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Audi A8: Mit dem Teint der Klassik

„Vorsprung durch Technik“ – den Slogan hat Audi eigentlich nicht allein erfunden. Aber kein anderes Unternehmen weiß bis heute, technische Innovation mit Sportlichkeit und hoher Emotionalität geschickter zu verbinden. Mit dem neuen A8 beweist sich Audi einmal wieder selbst aufs Neue, wie man ein Luxusautomobil in den Herzen der Händler und (künftigen) Halter platziert. Das Verrückte daran ist, dass man alles Gelernte erst einmal vergessen sollte. Warum bitte, ist eine Werbeanzeige mit dem alten Auto Union Grand Prix Rennwagen Typ C von 1936 erfolgreich, wenn es um den neuen A8 geht? „Heute, da wir aus Erfahrung klug geworden sind“, so der Text. Heute, da selbst größte technische Raffinesse sich besser nur mit emotionalen Argumenten verkaufen lässt – heute hat der Erfolg der eigenen Geschichte mehr Gewicht als ein Brevier luxuriöser Serieninstallationen. Nun ist der neue A8 nicht der Maybach, aber weniger glanzvolle Historie hat er dennoch nicht, denn das „Vorgängermodell“ Horch 375 V8 Pullman war das luxuriöseste Automobil seiner Zeit.

Audi A8: Mit dem Teint der Klassik Robert Eberhan von Eberhorst war der zentrale Cheftechniker der Auto Union AG vor dem Zweiten Weltkrieg. Nur ihm ist es zu verdanken, dass die Audi-Vorgängerfirma größte Triumphe feiern durfte. 1936 war der Auto Union Typ C der erfolgreichste deutsche Grand Prix-Rennwagen weltweit – 16 Zylinder, 520 PS stark und 340 km/h schnell! Die Namen der stolzen Fahrer sind heute noch ein Begriff deutscher Rennsportgeschichte: Bernd Rosemeyer, Hans Stuck, Achille Varzi, Ernst von Delius, H.P. Müller und Rudolf Hasse. Der Typ C gewann in seinem größten Jahr drei von fünf Großen Preisen und die Hälfte der Rundstrecken und Bergrennen, an denen sich Audi beteiligte. Der Grand Prix 16-Zylinder Typ C war eines der ersten Rennfahrzeuge, die den Motor direkt hinter dem Fahrersitz hatten – was noch heute bei Formel 1-Racern üblich ist.

Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges fielen alle in Zwickau/Sachsen verbliebenen Rennwagen als Reparationsleistungen an die Sowjetunion und galten als unwiederbringlich verloren. In den letzten Jahren konnte Audi wieder ein Originalfahrzeug erwerben und einen Nachbau anfertigen. Das Fahrzeug nimmt noch an Rennen teil und ist auch im Spot zu sehen. Vom Schwestermodell, dem Auto Union Typ C Stromlinienwagen, existiert nur noch eine Replika, die für einen Transport ins Filmstudio viel zu wertvoll ist – die im Spot zu sehende Windkanal-Szene wurde mit einem 40-cm-Modell – was jedermann bei Audi kaufen kann – nachgestellt; das Trickstudio arbeitete so perfekt, das man den Unterschied nicht erkennen kann.

„Heute ist es an der Zeit, neue Herausforderungen anzunehmen“ – Audi kokettiert also gerne mit der großen alten Zeit. Der neue A8 soll soviel wie möglich von den guten, alten Jahren abbekommen. Zwar kann man auch auf aktuelle Le Mans-Erfolge mit einem Infineon Audi R8 verweisen, doch der Teint der Klassik macht sich eben besser. Und genau das ist es, was Audi zu einer besonderen Marke macht. Für die millionenschwere Werbekampagne zur Einführung des neuen A8 griffen Projektleiterin Katrin Schöneberg und Produktionsleiter Gerhard Kiefer auf zahlreiches Archivmaterial zurück – und tief in die Trickkiste.

So mussten einige Szenen von 1929, 1937 oder 1956 nachgestellt oder mit „Star Wars“-Filmtechnik entworfen werden. Bestes Beispiel ist gleich die erste Szene im TV-Spot, hier ist der damals unerhört luxuriöse Horch 375 V8 Pullman zu sehen. Um den Teint der großen Zeit zu erreichen, wurde diese Szene mit einer originalen 35 mm-Handkurbelkamera in München-Schwabing gedreht. Requisiten und Statisten bewegten sich dazu in historisch nachempfundener Kleidung und Umgebung – der eigens aus Madrid eingeflogene Spezialkameramann musste sich wie nach einem Zeitsprung in die Vergangenheit gefühlt haben.

Die Kampagne, die in über 70 Ländern läuft, startete Ende September mit der Prelaunch-Phase, in der mit Print- & TV-Schaltungen vor allem die Marke Audi mit ihrer technischen und sportlichen Historie hervorgeheben wird. Ab Mitte November wird dann der neue A8 in der Launch-Phase in Szene gesetzt. Die Kampagne läuft noch bis Ende des Jahres und sei jetzt schon eine der erfolgreichsten in der Werbegeschichte bei Audi, so Schöneberg. Über Kosten schweigt man sich aus, doch durch die Adaption des Masterfilms in verschiedene Länderversionen habe man einen zweistelligen Millionenbetrag sparen können, kolportiert man in Ingolstadt. Dabei war der technische Aufwand überaus groß. Gerhard Kiefer und die Kreativen der spanischen Werbeagentur Tandem Campmany Guasch DDB mussten kilometerlanges Filmmaterial historischen und neueren Datums sichten – aus dem eigenen Archiv und bei Fernsehsendern. „Eine wahre Herausforderung“, erinnert sich Kiefer. Und dies alles unter nicht geringem Zeitdruck – vom ersten Briefing bis zur Fertigstellung verging gerade mal knapp ein Jahr.

Zeitdruck auch bei der Produktion – Für eine Szene mit den Grand Prix 16-Zylinder-Boliden hatte man zwischen zwei Präsentationsterminen gerade mal ein paar Stunden. Für einen Boxenstopp rollte man das Rennfahrzeug in eine gewöhnliche Straße in der City von Madrid, die mit viel Pappe und Textilien in eine Boxengasse verwandelt wurde. Selbst die Overalls der Statisten wurden neu genäht, um ein authentisches Motiv zu bieten.

Bei einer anderen Szene mit den aktuellen Le Mans-Siegerfahrzeugen stand man vor einem neuen, technischen Problem. Der im TV-Spot immer wieder auftretende Presenter musste nachträglich in die Originalaufnahme aus Le Mans eingebaut werden. Man hatte ihn dazu in einer sog. „Blue Box“ aufgenommen und später im Schneideraum unter Einsatz modernster Filmprogramme – wie sie auch „Star Wars“-Regisseur George Lucas verwendet – Bild für Bild eingefügt. Der Clou ist die Dreidimensionalität – der Moderator scheint von hinten nach vorne durch den Set zu laufen, mitten durch die emsigen Mechaniker. Allein diese Szene bietet beste Kinoqualität.

Die Kunst der Improvisation hatten die Werbefilmer öfters unter Beweis zu stellen. So wollte man für eine Rallyeszene mit einem Ur-Quattro – Audi war in den 80-er Jahren der erste Hersteller von Allradantrieben in Serienfahrzeugen – nicht das seltene Originalfahrzeug heranziehen. Glücklicherweise fand sich in Spanien ein Ur-Quattro-Besitzer, der seinen Wagen für den Film über eine Rampe springen ließ; natürlich saß ein erfahrener Stuntfahrer hinterm Lenkrad. Unerwartete Hilfe überraschte die Werber auch bei einer Szene von 1956: Der erfolgreiche Motorradrennfahrer Wilhelm Herz, der die NSU Delphin III auf sensationelle 300 km/h schneller als je ein Zweirad zuvor ritt, musste für eine Gratulationsszene nachgestellt werden. Manch anderer Filmemacher hätte ein Schauspieler-Double genommen. Nicht so die Qualitätsplaner von Audi – Herz’ Sohn Heinz mimte schließlich seinen jugendlichen Vater.

Die hohe Emotionalität und die akribische Geschichtsrecherche der Print- und TV-Kampagne verspricht Unterhaltung auf hohem Niveau. Die spannende Story von 1899 bis heute wird auch im Internetauftritt von Audi gekonnt begleitet: www.audi.de

Editor´s Note: Die ganze Geschichte des Auto Union Typ C wird in einer umfassenden Sonderaustellung im August-Horch-Museum in Zwickau ab 23. Oktober dargestellt. Lesen Sie dazu unseren aktuellen Beitrag.

Text: car. / Fotos: Audi