Es wurden während des Wochenendes nicht nur Gebote per Handzeichen gemacht, auch viele Fragen standen gleichzeitig im Raum, denn einige Ergebnisse waren trotz der Marktberuhigung dann doch sehr überraschend. Das Vorjahr war auch für die Autowelt von Umbrüchen und Veränderungen geprägt. Schließlich ist auch der Handel mit klassischen Fahrzeugen auf seine Art ein Geldmarkt. Das Auktionsjahr 2016 endete vielerorts mit Jubel bei den Käufern und Tränen bei den Verkäufern, denn die Vorzeichen des Marktes scheinen sich nachhaltig gewandelt zu haben. Egal, ob man es nun Abkühlung, Verlangsamung oder Beruhigung nennen mag, die Folge war, dass weniger spektakuläre Erlöse erzielt worden sind. Die wirklich bemerkenswerten Preise sind nur mehr den wahrhaft außergewöhnlichen Autos vorbehalten. Aber so sollte es doch auch sein, oder? Hier sind einige Erfolge sowie Misserfolge von der Auktionswoche in Arizona. Und natürlich die Trends, die das neue Auktionsjahr bestimmen könnten.
Man kann zwar ein Pferd zur Tränke führen...
Man bekommt nicht oft die Gelegenheit, die gedanklichen Entwicklungen eines Auktionshauses zu beobachten. Doch über die letzten Monate war die steile Erfolgskurve des Porsche 911 GT2 ein spannendes Beispiel für diese Prozesse. Die Prämisse: Nach dem Verkaufsrekord für einen GT2 im letzten Jahr in London und den rasch in die Höhe geschnellten Marktpreisen als Konsequenz, würden die Auktionshäuser auf der Welle des Erfolgs reiten und sich ein passendes Exemplar in Kommission für die nächste Versteigerung sichern, solange der Hype noch hohen Profit versprach. Genau diese Strategie verfolgten nun RM Sotheby's und Gooding & Co., als sie je einen GT2 für ihre Arizona-Auktionen in die Kataloge aufnahmen. Die Schätzpreise waren selbstverständlich an den letztjährigen Rekordpreis des mittlerweile legendären Porsche in "Riviera Blue" angepasst worden war. Soweit, so gut. Nur, dass dieser Plan leider nicht aufgegangen ist. Beide Autos konnten nicht verkauft werden – und man ahnt, dass es einige peinlich berührte Telefonate mit entsprechend enttäuschten Besitzern gegeben haben muss. Was lernt man daraus? Hype ist nicht gleich Wert. Der Wert, den ein einzelner enorm vermögender Käufer einem bestimmten Auto beimisst, macht aus dem Modell noch keinen Selbstgänger.
Abgesehen von dieser Spekulation hat Porsche sich bei den Auktionen in Arizona durchaus gut geschlagen. Ein bescheidener Porsche 912 im legendären Farbton "Bahama Yellow" sorgte im Zelt von Gooding für Staunen, denn er kam statt für die geschätzten 60.000 bis 80.000 Dollar für ganze 114.400 Dollar unter den Hammer. Andere Lose erzielten Erlöse, die im Dunstkreis ihrer Schätzung blieben. Auch die Klassiker von Mercedes-Benz verkauften sich gut. Ein 300 SL Flügeltürer in beeindruckend ursprünglichem Zustand wurde bei Gooding auf 900.000 bis 1.1 Million Dollar geschätzt und wechselte schließlich für 1,325 Millionen Dollar den Besitzer. Das summierte sich mit allen Zuschlägen auf insgesamt 1.475.500 Dollar, ein stolzer Preis. Das weiterhin sehr beliebte Mercedes-Benz 280 SE 3.5 Cabriolet kam derweil auf 374.000 Dollar.
Auch Raubkatzen werden mal von der Leine gelassen
Auf den Auktionsbühnen der Welt ist der Jaguar E-Type zwar ein Dauergast, doch meist steht er im Schatten anderer Sportwagen-Klassiker. Es gibt zwar eine stete Nachfrage, aber die Preise haben nie für Schlagzeilen gesorgt. Nach den Auktionen in Scottsdale scheint der Markt für gerade diesen großen Jaguar anzuziehen, wenngleich die Erlöse noch nicht überall in den Himmel wachsen. Zumindest Bonhams erzielte mit einem atemberaubenden Lightweight Competition von 1963, der für 7.37 Millionen Dollar den Zuschlag erhielt, gleich zwei Weltrekorde – den für den wertvollsten E-Type und für den teuersten nach 1960 gebauten Jaguar, der je bei einer Auktion angeboten wurde. Zwei E-Types, die bei der Konkurrenz auftauchten, erlösten ebenfalls achtbare Summen. Bei beiden Exemplaren handelte es sich statt der begehrten 3,8-Liter- um 4,2-Liter-Modelle der ersten Serie in sehr unterschiedlicher Verfassung. Das Exemplar von Gooding & Co war in hervorragendem Originalzustand mit nur 3.986 Meilen auf der Uhr und wechselte für 253.000 Dollar den Besitzer. Das komplett restaurierte und optimierte Modell auf dem Podium von RM Sotheby's kam für 308.000 Dollar unter den Hammer – eine starke Aussage für diese britische Beauty.
Ferrari weiter in Bestform
Nachdem Ferrari seit Jahren die Auktionswelt bestimmt und riesige Erlöse für all jene erzielt, die ein springendes Pferd veräußern wollen, darf man auch bei den ersten Auktionen des Jahres Topergebnisse erwarten. Und dies war auch in Arizona der Fall, wobei alle Kataloge mit einem begehrenswerten Cocktail von Modellen aus den 1950er bis in die 2000er Jahre aufwarteten. Bei RM Sotheby's gab es einige bemerkenswerte Ergebnisse wie einen Ferrari Enzo aus dem Jahr 2003 und der Garage von Modeschöpfer Tommy Hilfiger, der 2,695 Millionen Dollar erzielte. Ebenfalls erfolgreich waren ein Ferrari 330 GTS von 1967, der mehrere Concours-Platinmedaillen gewonnen hatte und für 2,475 Millionen Dollar den Besitzer wechselte, sowie ein Ferrari 365 GTS von 1969 – einer von nur 20 Stück –, der für 3,6 Millionen Dollar verkaufte wurde. Hervorheben sollte man auch einen komplett schwarzen Ferrari F50 von 1995, der 3,135 Millionen Dollar erzielte und schon vorher bei jungen Käufern für Bewunderung und Aufsehen in den sozialen Netzwerken gesorgt hatte. Auch Gooding & Co konnte mit den Ergebnissen ihres Ferrari-Aufgebots zufrieden sein: Zwei Ferrari 360 Challenge Stradale von 2004 wurden für 231.000 und 396.000 Dollar verkauft und belegten beispielhaft die Nachfrage nach Supercars mit geringer Laufleistung. Ein Ferrari 500 Superfast von 1965 kam für 2,915 Millionen Dollar unter den Hammer und sogar eine moderne Seltenheit wie der Ferrari 599 SA Aperta von 2011 brachte es immerhin schon auf 1,485 Millionen Dollar. Es gab allerdings nicht nur glückliche Gewinner: Anfang 2016 zählte der Ferrari 365 GTB/4 Daytona zu den am meisten umworbenen Ferraris. Nun scheint es mit diesem Trend auch schon wieder abwärts zu gehen. Ein Eindruck, der sich in Arizona verstärkt, da auch bei den ersten Versteigerungen des Jahres 2017 kein Exemplar den Besitzer wechseln konnte.
Was bedeuten diese Ergebnisse für die allgemeine Marktentwicklung? Für Sammler wird es wohl nie eine spezielle Kristallkugel – geschweige denn eine aus Kohlefaser – geben, aber der Markt scheint wohl wieder mehr von Vernunft geprägt, zwar nicht träger aber überlegter. Man kann noch so viel Marketing-Material und kostenlosen Champagner auffahren, Käufer werden nicht mehr für überschätzte Autos in fragwürdigem Zustand mitbieten. Diese Einsicht dürfte auch bei den Auktionshäusern angekommen sein.
Fotos: RM Sotheby's, Patrick Ernzen © 2017 mit freundlicher Genehmigung von RM Sotheby's, Gooding & Co