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Magazin

Ein Blick auf's Marktbarometer bei RM Sotheby’s in der Villa Erba

Nach der Rétromobile war die Versteigerung von RM Sotheby’s in der Villa Erba die zweite wichtige europäische Auktion der Saison. Diesmal hielten sich die Bieter merklich zurück – ein Trend, der von Paris zum Comer See herüberschwappte. Nun ruhen die Hoffnungen auf den Auktionen in Pebble Beach.

Im Kalender ankreuzen

Eigentlich hatten wir für die alle zwei Jahre abgehaltene Villa-Erba-Auktion, der offiziellen Versteigerung von RM Sotheby’s im Rahmen des Concorso d’Eleganza Villa d’Este, ein großes Aufgebot an klassischen Ferrari erwartet. Doch was am Samstagabend im Park der Villa Visconti aufgefahren wurde, waren vor allem moderne Porsche und Hypercars. Kann es sein, dass RM nach der offiziellen Ankündigung einer zusammen mit Ferrari für September angesetzten Auktion in Maranello seine besten Trümpfe noch in der Hinterhand behält?

Die Höhepunkte

Obwohl also die Ferrari-Highlights für einmal fehlten, gab es im Katalog noch genügend aufregende Lose. Nachdem einige der groß angekündigten Vorkriegsmodelle bei der Preview am Freitag zunächst fehlten, waren wir gespannt, ob sie wenigstens am Samstag auftauchen würden. Und in der Tat kamen sie gerade rechtzeitig, um an den Tribünen vorbei zu rollen. Allen voran das Talbot-Lago T150-C SS „Goutte d’Eau Coupé“ von 1937, das einen eindrucksvollen Hammerpreis von drei Millionen Euro (Schätzpreis 3,2 – 4,2 Millionen Euro) erzielte, gefolgt vom Bugatti Type 57 Atalante Prototyp von 1935 mit seltener Molsheimer Karosserie, für den der Hammer mit 2,7 Millionen Euro jedoch auch knapp unter dem unteren Schätzpreis (2,8 bis 3,2 Millionen Euro) fiel.  Und während der groß angekündigte Mercedes-Benz 680 S Torpedo-Sport Avant-Garde mit Saoutchik-Karosserie Baujahr 1928 in Italien keine neue Heimat fand – die Angebote für ihn stoppten bei 5,05 Millionen Euro – ging der Social-Media-Favorit, ein nur zehn Kilometer gelaufene Porsche 911 Carrera RSR 3.8 von 1993 mit intakter Cosmoline-Transportschutzbeschichtung, mit 1,8 Millionen Euro nur knapp unter Estimate (2,0 – 2,2 Millionen Euro) weg. 

Aus heiterem Himmel 

Wie immer sorgten einige Automobile, mit denen man im Vorfeld nicht gerechnet hatte, für Überraschungscoups. Ganz speziell ein 1961er Jaguar E-type 3,8-Liter „Flat Floor“ Roadster aus der ersten Serie mit angolanischer Renngeschichte, der mit 520.000 Euro seinen etwas konservativ angesetzten oberen Schätzwert um 200.000 Euro übertraf. Auch die Liebhaber von Gruppe B-Rallyewagen hatten allen Grund zur Freude: Denn ein zuvor auf 450.000 bis 550.000 Euro taxierter Lancia Delta S4 „Stradale“ mit Baujahr 1985 erzielte immerhin 440.000 Euro – ein Betrag, den angesichts der hohen Estimates kaum jemand für möglich gehalten hatte. 

Nimm zwei

Auch wenn die Heilige Dreifaltigkeit der Hypercars keine großen Wellen am Comer See schlug, landete eines der drei göttlichen Wesen – ein auf 1,2 bis 1,4 Millionen Euro vorgewetteter Porsche 918 „Weissach“ Spyder – mit 1,3 Millionen Euro genau im Zielkorridor. Am Sonntag erhielten alle Auktionsautos eine zweite Chance, als sie noch einmal vom Publikum des Concorso d’Eleganza Villa d’Este begutachtet werden konnten. So kamen quasi durch die Hintertür doch noch ein Ferrari F12TDF, ein Enzo und ein Alfa Romeo 1900 C unter den Hammer. 

Vornehme Zurückhaltung

Auch wenn sich die Auktion teilweise etwas schleppend dahinzog, entschädigte der Anblick der sanft von der italienischen Abendsonne beschienenen Villa Visconti aus dem 18. Jahrhundert ein wenig für die vornehme Zurückhaltung der Bieter. Da ja in diesem Jahr nicht nur eine, sondern zwei Auktionen in Kalifornien laufen, fragen wir uns schon jetzt, ob die Sonne am Pazifik einen etwas belebenderen Einfluss auf die Sammler haben wird als jetzt am Comer See. 

Fotos: Rémi Dargegen für Classic Driver © 2017 

Classic Driver berichtet live vom Concorso d’Eleganza Villa d’Este 2017 und wird dabei von A. Lange & Söhne freundlich unterstützt. Die neuesten Artikel vom Comer See finden Sie hier.