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Audi A6 Avant: Elektrisch geladen

Audi A6 Avant: Elektrisch geladen

Mit der Einführung des neuen Audi A6 Avant kommt auch das Hybridsystem erstmals in die gehobene Mittelkasse. Welche Reize die nunmehr siebte Auflage des großen Audi sonst noch versprüht – Classic Driver hat es untersucht.

Am Anfang war das Schrägheck. Das machte aus dem biederen Audi 100 von 1977 erstmals einen Kombi. Das Auto floppte, und es dauerte ein paar Generationen, bis schöne Kombis erstmals Avant hießen. Mittlerweile liegt deren Verkaufsanteil bei über 50 Prozent. Ausgabe Nummer Sieben soll Audi nun weiterhin einen deutlichen Vorsprung bei den Firmenwagen sichern. Allzu große Experimente in Design und Technik sind in diesem Segment nicht gern gesehen und so waren die Ingolstädter gut beraten, die Form des Vorgängers behutsam zu modernisieren. Heraus kam ein Kombi, der zunächst einmal Fragen aufwirft. Was bitte ist an diesem Entwurf neu? Audi-Chefdesigner Wolfgang Egger mag ja auf Traditionspflege großen Wert legen, nur etwas mehr Mut zu emotionalem Stil hätte dem neuen Edelkombi sicher gut getan.

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Davon abgesehen gibt es an dem hochwertigen, sportlichen Design nichts auszusetzen. Die Karosseriefugen nähern sich der Haaresbreite und auch das ausgefeilte Spiel mit den Flächen und Linien inszeniert den 4,93 Meter langen A6 Avant perfekt auf der Straße. Dazu der markenübliche Plakettengrill, eingerahmt von den aufpreispflichtigen LED-Scheinwerfern, denen Audi so ziemlich alles beigebracht hat, was die Lichttechnik hergibt. Kurvenlicht, Tagfahrlicht, automatisches Fernlicht – wer jetzt noch den Durchblick verliert, hat selbst Schuld. Am Heck wiederholt sich das LED-Spektakel, denn auch hier hat die Glühbirne ausgedient. Hunderte von kleinen LEDs verleihen sogar dem Bremslicht einen brillanten Touch. Wer dagegen auf Nettigkeiten wie eine geteilte Heckklappe à la BMW hoffte, sieht sich getäuscht. Auch beim siebten Avant gelangt das Gepäck ganz ordinär durch die große, einteilige Heckklappe in den immerhin 565 Liter großen Kofferraum. Einzige Neuerung ist die Möglichkeit, den elektrischen Antrieb des Deckels durch Ausführen eines gültigen Bewegungsmusters (O-Ton-Pressetext) mit dem Fuß in Aktion zu versetzen. Praktisch zwar, doch wirklich vermisst hat diese Spielerei bisher wohl kaum einer.

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Innen präsentieren sich Gepäckraum sowie Fahrgastraum in gewohnt gepflegter Audi-Manier. Alles sitzt perfekt und ist von hochwertiger Anmutung. Die Funktionen hängen wie immer von Geldbeutel- und Technik-Affinität des Besitzers ab. Prinzipiell ist alles möglich. Vom Touchpad für die Google-Navigation, über Dolby-Surround-Sound von Hauslieferant B&O, bis hin zu einem Feuerwerk an Illumination. Denn beinahe jedes Detail des Interieurs lässt sich in verschiedenen Farben hinterleuchten. Das sieht spektakulär aus und schafft Wohlfühlatmosphäre. Wenn dann noch die belüfteten Massagesitze montiert sind, wird die Dienstreise zum Wellness-Kurzurlaub. Fünf Personen können dafür ihre Buchungen beim Fahrer abgeben, denn auch hinten sitzt es sich erster Klasse. Wie bei allen Neuerscheinungen der Ingolstädter dürfen gelangweilte Kids sogar im Internet surfen; auch beim A6 Avant ist der mobile Hotspot für WLAN-Endgeräte bestellbar.

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Schade nur, dass die meisten Reisen schnell zu Ende sein dürften. Mit dem Erscheinen des A6 Avant legt Audi nämlich auch bei der Motorenpalette kräftig nach und präsentiert die nächste Ausbaustufe der Reihe „3,0-V6-TDi“: 313 PS sind die Ausbeute des Technikfeuerwerks, ein Niveau, das bislang nur Sportwagen vorbehalten war. Erinnern wir uns: Der legendäre Sport Quattro zählte 1984 mit 306 PS bereits zur Liga der Hochleistungssportwagen. Das Ergebnis des auch in der Limousine erhältlichen Common-Rail-Motors kann sich in jeder Hinsicht sehen lassen: Binnen 5,3 Sekunden gelingt es dem 1,8 Tonnen schweren A6 Avant ohne Probleme die 100-km/h-Marke zu knacken. Schluss ist, wie üblich, bei 250 km/h. Doch auch der Weg dazwischen ist dank 650 Nm äußerst kurzweilig. Jeder Druck auf das Gaspedal wird mit sofortigem Geschwindigkeitszuwachs belohnt. Traktionsprobleme sind dank serienmäßigem Quattro-Antrieb unbekannt.

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Den 313-PS-Boliden gibt es nur mit 8-Gang-Tiptronic, was aber kein Nachteil ist, da der Automat die Gänge zügig und mit hoher Treffsicherheit platziert. Wer dennoch manuell schalten will, kann sich mit den Schaltpaddeln am Lenkrad begnügen. Mit Hilfe dieses Getriebes und dem Stopp-Start-System sowie reparierenden Maßnahmen gelingt die Quadratur des Kreises: Das Spitzenmodell der Dieselmodelle im A6 Avant braucht lediglich 6,4 Liter Kraftstoff. Absolut gesehen kein Spitzenwert, doch angesichts dieser Dynamik schlicht verblüffend. Wem das Leistungsangebot immer noch nicht reichen sollte, der muss sich in Geduld üben. Denn wie üblich wird auch dieser A6 Avant binnen Jahresfrist um eine S-Variante ergänzt, deren Details jedoch noch nicht feststehen.

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Technisch ähnlich anspruchsvoll wie der V6-Biturbo ist der ebenfalls neue A6 Hybrid. In bekannter Audimanier setzt die Hybridmannschaft wieder auf den längs eingebauten Vierzylinder-Turbobenziner 2,0 TFSI mit 211 PS und einem nachgeschaltetem Elektroantrieb. Der E-Motor liegt dabei zwischen Motor und Getriebe und löst Lichtmaschine, Anlasser und Wandler ab. Das spart Gewicht und damit Kraftstoff. Im Heck ruht die Lithiumionen-Batterie, die jedoch nicht von außen geladen werden kann (PlugIn). Rund drei Kilometer rein elektrisches Fahren sind mit dem in der Summe immerhin 245 PS starken Hybrid möglich, danach ist der Akku leer. Alltagseinschränkungen durch das System gibt es keine, denn selbst wenn der Akku keinen Saft mehr hat, geht es dank dem Verbrennungsmotor weiterhin zügig voran. Auch wenn der Preis dieser ausschließlich als Limousine erhältlichen Version noch nicht feststeht, so dürfte der Mehrpreis doch so üppig ausfallen, dass eine Amortisation durch die Kraftstoffersparnis unwahrscheinlich scheint. Doch für welchen Audi A6 man sich auch immer entscheidet, man erhält in jedem Fall ein Produkt, an dessen Qualitäten man sich noch erfreut, wenn man den Preis schon längst vergessen hat.

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Text: Sven Jürisch
Fotos: Audi