Die Premiere: Zehn Jahre zu früh
Text: Sven Jürisch
Fotos: Audi
Geliebt, gehasst und doch begehrt. Wohl kaum eine Autokreation eines deutschen Herstellers war so umstritten wie der Audi A2. Wir zeigen, warum der Einstieg in das Alu-Auto auch heute noch lohnt.
Blick zurück ins Jahr 1999, als jeder Anruf des Pakethändlers einen neuen Porsche Boxster verspricht und das Geld noch D-Mark heißt. In diese Zeit des Überschwanges und der dümmlichen Unbekümmertheit platzt Audi mit der Vision eines Öko-Alu-Kleinwagens. Leicht, klein, höchst variabel und dennoch exklusiv. Zahlreiche Messen später dann die Geburtsstunde des Audi A2. Der kleine viertürige Kompakte schockt alle. Die Konkurrenz wegen seiner enormen technischen Perfektion, die Kunden wegen seines Preises. Unter 25.000 D-Mark geht gar nichts, und wer den A2 mit Leder und Riesenschiebedach „Open Sky“ haben möchte, kann noch einmal kräftig drauflegen.
Dazu vermittelt die Alukugel nur wenig motorisches Flair. Für mäßigen Vortrieb sorgen entweder Benziner mit 1,4 Liter Hubraum oder ein lautstarker 1,4-Dreizylinder-Diesel – beide Motoren leisteten 75 PS. Das einzige Automatikgetriebe ist nur in Kombination mit einem auf Effizienz getrimmten 1,2-Dreizylinder-Diesel mit 60 PS erhältlich und fällt neben ruckeligem Schaltverhalten vor allem durch häufige Defekte auf. Fahrspaß? Fehlanzeige. Schlechtes Marketing, hohe Produktionskosten und mangelnde Modellpflege lassen das Interesse des Herstellers an dem Aluauto zusätzlich erlahmen. Eine halbherzige Produktpflege im Jahr 2004 bringt außer einem neuen Kühlergrill noch zwei frische Motoren in das Auto. Der Dreizylinder-Diesel erstarkt auf 90 PS und liegt in den Fahrleistungen nahezu gleichauf mit dem ebenfalls neuen 1,6-Liter-FSI-Einspritzer, der aber unter exorbitantem Verbrauch leidet. Im Frühjahr 2005 ist dann endgültig Schluss, und der Audi A2 wird vorzeitig eingestellt. Doch nur wenig später erfolgt der Wandel. Restexemplare werden den Händlern plötzlich aus den Händen gerissen. Die zweite Karriere des A2 hatte begonnen.
Der späte Durchbruch
Rund zehn Jahre nach seinem Debüt ist der Audi A2 eines der begehrtesten Autos in seinem Segment. Die variable Karosserie, die hervorragende Verarbeitung und nicht zuletzt die Strahlkraft der Marke machen aus dem bis dato erfolglosem Audi ein vollwertiges Mitglied der ersten Auto-Liga. Das Design, einst häufiger Kritikpunkt, ist mittlerweile Kaufgrund Nummer eins. Besonders beliebtes Zubehör sind die originalen 17-Zoll-Felgen im S-Line Design. Damit wird der A2 zum Blickfang. Das beliebte Open-Sky-Dach dagegen ist kritisch zu betrachten, da es nur selten dicht hält. Gut für die Variabilität: die herausnehmbaren Einzelsitze im Fond und die optionale abnehmbare Anhängerkupplung, die auch einen Fahrradträger aufnehmen kann. Im Innenraum sorgt die hohe Materialqualität auch nach vielen Kilometern für Freude. Die Sitzbezüge sind durabel, und auch die Elektrik macht bis auf gelegentlich defekte Steuergeräte für die Zentralverriegelung keinen Ärger. Bose-Sound und „Navigation Plus“ waren zwar im Angebot, sind aber ebenso selten zu finden, wie Tempomat oder Sitzheizung.
Eine Proberunde im A2 macht Lust auf mehr. Bis auf die freudlose 3-Liter-Version ist der Audi A2 ein Fahrspaß-Auto. Besonders der seltene 90-PS-Diesel gefällt mit einem üppigen Drehmoment und einem geringen Verbrauch von rund 5,5 Litern. Dank guter Aerodynamik rennt der A2 1.4 TDI bei freier Bahn fast 200 km/h. Das Fahrverhalten bleibt dank gut abgestimmtem Fahrwerk und ESP-Reißleine gut kalkulierbar. ABS und vier Scheibenbremsen gehören bei dieser Version zum Standard dazu. Abzuraten ist von dem 110 PS starken Schichtlademotor 1,6 FSI. Häufiges Teillastruckeln und hohe Verbräuche sowie eine teure Versicherungseinstufung vermiesen die Freude am Alu-GTI.
Marktlage und Daten
A2-Fahren ist und bleibt ein teures Vergnügen. Selbst hart rangenommene Gebrauchtwagen liegen nur selten unter 4.000 Euro, weisen dafür aber Tachostände jenseits der 200.000 Kilometer auf. Brauchbare Fahrzeuge mit rund 100.000 Kilometern bewegen sich bei rund 8.000 Euro, wirklich schöne Ersthandfahrzeuge mit attraktiven Extras kosten deutlich darüber. Besonders beliebt: die Sondermodelle „Color Storm“ und „S-Line Plus“. Doch die Ausgabe lohnt sich, denn der A2 avanciert im Betrieb schnell zum Liebling und lässt nur eine Frage offen: Wann wirft Audi das Band für die smarte A2-Baureihe wieder an? Auf der IAA zeigten die Ingolstädter immerhin schon einmal eine Konzeptstudie eines neuen A2, der schon bald Serienreife erlangen könnte.
Produktionszeitraum:
1999 - 2005
Karosserieaufbau:
Schrägheck, fünftürig
Motoren:
Ottomotoren: 1,4 – 1,6 Liter (55–81 kW)
Dieselmotoren: 1,2 – 1,4 Liter (45–66 kW)
Länge:
3826 mm
Breite:
1673 mm
Höhe:
1553 mm
Radstand:
2405 mm
Leergewicht:
895 - 1.070 kg
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