Im Interview mit dem eat magazine gibt Starkoch Ferrán Adrià ungewöhnlich offen Auskunft über sein Innenleben und sagt der Kochwelt weitere Umwälzungen voraus.
Seit einem Vierteljahrhundert sind Sie Chef des El Bulli. Seit nunmehr 15 Jahren stellen Sie Jahr für Jahr die Kochwelt auf den Kopf. Haben Sie keine Angst, dass Ihnen langsam die Ideen ausgehen?
Ferrán Adrià: Noch vor ein paar Monaten hatte ich das Gefühl, jetzt stoße ich an eine Grenze und es kommt unweigerlich die Phase der Konsolidierung. Dem war aber nicht so. Wir sind jetzt gerade wieder in der heißen Phase der Entwicklung des El Bulli-Menüs für dieses Jahr. Der Effekt ist, dass je tiefer ich eintauche und je weniger ich abgelenkt werde, je besser ich mich einzig und allein auf meine Arbeit konzentrieren kann, desto mehr Ideen kommen mir. Momentan verfolgen wir gerade 200 spannende Ideen für das kommende Menü. Das macht mich sehr glücklich.
Verraten Sie uns schon mal eine von den 200?
Ferrán Adrià: Ich werde den Teufel tun. Wenn ich Ihnen heute sage, ich werde das oder jenes machen, dann kommen morgen zehn Fernsehteams und wollen auch jeder exklusiv eine Idee vorstellen. Das wäre aber gar nicht mal das Schlimmste. Viel schlimmer ist, dass ich dann wieder etikettiert und auf irgendein neues Schlagwort reduziert werde, dass dem nicht im Geringsten gerecht wird, was wir hier tun und ich dann wieder monatelang erklären muss, um was es wirklich geht.
Ferrán Adrià, das verkannte Genie?
Ferrán Adrià: Nein, darum geht es nicht, ich habe ja in den letzten Jahren für meine Arbeit im Grunde größtmögliche weltweite Anerkennung bekommen.
Worum geht es Ihnen dann?
Ferrán Adrià: Wir sehen, dass wir immer wieder völlig missverstanden werden. Gestern beispielsweise hatten wir ein wirklich erstaunliches Gespräch mit Industriedesignern. Ich verrate nur soviel: Wenn das klappt, was wir diskutiert haben, dann wird das einer Revolution gleichkommen und uns 50 Jahre nach vorne katapultieren. Um Ihnen allerdings jetzt im Detail zu erklären, worum es hier geht, dafür bräuchte ich Stunden.
Wir sind gespannt auf Ihre Kurzversion.
Ferrán Adrià: Tut mir leid, es bleibt dabei, ich rede nicht über ungelegte Eier.
Aus Ihrem Umfeld hört man immer wieder, dass Sie des Eierlegens müde sind und sich nach einer Auszeit sehnen. Sie produzieren gerade mit dem spanischen Fernsehen eine zehnstündige Dokumentation über das El Bulli. Wird das möglicherweise Ihr Vermächtnis?
Ferrán Adrià: Ganz bestimmt nicht. Ich bin noch lange nicht satt. Außerdem: Schauen Sie sich doch mal um, jetzt geht es erst richtig los mit der Umwälzung in der Küche. Da möchte ich dabei sein.
Ihre Kritiker behaupten, Sie hätten Ihren Zenit überschritten.
Ferrán Adrià: Was meine Arbeit betrifft, da spüre ich in keinster Weise, dass ich an einem Punkt angekommen sein könnte, wo es nicht mehr weitergeht und ich nur noch leer laufe und mich selbst kopiere und karikiere. Ich habe im Gegenteil im Moment eher das Gefühl, dass ich gerade so viel Türen wie noch nie aufstoße hinter denen bahnbrechende Entwicklungen warten. Was dagegen meine Popularität und meinen Bekanntheitsgrad angeht, das kann ich nur schwer abschätzen. Eigentlich müsste ich sagen: Ich bin zwischenzeitlich wohl so etwas wie eine Ikone, mehr geht nicht. Die Erfahrung der letzten Jahre lehrt mich jedoch, von dieser Annahme besser nicht auszugehen. Der Rummel um meine Person wird wohl weiter zunehmen, damit muss ich leben.
Sie sind der Messias. Als logische Folge wird es deshalb wohl irgendwann heißen: „kreuziget ihn“.
Ferrán Adrià: Ich glaube nicht, dass derartige Vergleiche angebracht sind. Ich bin nur ein Koch.
Das vollständige Interview mit Ferrán Adrià finden Sie in der aktuellen Ausgabe des eat magazine "barcelona"
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Interview: eat magazine
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