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Porsche Cayman

Porsche – ein Name, verbunden mit Erfolg. An allen Enden des Modellprogramms feiert der Hersteller Absatzrekorde und schwingt sich zudem zum Anteilseigner bei VW auf. Wer nun aber meint, die Zuffenhausener bewegen sich nur im oberen Preissegment, dem sei ein Blick auf das untere Ende der Modellpalette empfohlen. Dort tummelt sich neben dem Cayman S seit einigen Tagen auch der Cayman ohne S, quasi der „Standard“. Ob es immer „S“ sein muss oder ob Standard reicht? Ein Versuch macht klug.

Zunächst einmal gibt es beim Öffnen der Tür Entwarnung. Standard heißt bei Porsche keineswegs lackierte Türrahmen oder gar Stoffsitze gepaart mit einem Billigradio. Mitnichten. Eine edle Leder-Alcantara-Kombination auf den Sitzen, eine vollautomatische Klimaanlage und ein hochwertiges CD-Radiosystem mit einem klangvollen Soundsystem gehören bei einem Preis von rund 48.000 Euro bereits zum Lieferumfang. Sämtliche Sonderwünsche, wie etwa elektrisch verstellbare Sitze oder ein Navigationsgerät, sind – ebenso wie beim Cayman S – lieferbar. Der einzige Unterschied zum stärkeren Bruder spiegelt sich in einer anderen Hintergrundfarbe des Kombiinstruments wieder.

Porsche Cayman Porsche Cayman

Einmal Platz genommen im zweisitzigen Cockpit, den Sitz in die passende Position gerückt und los geht’s. Bereits im ersten Moment verwundert das trotz des Mittelmotorkonzepts üppige Platzangebot. Fahrer, gleich welcher Statur, finden auf den angenehm konturierten Sitzen eine hervorragende Sitzposition. Zudem erreicht die Kopffreiheit ein erstaunliches Maß, sodass auch in dieser Hinsicht Eitel Freude Sonnenschein herrscht. Die Verarbeitung und die Materialauswahl tragen ebenfalls zum guten Gefühl bei. Die Qualität ist in jeder Verkleidung, in jedem Bodenteppich sicht- und spürbar.



Nach dem Anlassen ertönt auch im Modell aus dem „down under“ der Preisliste der bekannte Boxersound. Der nunmehr auf 2,7 Liter verkleinerte Motor erreicht eine Leistung von 245 PS und liefert ein Drehmoment von 273 Nm. Dabei ist dieses Aggregat ebenfalls mit allem ausgestattet, was derzeit bei Porsche en vouge ist. Die Ventilsteuerung Variocam Plus sorgt in Verbindung mit der Ventilhub-Umschaltung für einen satten Füllungsgrad über das gesamte Drehzahlband. Das Ergebnis ist beachtlich. Nicht zuletzt aufgrund des niedrigen Gesamtgewichts von 1300 kg erreicht der handgeschaltete Porsche Cayman die 100 km/h Marke in respektablen 6,1 Sekunden. Die ebenfalls lieferbare Automatikversion (Tiptronik mit Lenkradschaltung) nimmt sich 0,9 Sekunden mehr Zeit. Der Fahreindruck bestätigt dann auch die Vermutung.

Porsche Cayman Porsche Cayman

Der Cayman setzt sich zwar leistungsmäßig zwar nicht ganz so in Szene wie sein stärkerer Bruder – es reift aber nach wenigen Metern die Erkenntnis, nicht am falschen Ende gespart zu haben. Auf winkligen Landstraßen steht immer genügend Kraft zur Verfügung, um in Verbindung mit dem exzellenten Fahrwerk und dem sorgsam komponierten Sound jede Menge Spaß zu haben. Dabei ist es fast gleichgültig, mit welcher Kurveneingangsgeschwindigkeit man die nächste Waldbiegung nimmt. Der Mittelmotorsportwagen bleibt lange neutral und setzt erst bei sehr hohem Tempo zum Untersteuern an. Stets entsteht das gute Gefühl, die Driveline und das Fahrwerk gehen mit der verwindungssteifen Karosse eine ideale Verbindung ein. Lediglich bei Überholmanövern wünscht man sich etwas mehr „Dampf“ vor allem im unteren Drehzahlbereich.

Porsche Cayman Porsche Cayman

So begreift man schnell, der 2,7-Liter-Sechszylinder will jubeln. Scheu vor hohen Drehzahlen ist hier fehl am Platz. Ab 4.500/min weht ein scharfer Wind durch das vom S-Modell verstellbare Ansaugrohr und der Boxer entfacht ein tolles Konzert von Ein- und Auslassgeräuschen. Diese Kulisse ist es denn auch, die einen großen Anteil an der sportlichen Ausstrahlung des Cayman hat. Das Fahren wird zur Sucht. Schnell ertappt man sich beim ständigen Aufsuchen des idealen Soundbereiches. 70 km/h im Dritten? Ökologischer Unsinn, aber bei dem Pfeffer im Heck ein Muss. Vor der Kurve zackig zurückschalten? Unnötig, aber es trompetet so schön, und dann das Gaswechselgeräusch beim anschließenden Herausbeschleunigen und Hochschalten – Porsche weiß wie man das machen muss.



Auf der Autobahn sieht die Sache dann allerdings anders aus. Hier erlebt der Cayman sein Waterloo. Ab Tempo 200 müht sich der Motor hörbar um einen standesgemäßen Vortrieb. Sicher, die angegebene Höchstgeschwindigkeit von 260 km/h ist mehr als ausreichend, doch der Weg dahin ist in Anbetracht drängelnder TDI-Fahrzeuge schwer und steinig. Insbesondere Überholvorgänge gestalten sich mitunter wenig erfreulich. Angesichts des Zuffenhausener Sportwagens im Rückspiegel ist die Linke Spur schnell geräumt, was wenig nutzt, wenn der Cayman ungewöhnlich lange braucht, um vorbeizuziehen. Zudem ist das aufreizende Geräusch des Motors bei langen Hochgeschwindigkeitsetappen dann doch eher lästig und schränkt die Konversation im gut klimatisierten Cockpit ein.

Porsche Cayman Porsche Cayman

Genug gemeckert, denn der Cayman ist schließlich keine Langstrecken-Komfortlimousine. Punkten kann der neue Basis-Porsche indes mit einer hervorragenden 4-Kolben-Monobloc-Bremsanlage, die eigens für diese Motorversion angepasst wurde. Die Bremsleistungen lassen auch bei extremer Beanspruchung keine Wünsche offen und zeugen davon, dass Porsche auch bei einem Grundmodell keinen Aufwand scheut.



So stellte der Cayman in seiner Basisversion eine interessante Alternative zum deutlich teureren „S“ Modell dar. Mit dem schwächeren Motor erkauft man sich im Alltag kaum Nachteile. Stattdessen fährt das gute Gefühl mit, ein echtes Schnäppchen gemacht zu haben und es reift die Erkenntnis: „S“ muss nicht sein.

Text: Sven Jürisch
Fotos: Dirk Michael Deckbar / Porsche



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