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Vic Elford erklärt, wie man einen 911er verführt

„Versuche ihn zu reizen, und er wird dich beißen!“ Wer könnte das Temperament des klassischen Porsche 911 besser beschreiben, als die lebende Renn- und Rallyelegende Vic Elford? Wir haben den Elferflüsterer um eine Lektion gebeten.

Doch lassen Sie uns zuerst noch einmal rekapitulieren, warum Vic Elford besser als die meisten anderen Rennfahrer wissen muss, wie man einen 911er – nun ja – „verführt“, so seine Worte. 1967 triumphierte er mit seinen Mitfahrern Hand Hermann und Jochen Neerpasch mit einem Porsche 911R beim 84-stündigen Marathon de la Route auf der Nord- und Südschleife des Nürburgrings. Sie haben richtig gelesen – das Trio war tatsächlich 84 Stunden, also dreieinhalb Tage am Stück hinter’s Steuer. Elford übernahm dabei meist die Nachtschichten. In selben Jahr wurde er mit einem 911 S auch noch Europäischer Rallyemeister in der GT-Klasse. Dies sind nur zwei Highlights aus einer unglaublich vielseitigen Karriere, in der er (abseits seiner geliebten Porsche-Rennsessel) auch 13 Grand-Prix-Rennen in der Formel 1 bestritt. Also haben wir Vic Elford gefragt, mit welcher Technik man einen klassischen Porsche 911 im Grenzbereich am besten in Zaum hält. Seine Antwort ist so einfach wie überzeugend.

Die Kunst der sanften Verführung

„Das wahre Geheimnis, wie man einen frühen 911 richtig fährt, ist die Balance. Als ich in den 1960ern erstmals mit einem Elfer bei einer Rallye antrat, lag die Gewichtverteilung wegen des Boxermotors bei 40 zu 60 zugunsten des Hecks – und der Wagen hatte einen verhängnisvollen Hang dazu, sich zu drehen. Um die Balance zu halten, genügen winzige Eingriffe an Lenkung und Gas. Doch unerfahrene Piloten neigen dazu, den Fuß vom Gas zu reißen, sobald das Heck auszuscheren beginnt. Das ist natürlich das beste Rezept für eine Katastrophe: Man verlagert das Gewicht plötzlich von den Hinter- auf die Vorderräder, die natürlich sofort greifen und den Porsche drehen lassen wie einen Kreisel.“

„Ab dem Moment, in dem sich das Heck verabschiedet, ist es schwer, den hecklastigen Sportwagen wieder einzufangen. Die Schreckensgeschichten, die den frühen 911er umgaben, sind meiner Ansicht nach aber ein Mythos. Sobald man die physikalische Dynamik verstanden und die Balance verinnerlicht  hat, wird der Wagen vorhersehbar – und damit absolut sicher. Dem Elfer muss man gut zureden, man muss ihn überzeugen, ihn im wahrsten Sinne des Wortes verführen – und eben niemals versuchen zu reizen. Behandeln Sie ihn mit Finesse, bleiben Sie freundlich und sanft. Ansonsten wird er gnadenlos zubeißen.“

Vic Elford, der meister der Elfer-Balance