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Aston Martin Virage: Der Kurvenversteher

Aston Martin Virage: Der Kurvenversteher

Virage – was in Frankreich für gewöhnlich eine Kurve bezeichnet, steht in Großbritannien für einen bulligen V8-Sportwagen der späten Neunzigerjahre. Nachdem die Baureihe im Jahr 2000 ihr jähes Ende fand, feiert sie 2011 ihr Comeback. Ob der neue Aston Martin Virage tatsächlich die Lücke zwischen dem Performance-Sportwagen DBS und dem kürzlich modernisierten DB9 schließt, klärt unser Fahrbericht.

Unser britischer Kollege Steve Wakefield hatte auf dem Ascari-Racetrack und im hügeligen Umland der spanischen Stadt Ronda Gelegenheit, den neuen Virage auf Herz und Nieren zu testen. Sein erstes Urteil: Der Virage ist ein fein abgestimmter Gran Turismo nach bester Tradition des britischen Autobauers. Die Innovationen stecken hier jedoch im wahrsten Sinne des Wortes im Detail. Denn optisch mag sich der Virage nicht so recht von seinen Brüdern unterscheiden. Marek Reichman, Design-Chef bei Aston Martin, beschreibt den Neuen sehr treffend als einen Sportwagen, „den man berühren muss“.

Aston Martin Virage: Der Kurvenversteher Aston Martin Virage: Der Kurvenversteher

Im Vergleich zum DBS und DB9 sind die vorderen Kotflügel im oberen Bereich etwas schärfer gezeichnet und tragen die aus dem Aston Martin Rapide bekannte Bi-Xenon-Scheinwerfereinheit. Sie ist eine Reminizens an das „Gothic Arch”-Design des 1950er Aston Martin DB3S. Kennzeichnend für den neuen Virage sind auch der Kühlergrill mit seinen fünf Streben und ein markanter Frontspoiler, der dem GT einen leicht aggressiven Auftritt verleiht. Auch die Heckpartie wirkt kräftig – immerhin misst der Virage mit 1.904 Millimetern in der Breite knapp 30 Millimeter mehr als der DB9 und nur einen Millimeter weniger als der bullige DBS. Das verglichen mit dem DB9 muskulösere Design und die neu gestaltete Front lassen den Virage insgesamt aerodynamischer wirken.

Aston Martin Virage: Der Kurvenversteher
Aston Martin Virage: Der Kurvenversteher Aston Martin Virage: Der Kurvenversteher

Im Innenraum empfangen einen derweilen Sportsitze mit neuen Steppnähten, Knöpfe und Schalter aus echtem Glas sowie – endlich – ein neues, eigens für den Virage entwickeltes Navigationssystem vom US-Hersteller Garmin. Es verfügt über ein 6,5-Zoll großes, hochauflösendes Display, das gekonnt in das Armaturenbrett eingelassen wurde und obendrein auch einwandfrei funktioniert – auch wenn hier nicht das Rad neu erfunden wurde.

Was die Dynamik betrifft, liegt der Aston Martin Virage wieder zwischen DB9 und DBS. Das zumindest verspricht die Motorleistung, die mit 490 PS exakt in der Mitte der Leistungsdaten der Brüder liegt. Dazu haben die Soundtechniker dem Virage einen kraftvollen und gleichzeitig distinguierten Klang verliehen. Unterstützt wird dieser Eindruck sicherlich auch durch die verbesserte Innenraumgeräuschdämmung des neuen Virage.

Aston Martin Virage: Der Kurvenversteher
Aston Martin Virage: Der Kurvenversteher Aston Martin Virage: Der Kurvenversteher

Auf den kurvenreichen Straßen rund um die spanische Stadt Ronda, nördlich von Marbella, machen sich die feinen technischen Neuerungen, das Leistungsplus und die im Vergleich zum DB9 kürzere Übersetzung bemerkbar. Das Auto ist flinker, wirkt entschlossener – sowohl bei normaler Fahrweise als auch im Grenzbereich. Wählt man den Sportmodus der Automatik via Glasknopf an, wird die Gasannahme spürbar direkter, und das Getriebe schaltet erst spät in den nächsten Gang. Ein manuelles Schaltgetriebe gibt es übrigens nicht, alternativ lassen sich die Gänge der Automatik per Schaltpaddles am Lenkrad einlegen. Immerhin befindet sich im Virage eine überarbeitete Version der Aston Martin Touchtronic. Kenner werden den Unterschied merken.

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Wie das Automatikgetriebe, kann auch das Adaptive Damping System, kurz ADS, auf „Sport“ umgeschaltet werden. Ganz gleich, welche Einstellung gewählt wurde: Das Fahrwerk scheint die Straße förmlich zu lesen und bietet in nahezu jeder Situation ein überzeugendes Handling. Serienmäßig ist im Aston Martin Virage das CCM-Bremsenpackage mit Carbon-Bremsscheiben an Bord, das auch im DBS und V12 Vantage zum Einsatz kommt. Auch hier gibt es kaum etwas zu beanstanden.

Aston Martin Virage: Der Kurvenversteher
Aston Martin Virage: Der Kurvenversteher Aston Martin Virage: Der Kurvenversteher

Als wir unsere Testfahrt im Ascari Race Resort antraten, wo übrigens zeitgleich die Aston Martin V8 Vantage S Präsentation stattfand, kratzten sich zunächst viele Journalisten am Kopf und fragten sich, was denn nun anders sei an dem neuen Sportwagen aus Gaydon. Nach 350 Kilometern über kurvenreiche spanische Straßen konnte der Aston Martin Virage zwar mit seinen Neuerungen überzeugen, dennoch kristallisierte sich der 2+2-Sitzer nicht als völlig eigenständiges Modell heraus, sondern eher als gebührenvoller Nachfolger des in die Jahre gekommenen DB9.

Aston Martin Virage: Der Kurvenversteher
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Noch stehen die Preise für den neuen Virage nicht hundertprozentig fest. Für das Coupé werden in Großbritannien vermutlich etwa 150.000 Pfund, für die offene Volante rund 10.000 Pfund mehr fällig. Letztere konnten wir während der Fahrpräsentation immerhin auf einer rund 50 Kilometer langen Ausfahrt testen. Und wir waren schrecklich begeistert: So entspannt und vom Fahrtwind abgeschirmt waren wir selten in einem offenen Aston Martin unterwegs. Cheers!

Text: Steve Wakefield (aus dem Englischen von Jan Richter)
Fotos: Aston Martin