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Audi A7 Sportback: Schräge Nummer

Audi zeigt Mut zur Lücke im Modellprogramm: Mit dem A7 Sportback möchten die Ingolstädter auch die letzten unentschlossenen Kunden überzeugen, dass ein Audi die richtige Kaufentscheidung darstellt. Classic Driver hat sich hinter das Steuer der neuen Schrägheck-Limousine gesetzt und liefert erste Fahreindrücke.

Nein, neu ist die Idee wahrlich nicht. Man nehme eine veritable Limousine und setze statt auf ein konventionelles Stufenheck auf eine elegante Schrägheck-Silhouette. Dazu eine große Heckklappe samt niedriger Ladekante und umklappbarer Sitzbank – fertig ist die Schrägheck-Limousine mit Coupé-Touch. Bislang waren die Versuche, die Kunden der Oberklasse von den praktischen Vorzügen dieser Fahrzeugkategorie zu überzeugen, wenig erfolgreich. Renault scheiterte mit dem R30, Rover ging mit den Modellen 3500 und 827 letztlich pleite. Selbst Audi musste in den Siebzigern mit einem unglücklich gestylten 100er Avant leidvoll erfahren, dass die Kunden in diesem Segment keine große Klappe mögen. Nur knapp 50.000 Exemplare ließen sich binnen fünf Jahren an den Mann bringen. Auch der späteren Schrägheck-Kombiversion des Typ 44 war kein großer Verkaufserfolg beschieden.

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Neues Spiel, neues Glück und neuer Name, der vor allem deutlich machen soll, dass es im Sportback mehr um den Transport von Golfbags als um Farbeimer und Teppichrollen geht. Mit dem A7 stellt Audi jedoch die Marketingexperten vor die schwierige Aufgabe, den Begriff Sportback eindeutig zu positionieren. Denn auch die Kombiversion des Audi A3 und die Limousinen-Variante des Audi A5 schmücken sich mit dieser Bezeichnung. Kein Zweifel besteht indes an der Vorreiterrolle des Audi A7, mit dem die Bayern bereits jetzt einen Ausblick auf den im kommenden Jahr anlaufenden Audi A6 geben.

Angesichts der üppigen Außenabmessungen von rund 5,0 Metern Länge und über 1,90 Metern Breite musste zur Gewichtsreduzierung tief in die Materialkiste gegriffen werden. So kommen beim A7 zahlreiche Aluminiumkomponenten, wie Türen und Klappen sowie gewichtsreduzierte hochfeste Stähle zum Einsatz, was das Gesamtgewicht mit rund 1,7 Tonnen in noch vertretbarem Rahmen hält. Erreicht wurde dieses Ergebnis auch durch den Einsatz zahlreicher Aluminiumkomponenten im Fahrwerksbereich sowie akribischer Verbesserungen an den Aggregaten.

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Ob dabei die neuen, rahmenlosen Fensterscheiben an allen Türen ebenfalls der Suche nach den überflüssigen Pfunden geschuldet waren oder sich die Designer hiermit einen besonders aufwändigen Wunsch verwirklicht haben, steht indes nicht fest. Schade nur, dass sich aufgrund der konstruktiven Vorgaben die hinteren Seitenscheiben nicht vollständig versenken lassen. Daneben setzt Audi mit ausgeprägten Radhäusern, die den optionalen 20-Zoll-Aluminiumfelgen ein angemessenes zu Hause bieten, auf einen kräftigen Auftritt. Dieser wird durch eine neue Interpretation des in die Breite gegangenen Singleframe-Grills sowie neuartige LED-Scheinwerfer und eine muskulös gespannte Motorhaube nochmals verstärkt. Bei soviel Dynamik muss das Heck passen: Der ausfahrbare Heckspoiler setzt zwar einen Akzent, schafft es jedoch nicht, von den unentschlossen gestylten LED-Rückleuchten und der insgesamt zu wenig differenzierten Heckansicht mit den weit auseinanderliegenden Auspuffrohren und der ein wenig unbeholfen wirkenden breiten Spur abzulenken.

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Im Innenraum verstummt dagegen jede Kritik. Audi setzt in Hinblick auf Design, Materialauswahl und Verarbeitungsqualität erneut Maßstäbe. Das Zusammenspiel von Holz, Aluminium, Leder und Licht beherrscht derzeit kein Autohersteller so perfekt, wie die Ingolstädter. Insbesondere die filigranen Spaltmaße der einzelnen Verkleidungsteile zueinander und die perfekte Haptik sämtlicher Materialien haben einen kaum noch zu übertreffenden Standard erreicht. Dass man sich bei Audi nicht auf den Lorbeeren ausruht, beweisen die optionalen Eichen-Schichtholzzierleisten. Für die verschiedenen Farbschattierungen werden helle und dunkle Eichenholzfurniere miteinander verleimt und zu Abdeckungen im Innenraum verarbeitet. Spezielle Lichteffekte, Aluminiumzierrahmen und warme Lederfarben unterstützen den brillanten Auftritt des Interieurs. Wie nah der Audi A7 Sportback an dem Spitzenmodell Audi A8 positioniert wurde, machen Features wie die belüfteten Massagesitze, die Google unterstützte Navigation oder das Touchpad für die intuitive Bedienung des MMI deutlich. Da ist es fast schon obligatorisch, dass für den Sportback auch das erstklassige Bang &Olufsen Soundsystem mit 1.300 Watt in der Optionsliste steht.

In Sachen Raumangebot bietet der A7 Sportback ebenfalls Oberklassefeeling pur. Denn trotz der stark abfallenden Dachlinie genießen die Fondpassagiere ein luftiges Raumgefühl. Bei Bedarf kann die Rückenlehne des im Übrigen lediglich als Viersitzer zugelassenen Audi A7 asymmetrisch umgelegt werden. Der in Normalstellung 535 Liter große Gepäckraum lässt sich so auf bis zu 1.390 Liter vergrößern.

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Motorisch kann der ab Herbst lieferbare Audi A7 mit den üblichen Aggregaten der mittleren Führungsebene ausgerüstet werden. Den Einstieg bildet der mit dem hohen Gewicht etwas überfordert wirkende 204 PS starke 2,8 Liter V6-FSI zu einem Preis von 51.650 Euro. Deutlich dynamischer, wenngleich auch rund 7.000 Euro teurer, kommt der mittels eines Kompressors aufgeladene 3.0 TFSI quattro daher. In Verbindung mit der nach wie vor nicht ganz ruckfrei arbeitenden Siebengang-S-Tronic beschleunigt der A7 3.0 TFSI binnen 5,6 Sekunden auf 100 km/h und bietet insbesondere durch seinen harmonischen Drehmomentverlauf viel Fahrspaß. Ebenso die beiden komplett überarbeiteten 3,0 Liter V6-Dieselmotoren. Beide Selbstzünder arbeiten nach dem Common-Rail-Prinzip und verhelfen dem A7 mit 204 PS und 245 PS ebenfalls zu üppigen Fahrleistungen. Dank zahlreicher Maßnahmen, wie einem neuen Thermomanagement, einem Start-Stopp-System und einem Rekuperationssystem liegen die Verbrauchswerte der beiden Dieselmotoren auf Kleinwagenniveau: 5,3 Liter sind es bei der Einstiegsversion, rund einen Liter mehr bei dem Topmodell.

Audi kann also aufatmen. Mit der Vorhut zur neuen Audi A6-Baureihe haben die Ingolstädter die Feuertaufe bestanden. Und wer weiß, vielleicht schafft es der A7 Sportback endlich, das Schrägheck in der Oberklasse zu etablieren. Das Zeug dazu hat er.

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Text: Sven Jürisch
Fotos: Audi


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