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Magazin

Alfa Spider

Cabrio al dente

Text: Sven Jürisch
Fotos: Axel Schmies (www.68images.com)

Mit dem Alfa im Bild stimmt das Klischee: Gardasee, Frühling, eine Flasche Wein und vor der Trattoria einen Alfa Spider. Herz, was willst Du mehr? Damit der Trip ins Trentino nicht zum Desaster wird, heißt es: Augen auf bei der Fahrzeugwahl. Denn nur allzu oft präsentiert sich das Alfa Cabrio – wie die Pasta in deutschen Restaurants – nicht al dente, sondern verkocht.

Wenn es so etwas wie den Inbegriff des Dolce Vita auf Rädern gibt, dann steht der Alfa Spider seit Jahrzehnten ganz oben im Rang. Neben dem Fiat Spider oder unbezahlbaren Rennpferden aus Maranello bietet der von Pininfarina gestylte Alfa italienisches Cabrio-Feeling par exellence. Seit 1966 sorgt der Nachfolger der Giulia Spider für verliebte Blicke der Damenwelt und heiße Träume der Männer. Doch egal, wer wen mit dem flotten Flitzer aus Arese beeindrucken wollte, der Effekt war stets der gleiche. Insbesondere die elegante Heckansicht der ersten Serie (gebaut bis 1969) ist es, die die verführerische Note des Alfa ausmacht. Umso unverständlicher, dass gerade dieser Part immer wieder zum Gegenstand der zahlreichen Modifikationen wurde. So kürzte Alfa in der zweiten Serie das Heck um rund zehn Zentimeter und entfernte noch dazu den sanft auslaufenden Bürzel. Dieses als Fastback umgetaufte Modell bildete die Grundlage für alle weiteren Variationen. Besonders schlimm trieben es die Alfa Designer in den Jahren 1983 bis 1989. Plastikwucherungen an Front und Heck sorgten zwar für eine verbesserte Aerodynamik, ließen aber die Alfisti Sturm gegen die Modellpolitik laufen.

Alfa Spider

Erst mit Erscheinen der letzten Version verschwand das schwarze Gummi und der Alfa durfte, wie unser Fotowagen, seine Reize wieder in glänzendem Lack darstellen. Bis 1993 die letzte Klappe für den in die Jahre gekommenen Kurvenkünstler fiel. Ein Jahr später läutete der keilförmige und frontgetriebene Spider eine neue Ära bei Alfa ein. Doch der Neue konnte nicht annähernd an die Erfolge des stets mit einem Vierzylinder-Doppelnockenwellen-Motor, knorrigem Fünfganggetriebe und Hinterradantrieb antretenden Urspider anknüpfen. Nicht zuletzt, weil ein Umstieg unter den eingeschworenen Alfisti lange Zeit als Hochverrat galt und unbestätigten Berichten zufolge mit zwei Betonfüßen geahndet wurde.

Alfa Spider

Die Karosserie

Um es vorweg zu nehmen: Dem Vorbild einer italienischen Diva folgend, geizt der Alfa nicht mit Unzulänglichkeiten und stellt die Beziehung zu seinem Besitzer immer wieder auf die Probe. Dass die Korrosion bei den späteren Modellen dabei eher in den Hintergrund tritt, liegt zum einen an der verbesserten Rostvorsorge, zum anderen wurden Cabrios dieser Art als Neuwagen vermehrt in den Tiefgaragen von München Grünwald abgestellt.

Für die Rostprüfung genügt es, den wenig geschützten Kanten von Türen und Hauben auf die Naht zu schauen und ansonsten ein waches Auge auf die bereits ab Werk nicht ganz so präzisen Spaltmaße und Blechsicken zu werfen. Da die Alfa Spider Karosserie über ein geschweißtes Frontblech sowie ebenfalls geschweißte Kotflügel verfügt, wurde im Falle einer Kaltverformung meist eher großzügig mit Spachtel gearbeitet, als das betroffene Bauteil aufwändig auszutauschen. Dies gilt auch für das aus einem Stück gefertigte Heck. Aufgrund der komplexen Karosseriestruktur bedeutete ein Heckschaden in der Regel einen wirtschaftlichen Totalschaden. Die Instandsetzung erfolgte dann häufig nur oberflächlich und verbleibende Unebenheiten im Blech wurden mit Spachtelmasse kaschiert. Im Laufe der Zeit sorgt die Verwindung der Karosserie für Spannungsrisse im Lack, sodass Feuchtigkeit zwischen Blech und Spachtelschicht eindringen kann. Umfangreiche Durchrostungen sind die unausweichliche Folge von derartigem Pfusch. Auf die Spur kommt man diesen versteckten Unfallschäden mit einem Magneten, der auf gespachteltem Untergrund kaum Halt findet. Professioneller ist dagegen ein spezielles elektronisches Messgerät, was die Lack- oder Spachteldicke genau bestimmt.

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Ein weiterer Schwachpunkt ist das Verdeck, was allerdings bei kaum einem Fahrzeug noch im Originalzustand sein dürfte. Vollständig dicht ist es in den seltensten Fällen und so kann sich die Prüfung auf ein leichtgängiges Gestänge und eine intakte Verdeckhaut beschränken.

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Antrieb und Fahrwerk

Antriebstechnisch wartet der Spider mit einem Vierzylinder aus Aluminium auf. Wenn auch die rustikale Vergasertechnik der frühen Modelle Mitte der Achtzigerjahre einer modernen Einspritzanlage wich, bedeutet dies keinesfalls völlige Problemlosigkeit. Der Vierzylinder verlangt regelmäßig nach einer aufwändigen Wartung. Zu dem turnusgemäßen Wechsel von sechs Litern Schmierstoff kommt alle 20.000 km eine Überprüfung des manuell einzustellenden Ventilspiels. Eine Arbeit, die neben dem entsprechenden Werkzeug auch ein hohes Maß an Erfahrung voraussetzt und mit nicht unerheblichen Kosten verbunden ist. Guten Aufschluss über den mechanischen Zustand des Motors gibt das Manometer im Cockpit. Der Öldruck darf bei mittlerer Motordrehzahl nicht unter 4 kg/cm² fallen und im Leerlauf nicht zusammenbrechen. Auch sollte sich in den Schläuchen der Kurbelgehäusentlüftung nicht mehr als ein leichter Ölnebel finden. Ein prüfender Blick auf die häufig defekte Zylinderkopfdichtung oder ein Test der Kompression schützt vor Überraschungen im Motorenkapitel.

Die Einspritzanlage macht ebenso wie die Zündanlage kaum Probleme. Korridierte Steckverbindungen oder oxidierte Kabel sind Ärgernisse, mit denen man bei einem Youngtimer zwar rechnen muss, die aber problemlos selbst zu beheben sind. Die früheren Vergaserversionen leiden dagegen neben fehlerhaften Gemischeinstellungen auch unter Falschluftzufuhr durch undichte Vergaserflansche. Dann droht dank zu großer Luftzufuhr eine Überfettung des Gemisches und im schlimmsten Fall der Motorschaden. Ein Blick auf den rissanfälligen Abgaskrümmer und die meist schlappen Motoraufhängungsgummis runden das Motorenkapitel ab.

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Wenig Auffälliges gibt es von der Kraftübertragung des Alfa zu berichten. Spötter könnten behaupten, wo nichts ist, kann auch nichts kaputt gehen. Doch das muss ja nicht von Nachteil sein. Das ausschließlich montierte Fünfganggetriebe macht gelegentlich durch einen schwächelnden Synchronring des zweiten Ganges auf sich aufmerksam, während an der Originalkupplung Schäden an dem zu schwachen Ausrücklager zu vermelden sind. Hinterachse und Kardanwelle sind dagegen völlig problemlos.

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Benimmt sich die Bella Donna auf den verwinkelten Straßen im Bergland des Gardasees wie eine angetrunkene Diva, so ist meist eine größere Fahrwerksrevision fällig. Die Gummibuchsen in den Achsen sind bei vielen Fahrzeugen altersbedingt defekt, was einen kostenintensiven Austausch nach sich zieht. Bisweilen rosten auch die unteren Aufnahmen der vorderen Fahrwerksfedern durch.

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Fazit und Kosten

Auch wenn der Alfa Spider mittlerweile zu einem Exoten auf Deutschen Straßen geworden ist, bewegt sich das Niveau von Anschaffung und Unterhalt auf einem erträglichen Niveau. Durch die lange Bauzeit ist für jeden Interessenten und jeden Geldbeutel etwas dabei. Ob ein durchrestaurierter Rundheckspider für rund 20.000 Euro oder ein gut erhaltener Spider der letzten Serie für rund 8.000 Euro – das Fahrvergnügen bleibt das Gleiche. Offen und ehrlich. Beachten sollte man jedoch, dass die mit G-Kat und Airbag ausgerüsteten 90er Jahre Exemplare deutlich altagstauglicher sind, als die frühen Modelle.

Angesichts des europaweit großen Angebotes an Alfa Spider lohnt es auch kaum, ein Restaurationsobjekt zu erwerben. Die Kosten für die meist fällige Komplettlackierung samt Überholung von Fahrwerk und Antrieb übersteigen schnell den späteren Wagenwert. Hat man seinen Traumspider gefunden, steht einer unbeschwerten Haltedauer nichts im Wege, denn sowohl Alfa als auch eine rührige Clubscene haben dafür gesorgt, dass die Teileversorgung für den Alfa Spider weitestgehend gesichert ist. Und dank des einfachen Aufbaus lassen sich viele Arbeiten mit etwas Geschick an den langen Winterabenden in der heimischen Garage selbst durchführen.

Fahrzeugkonzept:

2-sitziges Cabriolet mit Heckantrieb

Kraftübertragung:

ausschließlich 5-Gang-Getriebe

Motor:

1,3 l - 2,0 l Liter Vierzylindermotor mit zwei obenliegenden Nockenwellen, ab 1988 auf Wunsch mit G-Kat.

Fahrleistungen (Spider 2.0):

Beschleunigung: 0 auf 100 km/h in 9,5 Sekunden
Vmax: 200 km/h

Verbrauch:

je nach Fahrweise zwischen 10 und 12 Liter SuperPlus

Im Classic Driver-Automarkt stehen veschiedene Exemplare des Alfa Spider zum Verkauf, klicken Sie hier.

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