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Crubilé Sport in Frankreich macht die legendärsten Porsche fit

Vom Carrera 6 über 917 Langheck, 911 Carrera 2.8 RSR oder 962 C – es gibt kaum einen wichtige Porsche, der noch nicht zur Auffrischung bei Jacques und Sébastien Crubilé war. Besuch beim renommierten Vater/Sohn-Porsche-Spezialisten in Rambouillet bei Paris...

„Nehmen Sie Platz“, sagt Sébastien Crubilé, während er die federleichte Flügeltür des metallicsilbernen Porsche 917 öffnet und mich sanft in das enge, mit Leder ausgeschlagene Cockpit schiebt. Wir sind erst seit wenigen Minuten in der Werkstatt von Crubilé Sport, doch schon hocke ich in dem hautengen Sitz, mache die ersten Fotos vom wild gestikulierenden Sébastien an meiner Seite.

Beim Auto handelt es sich um den 917 K mit Chassis 030, jenes berühmte Modell, das sich Graf Rossi von Porsche Sponsor Martini & Rossi 1974 vom Werk zum Straßenauto umbauen ließ, komplett mit Ledersitzen und Blinkern. Es ist bis heute eines der originalsten – und daher auch wertvollsten - Exemplare des Le Mans-Siegers der Jahre 1970 und 71. Dass ich so enthusiastisch zum Einsteigen überredet werde – mit den Füßen übrigens zuerst –, verrät nicht nur viel über Sébastiens ansteckende Passion für Porsche, sondern auch über seinen überschwänglichen Wunsch, sie mit anderen zu teilen.

Man sagt, der Apfel fällt nicht weit vom Stamm. Und dieses alte Sprichwort trifft im Fall der Familie Crubilé voll zu. Die Porsche-Liebe seines Vaters Jacques Crubilé lässt sich bis auf ein Langstreckenrennen der 1960er-Jahre in Reims zurückverfolgen. Als er zum ersten Mal von der Form, der Geschwindigkeit und dem Sound eines 906 Carrera 6 gefangen genommen wurde. Einige Jahre später erfüllte er sich dann seinen Traum – als Amateurrennfahrer mit einem eigenen 906 bei Rennen anzutreten. Das ging so lange, bis Sébastien auf die Welt kam. Jacques sah sich veranlasst, seinen geliebten Prototypen zu verkaufen, um dafür eine Werkstatt zu kaufen und fortan für die Familie zu sorgen. „Mein Vater weinte, als er das Auto abgeben musste!“, erzählt der Sohn. 

Auch wenn Jacques Werkstatt sich zunächst auf BMW spezialisierte, ergab sich durch einen Zufall die erste Verbindung zu Porsche. Ein wohlhabender Besitzer aus der Nachbarschaft brachte einen defekten 910 – und schon bald weitere wichtige Porsche zum Reparieren, Restaurieren und Präparieren. Und durch Mund-zu-Mund-Propaganda taten es ihm bald viele andere Sammler und Rennfahrer gleich.

„Ich erinnere mich, dass ich im Alter von drei Jahren an den Wochenenden in die Werkstatt des Vaters ging und ihm bei der Vorbereitung eines Porsche 911 Carrera 3.0 RSR für Dany Snobeck zuschaute,” erzählt Sébastien, während wir weiter durch seine gigantische Spielzeugkiste laufen und dabei versuchen, beim Anblick eines rot/weißen-910 oder 935-förmiger Elefanten in Budweiser-Farben die Fassung zu bewahren.

Während Jacques Sébastien zu einem Maschinenbaustudium ermutigte – was zu kurzen Gastspielen bei Peugeot, Renault und anderen großen Automobilunternehmen führte – lehrte er seinen Sohn ganz nebenbei, wie man rennerprobte Porsche wieder fit machte. „Er hielt es für eine gute Idee, mit dem Aufbau eines 906 anzufangen. Also fanden wir einen und zogen die Restaurierung dann zusammen durch“, fährt Sébastien fort. „Er testete ihn zweimal und startete dann zusammen mit meiner Mutter nur so zum Spaß bei der Tour Auto. Doch wie es das Unglück wollte, brannte der Wagen komplett aus. Als mein Vater mit angesengten Augenbrauen zurückkehrte, wusste ich, dass wir von nun an zusammenarbeiten mussten.“ 

Und so gründeten Vater und Sohn 2003 Crubilé Sport. Dank der großen Erfahrung von Jacques und des modernen Know-hows von Sébastien als Firma, die sich der authentischen Restaurierung, Wartung und Vorbereitung historisch wichtiger Renn-Porsche auf die Fahnen schrieb. In den seither 15 vergangenen Jahren gibt es kaum einen wichtigen Porsche, der nicht zumindest einmal bei Crubilé Station gemacht hat. Vom 917 Langheck aus dem Le Mans-Museum und dem Carrera 2.1 RSR Turbo „R5“ bis zu Gruppe C 956er und dem 935 K3, der die 12 Stunden von Sebring gewonnen hat.

Sollten Ihnen diese Autos noch nicht reichen, um das Kaliber der bei Crubilé gewöhnlich „verkehrenden“ Preziosen zu ermessen, so hilft ein weiterer Blick durch die heiligen Hallen. Neben dem eingangs erwähnten 917 K des Grafen Rossi – flankiert vom Kremer 917 K/81 in Malardeau-Farben – entdeckten wir gleich mehrere 911 Carrera RSR, einen Ex-Daytona 910 und das berühmte 993 GT2 Evo Art Car von Peter Klasen aus dem Jahr 1998. Letzteres übrigens zu sehen an zentraler Stelle bei der in dieser Woche startenden Rétromobile in Paris.

Restaurierungen und das Vorbereiten der Autos für Renneinsätze sind die wichtigsten Stützpfeiler des Geschäfts. Nahezu alle Arbeiten werden von Sébastien und seinem hochqualifizierten Team selbst ausgeführt. In einem kleinen Raum für die Motorenaufbereitung arbeitet man gerade am 12-Zylinder-Boxer des Kremer-917, während auf den Ablagen von Kolbenringen bis zu ganzen Motoren Teile aller Art und Größe lagern. „Wir respektieren immer Originalität, wenn es das Auto wert ist – wie beim 917 LH für das Le Mans-Museum oder den Carrera RSR 2.1 Turbo. Wir würden aber niemals eine faule Krücke in einen Concours-Sieger verwandeln!“

Für Sébastien, der schon seit frühester Jugend professionell Rennen fährt, lässt sich die Mission von Crubilé Sport im Grunde ganz einfach definieren: „Für mich ist es ein Werkzeug, das es mir erlaubt, den Traum zu leben“, sagt er uns. „Die Mechanik eines Autos zu verbessern, liegt mir im Blut, und die Autos dann zu fahren dient dem Testen meiner Arbeit, so wie ein Koch sein Gericht abschmeckt. Sollte ich die Wagen mal nicht mehr fahren können, mache ich den Laden dicht!“ Müßig zu betonen, dass er so ziemlich jeden erdenklichen Porsche Prototypen einmal gefahren hat – mit Ausnahme nur der Monster-917 für die CanAm-Serie und des RS Spyders aus den 00er-Jahren.

„Jedes Modell hat seinen eigenen Charakter. Ich liebe es genauso, einen 910, 917 oder 956 zu fahren. Doch das Auto, an das ich die schönsten Erinnerungen habe, ist der 936. Das perfekte Mittelding zwischen dem aggressiven 917 und den Gruppe C-Autos mit ihrem deutlich spürbaren Downforce-Effekt.“ Und auch wenn er diverse Rennwagen anderer Marken, wie zum Beispiel den Ferrari 333SP und – letztes Jahr bei Le Mans Classic – den bizarren Howmet Turbinenwagen, probieren konnte: keiner Sébastiens Blut so in Wallung bringen wie ein Porsche. 

Der am 6. März 44 Jahre alt werdende Franzose blickt darüber hinaus auf Erfolge bei modernen Sportwagenrennen zurück. Herausragend sicher der Sieg in der Cup-Klasse bei den 24 Stunden von Dubai 2013, dem ersten 24-Stunden-Rennen, an dem sein Team Crubilé Sport teilnahm. Jüngeren Datums ist sein Start in Le Mans 2013, auf einem Porsche 997 GT3 RSR zusammen mit seinen guten Kumpeln François Perrodo und Emmanuel Collard. 

„Das war das Jahr, in dem Allan Simonsen tödlich verunglückte“, erinnert sich Sébastien traurig. „Emmanuel war im Auto, als es passierte, und er wusste, dass Allan gestorben war. Jedes Mal, wenn ich danach Tertre Rouge passierte, dachte ich an ihn und seine Familie. Ich fuhr hauptsächlich bei Nacht. Wenn man durch die Porsche Kurven fährt, kann man die Barbeques riechen! Und trotz zweier Reifenschäden landeten wir auf P9 bei den GTs. Bei historischen Rennen geht es vor allem um den Spaß und das Gedenken an spezielle Oldtimer. Doch moderne Rennen sind echter Sport und ich liebe es, ans Limit zu gehen.“

Crubilé Sport, rund 60 Kilometer südwestlich von Paris in Gazeron bei Rambouillet gelegen, ist bei Besuchen in der französischen Hauptstadt auf jeden Fall einen Abstecher wert. Und falls er Zeit hat, wird Ihnen Sébastien gerne eine kleine Tour durch die beeindruckenden Werkstätten geben – in denen zu jeder Zeit ungewöhnliche Porsche Modelle stehen. Erst vor kurzem hat sich die Fläche des Unternehmens verdoppelt – dank Ateliers Diva, eine von Sébastien und seinem Geschäftspartner Jeremy Garamond gegründete Restmod-Firma auf Basis von 964-Typen. Mehr darüber schon bald auch auf Classic Driver.  

Wir stellen Sébastien eine hypothetische Frage: Wenn wir einen Porsche 906 hätten, warum sollten wir in zu Crubilé Sport bringen? „Weil ich jede einzelne Schraube an diesem Auto kenne, von Kopf bis Fuß“, kommt seine Antwort. „Und weil wir den gleichen Traum teilen – meine Kunden sind spezielle Leute, uns verbindet eine gemeinsame Passion. Sie sollten meine Art zu Denken annehmen, aber zugleich höre auch ich ihnen zu und akzeptiere ihre Eigenheiten. Zusammen erschaffen wir dann etwas wirklich Großartiges.“

Als wir uns verabschieden, hat Sébastien seine schmuddelige Ingenieurskluft an und diskutiert mit Vater Jacques über einen 917er-Motorblock. Wir erinnern uns: Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm – Porsche ist wirklich das Lebenselixier dieser Familie.

Fotos: Rémi Dargegen für Classic Driver © 2019

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