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Porsche 911 Turbo Cabriolet

Mit dem neuen Porsche 911 Turbo Cabriolet schließen die Zuffenhausener eine Lücke im Modellprogramm. Das Highclass Convertible stellt sich mit einer Leistung von 480 PS und permanenten Allradantrieb an die Spitze der offenen Sportwagen.

Porsche Turbo, wenn diese Karte im Autoquartett auftauchte, hieß es das Pokerface aufsetzen. Zu überragend waren die technischen Eckdaten der ersten aufgeladenen Ausgabe des Elfers. Damals, das war 1987, waren 300 PS oder 221 KW noch ‚Top of the World’. Eine Höchstgeschwindigkeit von 260 km/h war unvorstellbar. Und das ganze auch noch offen. Der Stich zog, das Spiel war gewonnen. Heute, rund zwanzig Jahre später, sind die Quartettkarten von damals längst auf dem Flohmarkt gelandet. Aber das Ass sticht noch immer. In seiner neuesten, nunmehr dritten Auflage ist das 911 Turbo Cabriolet genauso scharf wie damals. Immer noch tönt in seinem Heck ein Sechszylinder-Boxermotor den heiseren Sound des ewigen Gentleman. In der Regel distinguiert, bei Bedarf aber zornig zupackend. Dieser Charakter wird durch das Design unterstützt. Vorbei die Zeiten ausladender Spoiler oder gar mattschwarzer Plastikschürzen.

Porsche 911 Turbo Cabriolet Porsche 911 Turbo Cabriolet

Im Jahre 2007 fährt der Heckspoiler zur Optimierung des Abtriebs ab einer Geschwindigkeit von 120 km/h elektrisch aus, ohne dabei die Linie des Fahrzeugs zu stören. Die beim Vormodell noch anzutreffenden riesigen Öffnungen für den Frischluftstrom zu den diversen Kühlern wurden nun deutlich dezenter gestaltet und verleihen der Front mit den turbospezifischen Bi-Xenon-Scheinwerfern eine eigenständige Optik, ohne auf die Umwelt provozierend zu wirken.



Im hochwertig ausgestatteten Innenraum herrscht bekanntes Porsche Wohlfühlklima. Qualität und Ergonomie sind über jeden Zweifel erhaben. Insbesondere die aufwändig verarbeiteten Lederapplikationen verschaffen dem Fahrer das Gefühl, sein Geld gut angelegt zu haben. Wohltuend ist auch, dass man bei Porsche auf überflüssige Spielereien verzichtet. Neumodischen Schnickschnack, wie Start-Stop-Knöpfe oder überfrachtete Navi-und Klimamodule sucht am vergebens. Man genießt die perfekte Sitzposition und freut sich an der extrem verwindungssteifen Karosserie genauso, wie an dem guten Platzangebot, welches auch Wochenendtrips mit mittlerem Reisegepäck nicht zur Tortour werden lässt. Dafür sorgt auch das solide gebaute, elektrohydraulisch gesteuerte Stoffverdeck. Auf Knopfdruck faltet es sich in Z-Form zügig hinter die Vordersitze, lässt aber auf den Rücksitzen immer noch Platz für zwei Reisetaschen. Ganz Eilige können diesen Vorgang sogar während der Fahrt bis zu einer Geschwindigkeit von 50 km/h vornehmen. Aber auch bei abgestelltem Fahrzeug lässt sich das Dach mittels einer Fernbedienung im Schlüssel lässig bedienen.



Wie fährt es sich nun mit der enormen Leistung? Zunächst einmal völlig entspannt. Für ein gutes Ansprechverhalten haben die Stuttgarter Ingenieure erstmals bei einem aufgeladenen Ottomotor in der Geometrie verstellbare Turbolader eingesetzt. Das Ergebnis ist verblüffend. Egal welcher Gang eingelegt ist, der Porsche stürmt vehement voran. Turboloch? Fehlanzeige. Binnen 4,0 Sekunden katapultiert der Boxermotor den Sportwagen auf 100 km/h. Die doppelte Geschwindigkeit wird nach rekordverdächtigen 12,8 Sekunden erreicht. Wem das immer noch nicht schnell genug ist, der kann gegen Mehrpreis ein 5-Gang-Tiptronic-Getriebe ordern. Mit diesem verbessern sich die Beschleunigungszeiten noch einmal. Das Ende der Fahnenstange ist erst bei Tempo 310 erreicht. Diese Geschwindigkeit bei geöffnetem Dach zu erleben, ist dabei ein besonderes Erlebnis, welches nicht immer auf ungeteilten Beifall der Mitfahrer stößt. Das serienmäßige Windschott macht diese Übung zumindest klaglos mit.

Porsche 911 Turbo Cabriolet Porsche 911 Turbo Cabriolet

Dabei kann der Fahrer sich auf das überlegene Antriebskonzept mit elektronisch gesteuertem Allradantrieb ebenso verlassen, wie auf das Porsche Stabilitiy Management (PSM) und die 6-Kolben Bremsanlage. Waren frühere 911 Turbos im Grenzbereich nahezu unberechenbar, gelingt es nun auch ungeübteren Fahrern brenzlige Situationen zu meistern. Wobei der Fahrspaß aufgrund des relativ späten Einsatzes der Fahrerassistenzsysteme nicht zu kurz kommt. Gerade bei Nässe quittiert der 911 Turbo den allzu übermütigen Gaseinsatz mit einem wischenden Heck, welches aber durch die Elektronik schnell wieder eingefangen wird. Für Kunden, die es mit dem 911 Turbo Cabriolet auf die Rennstrecken zieht, bietet Porsche ein Sport Chrono Paket an. Auf Knopfdruck gibt es damit noch mehr Dampf. Das Drehmoment wird durch kurzzeitige Erhöhung des Ladedruckes um 60 Nm auf stolze 680 Nm angehoben und die Fahrwerks- sowie Antriebsverteilung werden sportlicher abgestimmt.



Den endgültigen Rennwagenschliff erhält der Turbo durch Einbau einer Keramikbremsanlage mit Composite-Bremsscheiben. Diese, aus dem Coupé stammende Anlage bietet neben einer hohen Standfestigkeit auch eine Verringerung der ungefederten Massen am Rad und somit ein noch besseres Fahrverhalten. Für rund 8000 Euro steht das Bremsen-Paket in der Aufpreisliste. Überhaupt die Preisliste: Hier dürfte der letzte Trumpf der Quartettkarte zuschlagen. Wie damals ist der 911 Turbo auch als Cabriolet alles andere als ein Sonderangebot. Satte 150.862 Euro sind mindestens nach Zuffenhausen zu überweisen. Aber bei diesem Betrag wird es vermutlich bei keinem der angepeilten 3000 Kunden im kommenden Jahr bleiben. Da bleibt als kleiner Trost der voraussichtlich einmalig geringe Wertverlust. Auch in diesem Punkt sticht ein Porsche eben alle anderen aus.

Text: Sven Jürisch
Fotos: Markus Leser


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