Sportliche Autos heißen „S“, zumindest bei Audi. Die Ingolstädter haben im Laufe der Jahre die Modellbezeichnung zu einem eigenen Synonym für Sportlichkeit und Dynamik herangezüchtet. Der Kompaktsportler S3 übernimmt dabei seit über 10 Jahren die Rolle des Einstiegsmodells und verspricht auch als günstiger Gebrauchter viel Fahrspaß für kleines Geld. Classic Driver ist dem auf den Grund gegangen, als Messlatte diente uns kein Geringerer als der aktuelle S3 Sportback.
Auf den ersten Blick sollte das Ergebnis klar sein. Was soll der Audi S3, Baujahr 2001, schon gegen den nagelneuen Audi S3 Sportback ausrichten. Schon die Leistungsdaten scheinen eine eindeutige Sprache zu sprechen. Knapp 210 PS leistet der 1,8 Liter Vierzylinder mit Turboaufladung im alten S3, 265 PS aus 2,0 Liter sind es beim Vierzylinder Direkteinspritzer des Sportback. Damit nicht genug, auch im Drehmoment trennen die beiden Welten. Wo der aktuelle S3 mit strammen 350 Nm bereits knapp oberhalb der Leerlaufdrehzahl protzt, geht dem Vorgänger schon deutlich eher die Luft aus.
Und doch kommt Hoffnung auf. Denn spätestens nachdem die Kabine des ersten Kompaktsportlers aus Ingolstadt geentert ist und der Schalthebel des sich etwas hölzern schaltenden Sechsganggetriebes die erste Runde durch die perfekt abgestimmten Gassen der Schaltbox gedreht hat, verzieht sich der gleichgültige Gesichtsausdruck des Fahrers. Ein breites Grinsen steht spätestens nach der ersten kurvenreichen Landstraßenpassage an. Dann nämlich spielt das rundum mit Einzelradaufhängung versehene Fahrwerk samt straff abgestimmter und nicht zu leichtgängiger Lenkung seine Trümpfe aus. Der S3 der ersten Generation folgt dem Richtungswunsch des Fahrers so spontan, als würde die Lenkung direkt mit dessen Gehirnwindungen verbunden sein. Da braucht es dann nur noch einen aufmunternden Gasstoß im Scheitelpunkt der Kurve und der Kompaktsportler verbreitet gute Laune. Die nächste Kurvenkombi wird schon sehnsüchtig erwartet. Dafür, dass die Passagiere bei solchem Treiben nicht zu sehr in der engen Kabine herumgeschleudert werden, sorgen zwei Recarositze, deren Seitenwangen unbestechlich eine sportliche Figur des Fahrers einfordern.
Der neue kann das alles noch ein wenig perfekter, hinterlässt aber aufgrund seiner deutlich größeren Abmessungen immer den Eindruck, eine Klasse höher unterwegs zu sein. Die spontane Leichtigkeit seines Urahnens fehlt dem neuen Fünftürer. Keine Frage, der Punkt in Sachen Fahrspaß geht knapp an den alten S3. Dies jedoch nur dann, wenn der Audi mit einem intakten und originalem Feder und Dämpferpaket daherkommt. Denn nicht wenige Fahrzeuge wurden im Laufe der Zeit mit brettharten Zubehörsportfahrwerken versehen. Diese malträtieren nicht nur Buchsen und Gelenke des Fahrwerks über Gebühr, sondern sorgen auch dafür, dass die ehedem nicht besonders hochwertigen Verkleidungen des Ur-S3 noch eher ihren Halt verlieren als sie es sowieso schon tun.
Solche Nachlässigkeiten kennt der aktuelle S3 nicht. Bei ihm ist der Premiumanspruch genetisch festgelegt. Jede Fuge sitzt wie mit dem Lineal gezogen, die Aluminiumapplikationen und die Holzdekore stammen aus der Oberklasse und auch das Gefühl der Schalter und Regler strahlt Perfektion und Liebe zum Detail aus. Dazu kommt ein griffiges, nach unten abgeflachtes Lederlenkrad und eine Ergonomie, die kaum Wünsche offen lässt, auch wenn die serienmäßigen Sportsitze nicht die Sportlichkeit der Recarosessel des alten S3 erreichen. Wer dennoch nicht auf das Rundstreckenflair verzichten möchte, kann zwei brettharte Schalensitze ordern. Das Tüpfelchen auf dem „i“ stellt indes die große Artenvielfalt des aktuellen S3 da. Der flinke Ingolstädter ist sowohl als Dreitürer als auch als multifunktionaler Sportback mit fünf Türen lieferbar. Den alten gab es lediglich als Dreitürer.
Unentschieden also in der Halbzeit. Doch abgerechnet wird zum Schluss. Der 265 PS starke S3 kann dem Ahnen zwar leistungsmäßig die Rücklichter zeigen, wirklich davonfahren kann er ihm jedoch kaum. Denn weder in Sachen Elastizität noch beim Beschleunigen kann der 2,0-Liter-Motor seine 55 Mehr PS nachdrücklich in bessere Fahrwerte umsetzen. So benötigt der immerhin 1.495 kg schwere S3 Sportback 5,8 Sekunden, um auf 100 km/h zu kommen. Der Altmeister steht mit 6,9 Sekunden kaum schlechter da. Unterschiedlich ist jedoch die Art und Weise, wie die beiden Aggregate zu Werke gehen. Wo der 1,8 Liter kräftige Stöße des Gaspedals zur Realisierung der Fahrleistungen einfordert, surft der neue S3 gelassen auf einer üppigen Drehmomentwelle. So kann man auch mal lässig im sechsten Gang durch die Stadt schlurfen, um bei Bedarf mit einem Gasstoß wieder Anschluss in die Sportwagenliga zu finden. Wer es übertreibt, hängt an der elektronischen Reißleine namens ESP. Die lässt sich, ebenso wie bei dem Ur-S3, auch abschalten, doch ist dann Vorsicht geboten. Denn mit beiden Sport Audis ist man schnell zu schnell und dann bekommen die vier Scheibenbremsen gut zu tun.
Dank Allradantrieb kommen beide Probanden im Alltag bestens mit der gebotenen Leistung zurecht, wenngleich die Abstimmung der Haldexkupplung bei dem neueren Sportback deutlich feinfühliger ist und sein System zudem noch eine elektronische Antriebsschlupfregelung beinhaltet. Im direkten Vergleich bieten beide Fahrzeuge jede Menge Fahrspaß, wenn auch mit unterschiedlichen Vorzeichen. Der Aktuelle S3 ist der Allrounder, mit dem es auch mal 1.000 Kilometer am Tag Richtung Süden gehen kann, während der Vorgänger aufgrund seines höheren Innengeräuschniveaus und seines geringeren Innenraumangebotes sich eher als flinker Zweitwagen empfiehlt.
Doch wie man es auch dreht und wendet, die Entscheidung dürfte für die meisten im Kostenkapitel fallen. Mit mindestens 38.550 Euro lässt sich Audi derzeit die Bemühungen um den S3 Sportback entlohnen. Ohne Probleme lässt sich diese Summe um den Wert eines gebrauchten S3 durch die Wahl von Optionen auf 50.000 Euro erhöhen. Denn mit rund 13.000 Euro ist bei der Anschaffung eines Scheckheft gepflegten S3, Baujahr 2001 (Facelift), mit einer Laufleistung von um die 100.000 km zu rechnen. Dabei kann die Reparaturkostenrücklage mit 1.500 Euro gering gehalten werden. Der Audi S3 der ersten Generation gilt als unproblematisches Auto. Außer den normalen Verschleißteilen wie Reifen, Fahrwerksbuchsen und Bremsen gibt sich der S3 anspruchslos. Dies trifft auf den Verbrauch nur bedingt zu. Zwar lassen sich beide Probanden, wenn es sein muss, mit unter 10 Litern Super Plus bewegen, Spaß machen tut es jedoch erst jenseits der 11-Liter-Grenze.
Für welchen der beiden Kompaktsportler man sich auch entscheidet – in jedem Fall erhält man auch mit dem kleinsten S-Modell der Ingolstädter ein Auto, bei dem Umwege über winklige Landstraßen künftig zum gewünschten Pflichtprogramm werden.
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Text: Sven Jürisch
Fotos: Jan Richter
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