Mit einem aufgefrischten Design und überarbeiteten Motoren will die Marke mit dem Stern neue Kunden für sein Luxuscoupé gewinnen, ohne dabei die treue Klientel zu verschrecken. Ob das schwäbische Facelift des Mercedes-Benz CL gelungen ist, klärt unser Fahrbericht mit dem neuen 435 PS starken Biturbo-V8.
Coupés gelten als ultimativer Ausdruck von Luxus, da sie meist den Dimensionen von Limousinen entsprechen, allerdings lediglich zwei Passagieren ausreichend Platz bieten. Große Coupés haben auch bei Mercedes-Benz eine lange Tradition, die ihren Anfang 1952 mit der Präsentation des berühmten 300 S Coupés fand. Schon dieses Luxuscoupé der Stuttgarter zielte eindeutig auf eine wohlhabende Käuferschicht ab, denen eine Limousine als zu profan erschien, um ihren Wirtschaftswunder-Wohlstand zu repräsentieren.
Eben dieser Typus des erfolgreichen Mittelständlers der Boom-Jahre hat die Coupé-Baureihe aus Stuttgart über mehrere Modellgenerationen die Treue gehalten, was dazu führte, dass hinter dem Lenkrad des Zweitürers meist ergraute Herren gesehen wurden. Mit einem Facelift und neuen Motoren, will die Marke mit dem Stern nun neue Kunden für ihr Luxuscoupé gewinnen, ohne dabei die bisherige Klientel zu verschrecken.
Um die neue CL-Generation nicht im herbstlichen Nordeuropa präsentieren zu müssen, lud Mercedes-Benz zu Testfahrten an die Côte d'Azur mit ihren traumhaften Küstenstrassen und anspruchsvollen Strecken im bergigen Hinterland. Das erste Aufeinandertreffen mit dem neuen Mercedes-Benz Coupé fällt recht positiv aus: Der neue CL hat eindeutig an Profil hinzugewonnen. Ganz im Stil der aktuellen Mercedes-Benz Designsprache wirkt die weit nach vorne gezogene Motorhaube kantiger und verleiht der Frontpartie gemeinsam mit den bogenförmig geschnittenen Scheinwerfern ein sportlicheres und maskulineres Auftreten, als noch bei der etwas barock anmutenden Vorgängerserie. Im Großen und Ganzen tritt der neue CL sehr dominant auf, ohne dabei die Eleganz eines Coupés zu verlieren. Neben der Frontpartie fallen insbesondere die neuen, großen Aussenspiegel auf. Vorbei die Zeiten der zu klein dimensionierten, birnenförmigen Spiegel aus der Vorgänger-Serie. Erstmals sorgt eine Verkehrssicherheitsbestimmung für eine optische Verbesserung. Die Form des Hecks ist bis auf die neugestalteten Rückleuchten glücklicherweise fast unverändert geblieben.
So minimal die äußeren Veränderungen der neuen CL-Generation wirken, um so mehr hat sich unter dem Blechkleid getan. Herzstück ist der neue V8-Biturbo des CL 500 Blue Efficiency und des allradgetriebenen CL 500 4Matic Blue Efficiency. Mit diesem Motor ist Mercedes-Benz ein eindrucksvoller Schlag gelungen. Begleitet vom leisen Pfeifen des Laders gleitet der CL 500 im Eco-Modus durch den morgendlichen Stadtverkehr von Cannes. Ausgestattet mit einer Start-Stopp-Funktion schaltet sich das 118.346 Euro (Grundpreis) teure Luxuscoupé bei jedem Ampelstopp selbstständig ab. Dies ist nur eine der Maßnahmen zum effizienteren Umgang mit den knappen Ressourcen. Darüber hinaus soll der neue Motor durch den Einsatz verschiedener Technologien sehr viel sparsamer sein als sein Vorgänger. Im Verbrauchsmittel kommt der einst durstige Achtzylinder mit 9,5 Litern Superbenzin aus.
Im Stadtverkehr fährt sich der CL 500 wie eine Limousine und verbirgt gekonnt seine sportliche Seite, zu Gunsten des Komforts. Das ändert sich allerdings Schlagartig nach umschalten der Motor- und Fahrwerkseinstellungen in den Sportmodus. Das Ansprechverhalten des 4.663 ccm großen Motors wird direkter und knackiger. Trotz seines Gewichts von über zwei Tonnen und einer Länge von fünf Metern treibt der Biturbo den Wagen mit seinen 435 PS im guten Tempo die Kurven des Massif de l'Estérel hinauf, ohne an seine Leistungsgrenze zu gelangen. Auch fahrwerkseitig scheinen die Ingenieure von Daimler tief in die Trickkiste gegriffen zu haben: Selbst enge, steile Kurven meistert der Luxuxsliner in überraschend sportlicher Manier, ohne dabei sein gutes Fahrbenehmen zu vergessen. Bei eingeschalteten Fahrassistenzsystemen scheint ein Ausbrechen fast unmöglich.
In Summe ist zu sagen, dass es Mercedes-Benz mit dem neuen CL 500 gelungen ist, das etwas angestaubte Image des großen Coupés aufzufrischen. Doch was ist mit dem Spitzenmodell der Serie, dem CL 600 und seinen Zwölfzylindern? Während der neue Achtzylinder begeistert, scheint auf dem ersten Blick beim Flaggschiff der Serie alles beim Alten geblieben zu sein. Natürlich profitiert der CL 600 ebenfalls vom neuen Design und den vielen Weiterentwicklungen der Assistenzsysteme. Tatsächlich entspricht der 517 PS starke Zwölfzylinder bis auf wenige Veränderungen dem bereits bekannten Motor, der allerdings bereits jetzt die Euro 5 Abgasnormen erfüllt. Über das Fahrerlenis lässt sich trefflich streiten: Während für die Einen nur ein 8-Motor die perfekte Ausgewogenheit zwischen Leistung und Gewicht bietet, sehen die anderen den Zwölfzylinder als die Krone des Motorenbaus an.
Rein fahrerisch lässt sich festhalten, dass der Mercedes-Benz CL 600 eher etwas für den gemäßigten Fahrer ist, der sich mit dem Bewusstsein auf der Straße bewegt: „Ich könnte, wenn ich wollte.“ Natürlich verfügt der 600er über eine sportliche Komponente, die sich aber erst in Richtung fahrerischen Grenzbereich äußert. Der CL 600 ist schlicht der perfekte Begleiter zum Reisen im Grand Turismo-Stil.
Text: J. Philip Rathgen
Fotos: Mercedes-Benz
ClassicInside - Der Classic Driver Newsletter
Jetzt kostenlos abonnieren!