offenen Armen

Während unseres Besuchs wurde auch deutlich, dass belgische Sammler keine nationalen Vorlieben oder Vorurteile pflegen. Sie wählen das Beste vom Besten, sei es aus Italien, Deutschland, England oder Frankeich. Bernard Marreyt, Besitzer und Gründer von Marreyt Classics – Twin Cam, sieht das genauso: „Autos waren den Belgiern immer schon wichtig. Im frühen 20. Jahrhunderts gab es hier über 100 Automobilmarken, und nach dem Zweiten Weltkrieg lief die Produktion dank der Werke von Volvo, Opel, Ford und Renault weiter. Wir lieben Autos aus der ganzen Welt.“ 

Viel Erfolg korreliert mit vielen Staus

Die stärkere Präsenz ausländischer Autos beim Zoute Grand Prix deutete auf eine internationalere Bandbreite an Zuschauern und Teilnehmern hin. Eine Beobachtung, die Kristoffer Cartenian, Verkaufsleiter von Gipimotor, teilt: „Wir haben den Zoute Grand Prix seit den Anfängen beschickt und stellen über die Jahre eine stetig steigende Qualität der Fahrzeuge fest. Sehr erfreulich zugleich, dass die Teilnehmer immer internationaler werden, was dem Event auch sehr gut tut. Ich habe gehört, dass über das ganze Wochenende über 200.000 Zuschauer gekommen sein sollen. In der Tat stand ich bei der Heimfahrt erst mal in einem dicken Stau – das ist mit Blick auf die Besucherzahlen immer ein guter Indikator.“ 

Best of show an Aston Martin

Während am Samstag Wind und Regen den Concours ein wenig trübten, kam die Sonne am Sonntagmorgen heraus. Lang genug auch, um noch durchgeweichten Zuschauern und den Jurymitgliedern einen guten Blick auf die Teilnehmer zu verschaffen. Niemand sollte ganz ohne Preis nach Hause gehen – daher gab es neben Pokalen für alle zwölf Klassen – von „1920 Tourers“ bis „Ferraris of the Modern Era“ –noch elf Auszeichnungen für spezielle Exemplare, darunter „Best Preserved Car“, „Coup de Coeur Award“ und „Most Iconic Car“. Und auch wenn es gleich drei Klassen zur Feier des 70. Geburtstags von Ferrari gab, ging der Preis „Best of Show“ nicht an ein Pferd aus Maranello, sondern an eine britische Schönheit aus der Ära David Brown – den Original-Aston Martin DB5 von 1964 aus dem James Bond-Film Goldfinger. Heutzutage bieten sich für unterhalb des allgemeinen Radars operierende Sammler nicht allzu viele Möglichkeiten, ihre Fahrzeuge diskret ins Rampenlicht zu rücken. Doch bei seltenen Gelegenheiten wie dem Zoute Grand Prix will man den Anblick ihrer Schätzchen nicht missen. 

Fotos: Sébastien Nunes für Classic Driver © 2017

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