Direkt zum Inhalt

Magazin

Jaguar XF SV8

Jag is back! Mit dem Jaguar XF melden die Briten Anspruch auf Jagdgründe im Segment lukrativer Oberklasselimousinen an. Ohne Retrostyle und ohne Umschweife fällt das erste Rudel der Katzen aus Castle Bromwich über den Kontinent her. Classic Driver geht mit dem Super V8 auf Revierstreife. Eine Regenfahrt im Taunus wird zur forschen Dressurnummer. Jaguar: Ganz neu und anders. Letztlich aber doch so, wie wir die Briten mögen. Eigensinnig, charmant, cool. Ein wenig spleenig und auf Befehl: Ungestüm und bissig.

„Drivestyle!“ Dieser Ausruf bringt das Postulat der Jaguar Fahrergemeinde auf den Punkt. Hört man auf die Legende, dann gehen Fahrerinnen und Fahrer von Jaguar Sportwagen und Limousinen die Dinge des Lebens individueller an, erwarten von ihrem Automobil Rasse, Eleganz und eine Spur Nonkonformität. Jaguar Deutschland Geschäftsführer Jeffrey L. Scott betont, dass die Marke zum Angriff bläst. „Wir wollen Maßstäbe setzen. In fünf Jahren wird der Jaguar-Look das weltweit meistkopierte Automobildesign sein. Perspektivisch streben wir eine Markenaura wie die von Bentley, Maserati oder Ferrari an.“ Der Feldzug soll mit dem neuen XF gelingen. Anfang 2007 schauten Freunde der Marke noch reichlich irritiert, als die Studie des XF erstmals der Öffentlichkeit präsentiert wurde: „Das ist der neue Jaguar?“ Auch die Presse reagierte mit Zurückhaltung. Zu Recht? Höchste Zeit, der Sache auf den Grund zu gehen.

Erste Bestandsaufnahme: der Jaguar XF wirkt erstaunlich konsequent. 4,86 Meter Länge in Coupéform verpackt, in einer von Designchef Ian Callum gezeichneten Ähnlichkeit zur XK-Baureihe. Langer Vorderwagen, ein geducktes Kuppeldach. Weiter Radstand, markante Lichtkanten, ein kurzes und hohes Heck. Der Jaguar baut breiter als die Mercedes-Benz S-Klasse, der Radstand des XF ist nur um die Länge einer Visitenkarte kürzer als der des Audi A8. Die abfallende Dachlinie – ganz ähnlich sah die Kontur auch beim legendären E-Type aus. Die Front wirkt schlüssig. Der Kühlergrill erinnert Kenner an den XJ der ersten Serie von 1968, genauso wie die Chromstäbe in der Frontschürze, die eine Interpretation schmaler Stoßstangen darstellen. „The leaping Jaguar“, der springende Jaguar, hat sich von der Motorhaube auf den Kofferraumdeckel zurückgezogen. Sicherheitsbestimmungen haben ihn hierher verbannt.

Jaguar XF SV8 Jaguar XF SV8
Jaguar XF SV8 Jaguar XF SV8

Die Entscheidung fällt leicht; der graue XF soll es sein. 20-Zoll-Felgen verraten die Topvariante – die Super V8 Motorisierung mit Druckbeatmung per mechanischem Eaton-Kompressor. So ausgerüstet, sind bis zu 416 PS Leistung bei 6.250/min. möglich. Es gibt den Wagen auch als Sauger-V8. Der leistet immerhin noch 298 PS. Das Erwachen jeden Jaguars XF folgt einer genau einstudierten Choreographie, „Jaguar Handshake“ genannt: Der Startknopf pulsiert rot, die Lüftungsdüsen surren in Position. Statt eines Gangwahlhebels mit klassischer „J-Gate“ Führung fährt nun ein runder Aluminiumknopf aus dem Mitteltunnel, der „JaguarDrive Selector“. Per Knopfdruck wecke ich den Motor. Augenblickliches Rumoren. Dumpf grollend, doch zurückhaltend genug, um nicht aufdringlich zu wirken. Die elektrische Parkbremse gibt die Räder frei. Der Jaguar setzt zum Sprung an.

Schnell liegt die Stadt hinter uns. Der SV8 schnalzt über die A5 gen Norden. Forsch ist sein Antritt, sanft sind die Gangwechsel des ZF-Sechsgang Automaten, im Rücken trompetet der zweiflutige Abgasstrang. Nach einem kurzen Stopp sind Sprinterqualitäten gefragt. Ich drücke das Gaspedal in den flauschigen Teppich. Der Eaton-Kompressor arbeitet wirkungsvoll. Potent schiebt er an und presst den XF forsch unter dem Fahrtwind hindurch. Mit den 1,8 Tonnen Leergewicht hat der V8 keine Mühe. Der Jaguar herrscht auf der linken Spur und zieht am Autobahneinerlei vorüber. 220 km/h - im XF nicht mehr als ein säuselnder Rausch. 250 km/h – der Begrenzer greift ein. Ein Luftwiderstandsbeiwert von nur Cw 0,28 des SV8 ermöglicht einen Beschleunigungswert von 5,4 Sekunden von 0 auf 100 km/h. Abrupte Spurwechsel quittiert er mit Souveränität.

Jaguar XF SV8 Jaguar XF SV8

Programmwechsel - Powerplay im Hochtaunus: Landstraßen, Steigungen, scharfe Kurven. Bremsen, Stoppen und Beschleunigen. Nichts knackt, knarzt oder wirkt gar überfordert. Fahrwerk und Karosserie bilden ein eingespieltes Team. Gelungenes Bodybulding - wie berichtete Mister Scott? „Die Karosserie besteht aus 25 verschiedenen Stahlqualitäten, darunter Boron, das 900 Prozent fester als normaler Stahl ist.“ Davon profitiert die Torsionssteifigkeit des XF. Doch auch mit Laufruhe vermag der Brite zu überzeugen. Das „CATS-Fahrwerk“ mit adaptivem Dämpfersystem leistet ganze Arbeit. Fahrfreude vermittelt zudem das zweistufige DSC. Im „TraDSC“ Modus erlaubt es leichten Schlupf. Wer den Knopf länger drückt, schaltet die Kontrolle komplett ab und hat dann alles selbst in der Hand.

Alistair Whelan, Innenraumdesigner, schuf das Interieur des neuen XF. Alles, was hier nach Holz aussieht, ist im XF auch aus dem Naturmaterial. Aufatmen! Kein plastilines Imitat aus dem Ford-Regal. Die Flächen sind tiefglänzend und eben. Satiniertes Walnussholz, Wurzelholz der gleichen Sorte oder das hier verbaute längs gemaserte Eichenholz stehen zur Wahl. „JaguarSense“ nennt sich das neue sensitive Bediensystem für Licht und Handschuhfachöffnung. Genuß bietet ein 440 Watt Soundsystem von Bower & Wilkins, das aus 14 Lautsprechern im Dolby ProLogic Surround Sound konzertiert. Alleine die Navigationsgrafik des Touchscreen-Monitors wirkt noch ein wenig verspielt und könnte eine klarere Benutzerführung vertragen.

Jaguar XF SV8 Jaguar XF SV8

Endstation Bad Homburg, der Schloßplatz. Kies knirscht. Für einen Moment blinzelt die Sonne in den Taunus hinab. Das Katzenrudel fällt zwischen den Mauern ein. Ich erinnere mich an eine frühere Jaguarfahrt. Mit einem XJ erkundete ich Anfang der neunziger Jahre Amerikas Ostküste. Jaguar schrieb damals in den Verkaufskatalog: „I see myself following an unconventional road discovering new pleasures living life my own way.“ Schlicht übersetzt: Ungewohnte Wege gehen und sein eigenes Ding machen! Das könnte tatsächlich auch mit dem neuen XF gelingen. Wer bei „Drivestyle!“ nicht rückwärts gewandt denkt, sondern offen für neue Erfahrungen ist, kann hier durchaus glücklich werden. Denn zu den Emotionen gesellen sich beim XF auch jene Vernunftargumente, die für eine fundierte Kaufentscheidung wichtig sind.

Apropos Kaufentscheidung: Den großen SV8 gibt es ab 80.820 Euro, ohne Kompressor sind mindestens 62.180 Euro fällig. 2,7-Liter-V6-Bi-Turbodiesel (mit 207 PS) sind solide Vernunft Jaguare, erhältlich ab 49.370 Euro. Der 238 PS starke 3,0-Liter-V6 kostet ab 54.380 Euro.

Jaguar XF SV8 Jaguar XF SV8
Jaguar XF SV8 Jaguar XF SV8
Jaguar XF SV8 Jaguar XF SV8

Text & Fotos: Mathias Paulokat


ClassicInside - Der Classic Driver Newsletter
Jetzt kostenlos abonnieren!