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Porsche Cayenne GTS



November in Deutschland: vier Grad plus, Nieselregen, Nebel und Bodenfrostgefahr. Da kam die Einladung zu ersten Testfahrten mit dem neuen Cayenne GTS in Portugal gerade richtig. Die Aussichten waren bestens: Sonne, ein Top-Hotel und ein 405 PS starkes SUV. Das Vila Vita Parc Hotel lud mit all seinen Annehmlichkeiten auf dem rund 22 Hektar großen Gelände zum Verweilen ein. Doch spätestens mit Erhalt des Porscheschlüssels war es mit der Sesshaftigkeit vorbei. Raus in die Natur und dem Cayenne GTS auf den Zahn fühlen, so lautete der Arbeitsauftrag. Gut, dass ich mir im Wesentlichen das Ziel meines Trips aussuchen konnte. Der Strand von Praia da Salema, eine einsame Badebucht, bot beste Vorraussetzungen für einmalige Fotoaufnahmen und einem anschließenden Bad im Meer.

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Pack die Badehose ein und los. Auf dem Parkplatz nahm zwar die Porschedichte zu, doch der Einzige, der beim Betätigen des Schlüssels blinkte, war der Cayenne in Natoolivegrün. Anlassen, anschnallen und los geht's, die Zeit drängt ein bisschen: 405 PS bei 6.500/min., 500 Nm bei 3.500/min. und Sechsgangautomatik lauten die Eckdaten für die Zahlenfetischisten. Variable Auspuffanlage, 12–Wege-Sportsitzanlage und 21-Zoll-Breitreifen für die Genusssüchtigen. Und schon beim Verlassen des feudalen Hotelgeländes wird die Eilbedürftigkeit zum puren Selbstzweck. Bei geöffnetem Seitenfenster brodelt der 4,8 Liter V8-Vierventildirekteinspritzer herrlich rotzig, hängt dabei dank deutlich verkürzter Gesamtübersetzung ungemein direkt am Gas. Die Landstraße Richtung Autobahn bietet nur wenige Möglichkeiten, dem Cayenne GTS die Sporen zu geben. Einzig die beiden Kreisverkehre geben eine Ahnung auf das, was kommt. Trotz nahezu unveränderter Geschwindigkeit umrundet der Porsche die Rondelle völlig neutral. Selbst eine ebenfalls zügig genommene Ehrenrunde lässt das mit adaptiver Dämpfung ausgestattete Fahrwerk kalt. Und das trotz einer Aufbauhöhe von immerhin 167 Zentimeter und einem Gewicht von 2,2 Tonnen.

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Den Sprung auf die Autobahn meistert der GTS souverän, auch wenn ihm die Enttäuschung anzumerken ist, dass nach portugiesischen Regeln bei 120 km/h Schluss ist mit dem Vorwärtsdrang. Wenn er dürfte, wie er könnte, würde er dieses Limit in unter sieben Sekunden erreichen (0 auf 100 km/h in 6,1 Sekunden). Graue Theorie, denn die örtlichen Radaranlagen sind für ihre Unerbittlichkeit berühmt. Nach Verlassen der dank EU-Mitteln hervorragend ausgebauten Autobahn beginnt der Ritt durch die Prärie.



Die holperigen Landstraßen durch die Sierra de Monchique haben es in sich. Der im Vergleich zum Cayenne S um 24 Millimeter tiefer gelegte GTS pariert die Stöße und Wellen der Straßenoberfläche problemlos. Das in seiner Dämpfung dreifach justierbare Fahrwerk lässt lediglich in seiner kompromisslosen Sport Einstellung kräftigere Stöße an die Insassen durchgehen. Das Reisetempo wird deutlich flotter, dem Porsche gefällt es. Dank seines aktiven Wankausgleiches (PDCC) ist Seitenneigung ein Fremdwort für die Karosse. Und sollte es vor einer Kurve dann doch einmal zu schnell gewesen sein – der Druck auf die gut zu dosierende Bremse reicht aus und eine brachiale Verzögerung setzt ein. Dank 6-Kolben-Alu-Monoblock-Bremssättel an der Vorderachse mit 350 Millimeter großen Bremsscheiben behält die Anlage auch nach flotter Reise die Contenance. Zudem sorgt die neu gestaltete Sportsitzanlage mit hinteren Einzelsitzen für ausgezeichneten Seitenhalt auf allen Plätzen.

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Beim Beschleunigen aus den Kurven folgt dann ein immer wieder auf’s Neue reizvolles Spiel. Sobald der Drehzahlmesser die 5000/min. erreicht hat, wird der Cayenne GTS wie von einem unsichtbaren Gummiband gezogen zur nächsten Kurve katapultiert, untermalt lediglich von dem preisverdächtigen Auspuffsound seiner Vierrohranlage. Intensiviert werden kann dieses Erlebnis noch durch das Betätigen der Sporttaste. Dann hat die Auspuffanlage noch mehr Verve in der Stimme und das Ansprechverhalten des V8 erhält eine zusätzliche Portion Pfeffer. Der Sechsgangautomat wechselt dabei die Fahrstufen so präzise und auf den Punkt genau, dass die beiden Schaltwippen am Lenkrad zur Nebensache verkommen. Lediglich bei Absinken der Drehzahl unterhalb der 3000/min. Marke wünscht man sich gelegentlich ein etwas energischeres Zupacken des V8.



Nach Überqueren der Autobahn bei Machada verrät der Blick auf das neu gezeichnete Kombiinstrument, dass die flotte Fahrweise zwar Zeit gebracht hat, aber leider auch den Tank ordentlich geleert hat. Der Bordcomputer weist einen Durchschnittsverbrauch von rund 18,5 Litern aus. Also piano auf der Zielgeraden. Dabei fällt dann auch auf, wie harmonisch die Porschetechniker das Fahrzeug trotz der immensen Bereifung von 295/35 abgestimmt haben. Und obwohl es sich bei diesen Walzen um reine Straßenreifen handelt, erlaubt es der mit variablen Differentialsperren und Geländeuntersetzung ausgerüstete GTS-Antrieb, die Fahrt auf den Strand ohne Scheu in den Angriff zu nehmen. Selbst die Steigung zum Badeplatz mit sensationeller Aussicht gelingt dem Cayenne GTS, ohne dabei auch nur ansatzweise an seine Grenzen zu kommen.



Meine eigenen Grenzen lote ich derweil bei einem Bad im 23 Grad warmen Wasser aus. 76.725 Euro inklusive Mehrwertsteuer wollen an die Porsche AG überwiesen werden. Mal sehen, ob mein Banker sich von mir überzeugen lässt.

Text: Sven Jürisch
Fotos: Markus Leser


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