Classic Driver begleitete das Team Meilenwerk vom 26. bis zum 29. Mai bei der vierten Ausgabe der Young- und Oldtimerrallye Hamburg-Berlin-Klassik. Die Meilenwerker gingen mit zwei Fahrzeugen an den Start, wie sie unterschiedlicher kaum sein konnten: einem frisch für die Rundstrecke aufgebauten Porsche 914/6 GT von 1971 und einem skurril britisch anmutenden Rolls-Royce Silver Shadow Pick-up von 1975.
Klare Sicht und geordnete Verhältnisse im Hamburger Hafen. Bei bestem Wetter stehen 190 Young- und Oldtimer sorgsam aufgereiht zur technischen Abnahme bereit. Nur ein seltener Rolls-Royce Pick-up gibt Rätsel auf: „Warum transportiert er auf seiner Ladefläche einen großen Würfen mit Schweizer Nationalflagge quer durch Norddeutschland von Hamburg nach Berlin?“ Das fragen sich die knapp 400 Teilnehmer und Tausende Zuschauer der vierten Ausgabe der Hamburg-Berlin-Klassik Young- und Oldtimerrallye, die an drei Tagen vom 26. bis zum 29. Mai 2011 knapp 700 Kilometer über die Mecklenburger Seenplatte quer durch Norddeutschland führt.
Wer im Programmheft der Rallye nachschlägt, erfährt, dass das schwere britische Fahrzeug dem Meilenwerk, Forum für Fahrkultur gehört und bei der vierten Ausgabe der mittlerweile weit über norddeutsche Grenzen hinaus beliebten Rallye als eines von zwei Meilenwerk Teamfahrzeugen an den Start geht. Der zweite vom Meilenwerk nominierte Wagen ist das genaue Gegenteil des Rolls-Royce: ein nur knapp 900 Kilogramm leichter und giftgüner Porsche 914/6 GT, der von Classic Driver Händler Jörg Bratke von Bergen pilotiert wird. Classic Driver, in den Vorjahren bei dieser Rallye mit BMW unterwegs, begleitet beide Fahrzeuge auf ihrem Weg von der Hansestadt in die Hauptstadt.
Doch zunächst des Rätsels Lösung: „Mit unserem Rolls-Royce und dem Schweizer Signet weisen wir auf unser nächstes Meilenwerk hin“, erklärt Martin Halder aus Berlin, Erfinder und Initiator der bisherigen Meilenwerke, das ungewöhnliche Ladegut den Fragenden. „Das neue Meilenwerk wird in der Schweiz in der Region Zürichsee entstehen.“ – Ein Rolls-Royce Pick-up als rollender Botschafter, das ist nur eine der unzähligen Attraktionen der Rallye, die Lübeck, Wismar, Boltenhagen und Sternberg zu ihren Streckenpunkten zählt.
Der Auftakt fällt im besten Wortsinn großartig aus. Denn die Veranstalter haben das traditionell in und um der Fischauktionshalle am Hamburger Fischmarkt aufgeschlagene Fahrerlager direkt mit dem Fahrplan der Queen Mary 2 in Einklang gebracht. Und so gleitet am Abend nach dem Prolog der mächtige Cunard-Liner an den 190 Klassikern und deren Mannschaften vorbei. Begleitet vom sonoren Dröhnen des Nebelhorns, frenetischem Applaus der Schaulustigen und mehreren Feuerwerken entlang des Elbufers. Stilvoller kann ein Rallye-Auftakt kaum ausfallen.
Während des Prologs am Donnerstag durch den Süden von Hamburg zieht das Wetter schon einmal alle Register und gibt einen Vorgeschmack auf das, was die 180 Fahrzeugbesatzungen an den folgenden zwei Tagen erleben sollten. Sonnenschein, strahlend blauer Himmel, Wolkentürme, Platzregen und Gewitter – alles ist dabei. Neben den beiden Meilenwerk Fahrzeugen ist das Teilnehmerfeld der diesjährigen Ausgabe der Hamburg-Berlin-Klassik wieder bunt gemischt. Der älteste Wagen, gesteuert von Heidi Hetzer, stammt aus dem Jahre 1921. Das jüngste Auto mit Ellen Lohr am Steuer ist ein Mercedes-Benz 190 Evo-Modell, Jahrgang 1990. Der am schwächsten motorisierte Teilnehmer vertraut auf die 23 PS seiner Ente von 1973. Die Aston Martin Volante Besatzung hingegen hat unter der weißen Haube 485 Pferdestärken versammelt. Natürlich dürfen auch Jubilare wie der BMW 328 oder Jaguar E-Type nicht fehlen.
Während der Porsche vom Meilenwerk Team 2 am Tag der ersten Etappe ohne technische Probleme Richtung Ostsee schnurrt, erfordert der dunkelgrüne Rolls-Royce von seiner Besatzung bereits vor dem Start reichlich Nerven und unerwarteten Schraubereinsatz. Der Parc Fermé lichtet sich auffallend in Richtung Vorstart, doch der Meilenwerk Rolls verharrt aufgebockt auf dem Kopfsteinpflaster. „Wir haben eben die Benzinpumpe gewechselt und müssen nun noch den Kühler abdichten“, berichtet Alexander Gregor, Fahrer des Edel-Lasters, mit einem Anflug von gespielter Gelassenheit. Letzterer hatte vermutlich auf der abendlichen Überführungsfahrt von Berlin an die Elbe Schaden genommen. Lektion 1: Auch ein Rolls-Royce ist vor Pech nicht gefeit.
Doch die Not-OP am frühen Morgen gelingt bei einsetzendem Nieselregen gerade noch rechtzeitig und so kann Gregor den Meilenwerk-Kreuzer präzise zur geplanten Startzeit direkt vom Reparaturplatz in die Auktionshalle zum Start chauffieren. „Ganz entspannt“, wie er beim Abgeben der Bordkarte trocken kommentiert. Danach geht es auf die Strecke. Von Hamburg nach Lübeck und dann ins meilenweite Mecklenburg-Vorpommern.
Reichlich Anspannung bereitet der zweite Tag jedoch allen Teams der Rallye. Denn zahlreiche Wertungsprüfungen spicken die Route von Boltenhagen nach Berlin. Einer der Höhepunkte ist dabei die Prüfungsabfolge auf dem Gelände des Driving Centers in Groß Dölln in der Schorfheide nördlich von Berlin. Die Veranstalter haben sich allerlei Varianten mit Schlauchfahrten, Lichtschranken und zufälligen Richtungsvorgaben einfallen lassen, wodurch das Klassement noch einmal kräftig durcheinander gewirbelt wird. Lektion 2: Roadbook Anweisungen ergeben Sinn; wenn man sie befolgt.
Mit einem prächtigen Dinner in glamouröser Atmosphäre endet die vierte Hamburg-Berlin-Klassik am Samstagabend am Potsdamer Platz. Den ersten Platz belegt das Team Müllmann/Binder mit Michael Müllmann und Claudia Binder auf Bentley 3/8 Litre aus dem Jahr 1925: zwei Transatlantikpassagen mit der Queen Mary 2 von der Cunard Line. Das Team Opel Classic Europe mit Hans Werner Hirth und Günther F. Frauenkron im Opel Admiral von 1938 belegt den zweiten Platz und spendiert den Preis in Form zweier Sinn Chronographen an das nächstbeste private Opel-Team. Den dritten Platz belegt das Team Englert/Hellmis mit Dr. Marcus Englert und Christof Hellmis im Ferrari 250 GTE von 1961. Weiterhin gibt es neben weiteren Pokalen auch Sonderpreise: “Pechvogel” (Heidi Hetzer/Klaus Miersch), “Fair Play” (Bernd Weise/Eleonora Cucina) und “Bestes Damenteam” (Hannelore Wiltschinsky/Manuela Schulz).
Am Ende sind auch Martin Halder, Jörg Bratke, Alexander Gregor und Frank-Michael Schulte vom Team Meilenwerk zufrieden. Der Porsche 914/6 GT hat sich bei seinem ersten Einsatz nach Komplettaufbau bestens bewährt und auch der Rolls-Royce gibt seiner Besatzung keine Rätsel mehr auf. Er hielt die lange Strecke ohne weitere Panne durch.
Text & Fotos: Mathias Paulokat