Das nenne ich einen Warm-up nach Maß. Rechtzeitig vor dem Oldtimer-Grand-Prix am Ring heizten die diesjährigen Silverstone Classics die Stimmung im Paddock an der Pitlane und auf der Piste weiter auf. Mit mehr als 1.000 gemeldeten Teilnehmern, die sich in 24 Rennen ambitioniert sportlich begegneten, darf sich die Veranstaltung zu Recht zu den Großen der Welt zählen. Ob nun historische Rennwagen, GTs, Limousinen oder Monoposto – in Silverstone galt die Parole der Mobilmachung über zahlreiche Epochen hinweg. Rund 7.000 Besucher waren selbst mit klassischen Fahrzeugen angereist. Entsprechend opulent präsentierten sich die Parkplatzflächen. Und rund 100 Markenclubs trugen letztlich ihren Teil zum Gelingen bei. Kein großes Kino, sondern echtes Leben!




50 Jahre AC Cobra, rund 230 BMW Z-Modelle und ein Ferrari-Meeting vom Feinsten sorgte für beste Stimmung auch außerhalb der Rennstrecke. 60 Ferrari F40 auf einem Haufen dürften in der Tat als per se meldepflichtige Versammlung betrachtet werden. Der 25. jährige Geburtstag dieses Fahrzeug jedenfalls bot Anlass genug, die potenten Supersportwagen zusammenzutrommeln. Natürlich durfte da auch die Ehrenrunde nicht fehlen. Pünktlich um 12:30 trommelte der Rittmeister seine Cavallini Rampanti zusammen – und los ging‘s. Welch ein Spektakel.
Das bot fraglos auch ein klassischer Ferrari vom Schlage eines 250 SWB. Das Auto von Jackie Oliver und Gary Pearson fuhr zuvor bei der RAC TT Trophy eigentlich erkennbar auf Sieg. Doch dann das. Qualm! Und zwar, wo er nicht hingehört. Nummer 60 fiel tatsächlich aus. Kurz vor Schluss. „Retired“ sagen die Briten dazu so schön. Nick Naismith und John Young konnten den Sieg damit für Aston Martin sichern. Ein im besten Sinne klassisches Duell.
Alex Buncombe, auch kein Unbekannter, dominierte am Samstag mit seinem wunderbaren E-Type Lightweight am Samstag die beliebte E-Type Challenge. Immer dicht an der Haftungsgrenze. Das ging ebenfalls nicht rauchlos von statten, wie unsere Bilder beweisen. Am kurveninneren Vorderrad zu räuchern, ist allerdings ein eher skurriles Manöver – was vermutlich einer allzu nachvollziehbaren Materialermüdung geschuldet sein dürfte. Denn: Geschont werden die Rennkatzen bei der Challenge nicht! Am darauffolgenden Sonntag ließ es sich Buncombe nicht nehmen, auch das zweite Rennen zu gewinnen. Was manchen auch zeigt: Eine weidwunde Katze ist am aggressivsten und besonders gefährlich.
Am Sonntag wollte auch Adam Ant bei einem Rock-Konzert auf den Putz hauen – alleine die furiose Gruppe C stahl ihm im Dämmerlicht dann doch die Show. Ganz ehrlich, wer will gegen die Boliden etwas ausrichten, wenn sie die Start-Ziel herunter blasen? Genau. Niemand. Diese Rennwagen können nur sich selbst gefährlich werden. So geschehen in Silverstone. Gleich vier erwischte es beim Start. Übermut tut selten gut: Ortsmarke Abbey Corner. Vor David Mercer's Spice SE90C schloss sich plötzlich eine erhoffte Lücke. Reflexhaftes Bremsen in der Kurve führt im ungünstigen Fall zum Dreher. So auch in Silverstone. Was wiederum eine ungewollte Rampe für den nachfolgenden Rennverkehr darstellte. Robin Ward im Lancia LC2 und der Startnummer 4 konnte dieser Offerte nicht mehr ausweichen.
Drei Touren-Wagen-Rennen sorgten für weitere Abwechslung. Auch hier zeigte man sich munter drehwillig. Lotus Cortina, Mini Cooper und Alfa Romeo GTA und BMW Ti bieten jedoch erwiesenermaßen aus jeder Perspektive einen schönen Anblick. Bei der Fujifilm Touring Car Trophy der Jahrgänge 1970 bis 2000 sicherte sich Rick Pearson im Nissan Primera den ersten Platz.
Kein Zweifel: Die Silverstone Classic begeistert. Die Kombination aus Rock und Race zieht. Vielleicht auch, weil manche Piloten bei all dem Spektakel zwar nicht ihre Contenance, wohl aber die Haftung verlieren. Briten mögen das. Und ganz ehrlich: wir gelegentlich auch.
Fotos: Roger Dixon