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Bei Historic Cars entdecken Enthusiasten ein kleines Paradies in Paris

Gaël Regent brennt für Straßen- und Rennwagen – vor allem jene, die in den fünfziger und sechziger Jahren in Großbritannien gebaut wurden. Er gründete deshalb nicht nur Historic Cars in Paris, sondern ist als Rennfahrer selbst im historischen Motorsport aktiv. Classic Driver hat ihn besucht.

Was sind Ihre frühesten Erinnerungen ans Autofahren?

Wenn ich als Baby nicht einschlafen konnte, hat mich mein Großvater abends in seinem Citroën Ami 6 spazieren gefahren – das war wohl meine erste automobile Erfahrung. Aber meine erste eigene Erinnerung war nicht gerade erfreulich: Auf dem Rückweg aus dem Skiurlaub mit meinen Eltern war mir die ganze Zeit übel.

Was hat Ihre Leidenschaft für Autos dennoch geweckt?

Ich habe mich immer schon für Autos interessiert. Ich habe mich während meines Studiums auf Automobile spezialisiert, und mein College war noch dazu in Le Mans. Ich glaube, dass die Leidenschaft geboren wurde, als ich Abende in meinem kleinen Zimmer verbrachte und Autobücher und Fachzeitschriften verschlungen habe. 

Was haben Sie vor der Gründung von Historic Cars gemacht?

Ich startete in den frühen Neunzigern bei Sonauto, dem französischen Importeur für Chrysler, Mitsubishi und Porsche. Durch einen ehemaligen Journalisten, der seinerzeit die Pressearbeit für Chrysler machte, konnte ich die europäischen Rennerfolge der Viper ganz nah verfolgen. Damals habe ich auch die Tour Auto und die Events in Goodwood kennengelernt, denn wir hatten Partnerschaften mit beiden Veranstaltern. Nachdem ich eine Reihe von Autohäusern von Mercedes-Benz leitete, wurde ich Verkaufsdirektor bei Mitsubishi. Danach wechselte ich in die Welt der klassischen Fahrzeuge und führte fünf Jahre eine Spezialwerkstatt in Paris.

Und dann haben Sie Historic Cars gegründet?

Ja, ich spürte, dass ich bereit war, mein eigenes Unternehmen zu gründen – und so wurde Historic Cars im Juni 2014 geboren.

Was ist Ihre Geschäftsphilosophie?

Der Hauptfaktor besteht für mich in der Qualität der Fahrzeuge, die ich verkaufe, dazu gehören auch deren Historie sowie der Zustand. Ich wähle Marken aus, zu denen ich auch eine emotionale Beziehung habe. Die Automobile, die ich anbiete, gehören entweder mir oder ich habe sie in Kommission von Kunden. Auf Wunsch sehe ich mich auch nach bestimmten Modellen um und kümmere mich um Kundensammlungen. Auf Grund meiner langjährigen Berufserfahrung habe ich enge Kontakte zu wichtigen Menschen in der Autoindustrie, deren Wissen meinen Kunden zugute kommt.

Was darf ein Kunde, der bei Ihnen ein Auto kauft, erwarten?

Transparenz und Ehrlichkeit bezüglich des Modells, das ich gerade verkaufe. Kunden müssen unbedingt wissen, was sie da erwerben und welche Kosten ihnen in der Zukunft damit entstehen können. Ich versuche dem Kunden immer eine umfassende Dokumentation zu liefern, zugleich organisiere ich die Auslieferung sowie Zollpapiere und, wenn gewünscht, die Lagerung, Rennvorbereitung und Restaurierung. Ich helfe meinen Kunden auch dabei, die Dokumentation zur ursprünglichen Rennspezifikation zu beschaffen, zugleich unterstütze ich sie bei Events wie der Tour Auto oder der Le Mans Classic. Das ist ein Servicepaket, das Vertrauen schafft und sicher dafür sorgt, dass Kunden immer wieder zu mir kommen.

In Ihrem Bestand finden sich Rennwagen wie Straßenwagen. Welche sind für Sie persönlich spannender?

Ich interessiere mich besonders für die Straßen- und Rennsportwagen der Fünfziger und Sechziger. Ich liebe Aston Martin und Jaguar und überhaupt diese kleinen, britischen Marken wie AC, Lotus, Cooper und Lister, die so wesentlich zur Automobilgeschichte beigetragen haben.

Sie sind eine Größe in der Szene des historischen Motorsports  was denken Sie über die Entwicklungen der letzten Jahre?

Zwischen April und Oktober gibt es an fast jedem Wochenende einen Event, sei es eine Rallye oder ein Langstreckenrennen. Fahren schenkt mir die Möglichkeit, meine Leidenschaft zu leben und hilft mir, nah am Kerngeschäft zu bleiben. Die Leistung dieser Fahrzeuge hat sich durch das Können der Fahrer und die technische Vorbereitung enorm gesteigert. Dadurch sind die Autos zwar zuverlässiger und effizienter, aber der Einsatz moderner Technologie geschieht auch zum Nachteil der Authentizität. Die Entwicklung hat ja in vielerlei Hinsicht nicht mit den Sechzigern und Siebzigern aufgehört – es geht immer weiter.

Was sind die Folgen dieser verminderten Authentizität? Hat sich der Sport damit zu sehr von seinen Ursprüngen entfernt?

Bezüglich der Originalität der ausgewählten Fahrzeuge liegt es an den Organisatoren, hier die richtigen Entscheidungen zu treffen, und es ist Aufgabe der FIA – als oberstem Rennsportverband den Historic Technical Passport, der die Authentizität des Rennwagens belegt – regelkonform zu liefern. Aber die Geschmäcker sind verschieden: Es gibt historische Veranstaltungen, bei denen es in dieser Hinsicht entspannter zugeht, oder andere wie beispielsweise das Goodwood Revival, das die Wettkampfsituation einer bestimmten Ära möglichst ursprünglich widerspiegeln will. Das macht unseren Sport aus. Sie werden nie Menschen daran hindern können, immer schneller und noch schneller fahren zu wollen.

Sie haben sowohl das Goodwood Revival wie auch das Members' Meeting regelmäßig besucht. Warum sind gerade diese Rennen so speziell?

Ich liebe einfach die Atmosphäre in Goodwood. Gerade beim Revival geht es um viel mehr, als um den Wettkampf auf der Strecke. Es ist eine einzigartige Veranstaltung, die so durch und durch britisch ist. Die Aufstellungen der einzelnen Rennen sind immer erstklassig. Jedes Jahr entdecken wir Autos, die wir schon vergessen hatten! Lord March beherrscht wirklich die Kunst, uns jedes Jahr aufs Neue zu verblüffen.

Sie sind eine Autorität, wenn es um Aston Martin, Jaguar und Lister geht. Was bedeuten Ihnen gerade diese Marken?

Wahrscheinlich, weil meine Wurzeln in Britannia liegen – ich bin quasi Brite im Exil. Es hat tatsächlich natürlich mehr damit zu tun, dass in Großbritannien Motorsport in seiner reinsten Form gelebt wurde, vor allem in den fünfziger und sechziger Jahren. Es ist unmöglich, alle die britischen Marken und Rennteams aufzuzählen, die in dieser Epoche eine maßgebliche Rolle gespielt haben. Dabei sind die Menschen genauso fesselnd wie die Automobile. Das macht es für mich noch faszinierender.

Haben Sie aus diesen drei Marken ein Lieblingsauto?

Es geht letztlich um die Männer, die hinter diesen Marken stehen. Beim Jaguar C-, D- und E-Type ist das Sir William Lyons und die Evolution seines XK-Motors. Bei den Aston Martin DB2 und DB6 von David Brown geht es für mich um die Formgebung und die Leistung als Grand Tourer. Den Lister Knobbly liebe ich wegen Archie Scott Brown und seiner faszinierenden Geschichte.

Wie hat sich der Markt im Lauf des letzten Jahres entwickelt?

Der Markt für Vorkriegsfahrzeuge ist sehr schwierig, weil sich die Jüngeren kaum dafür interessieren, es sei denn, sie sind mit diesen Automobilen aufgewachsen. Wir erleben gerade die wachsende Nachfrage nach Autos aus den Achtzigern und Neunzigern, die durchaus nachvollziehbar ist: Deren Käufer hatten diese Autos als Poster im Kinderzimmer und können sich jetzt so ein Modell leisten. Außerdem kann man sagen, dass der Markt erwachsener und versierter geworden ist. Möglich, dass wir nicht mehr die astronomischen Preise von 2014 erwarten können, dennoch werden für die allerbesten Autos auch weiterhin Toppreise verbucht werden.

Was halten Sie davon, dass der Bürgermeister von Paris ältere, sprich klassische, Fahrzeuge aus dem Stadtzentrum verbannen will?

Luftverschmutzung ist in allen Großstädten ein Thema, und Paris ist bei diesen Verboten nicht allein. Was die Behörden nicht verstehen: Klassiker verursachen kaum Emissionen, weil sie so selten gefahren werden. Frankreich ist – anders als Großbritannien – kein Land der Auto-Enthusiasten. Unsere Nation und seine Bürger haben anscheinend vergessen, welche bahnbrechende automobilhistorische Rolle Frankreich zum Beispiel in der Ära des Art Déco gespielt hat. 

Gibt es ein Auto in Ihrer Karriere, auf dessen Verkauf Sie besonders stolz sind?

Nicht eines, aber viele. Jedes Fahrzeug besitzt aufgrund seiner Geschichte, seines Seltenheitswerts und vor allem wegen der Freude, die es dem neuen Besitzer bereitet, einen einzigartigen Stellenwert. Ich bereue schon ein wenig, dass ich meinen aufgeladenen MG aus den dreißiger Jahren verkauft habe. Wenn ich damit unterwegs war, wurde ich immer so zuvorkommend behandelt – vor allem in Paris.

Was fahren Sie am Wochenende?

Das hängt vom Wetter und von dem, was gerade bei mir herumsteht, ab. Zur Zeit versuche ich, meinen fünfjährigen Sohn mit dem Klassik-Virus zu infizieren. Ich nehme ihn zu Track Days mit meinem Morgan Plus 4 SS mit oder fahre ihn in einem alten Mini zu Schule.

Ohne an den Preis zu denken: Was ist Ihr persönliches Traumauto?

Da muss ich keine Sekunde nachdenken: der Jaguar C-Type. Jaguar ist mein absoluter Favorit. Dieses Auto hat einen hinreißenden Aluminiumkörper, den beeindruckenden XK-Motor und eine fantastische Renngeschichte bei legendären Events wie die Tour de France Automobile, Mille Miglia und Le Mans. Und überhaupt, alle Größen des Motorsports saßen hinterm Steuer. Was will man mehr?

Fotos: Rémi Dargegen für Classic Driver © 2016

Sie finden den kompletten Bestand der Straßen- und Rennwagen von Historic Cars zum Verkauf im Classic Driver Markt.