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Magazin

McLaren F1

Happy Birthday, McLaren F1!

Text: Jan Baedeker
Fotos: RM Auctions / McLaren

Er gilt als bester Sportwagen aller Zeiten – der McLaren F1. Im März 1990 trafen sich die Entwickler des revolutionären Carbon-Sportwagens zum ersten Mal. Zwanzig Jahre später hält das Formel-1-Derivat immernoch zahllose Geschwindigkeits- und Preisrekorde – auch wenn sein Nachfolger in den Startlöchern steht.

Man kann seine Erfolgsgeschichte in wenigen Sätzen zusammenfassen: Der McLaren F1 war der erste Seriensportwagen mit einem kompletten Carbon-Monocoque. Er gilt seit 12 Jahren als schnellster Saugmotor-Sportwagen der Welt. Mit einem phänomenalen Sieg in Le Mans machte er McLaren zum einzigen Hersteller, der neben der Formel 1 Weltmeisterschaft und der Indianapolis 500 auch die 24 Stunden von Le Mans gewann. Er wurde zwischen 1993 und 1998 nur 106 Mal gebaut – und erreicht inzwischen stattliche Millionenpreise. Um den Mythos auch jenseits der bekannten Guinessbuch-der-Rekorde-Dimensionen zu erklären, muss man jedoch ein wenig weiter ausholen.

McLaren Racing wurde 1965 von dem neuseeländischen Rennfahrer Bruce McLaren gegründet und startet seit 1966 in der Formel 1. 1981 ging McLaren als erster Rennstall mit einem Chassis aus Kohlefaser an den Start. Sieben Jahre später wurde entschieden, das im Rennsport erfolgreiche Prinzip auch auf die Straße zu bringen und – wie schon damals geplant wurde – „den besten Sportwagen zu bauen, den die Welt jemals gesehen hatte.“ Im März 1990 trafen sich die Entwickler, die McLaren für das Projekt zusammen gestellt hatte, zum ersten Mal. Der Legende nach saßen McLaren-Chef Ron Dennis, Creighton Brown und Gordon Murray zusammen mit dem TAG-Investor Mansour Ojjeh am Mailänder Flughafen, als Murray die erste Skizze eines schlanken Sportwagens mit zentraler Sitzposition zeichnete.

Rund zwei Jahre später, am 28. Mai 1992, erblickte der McLaren F1 in Monaco das Licht der Welt. Das erste Exemplar wurde im Dezember 1993 an seinen stolzen Besitzer ausgeliefert. Damals lag der Preis für einen F1 bei stolzen 540.000 Pfund. Im Oktober 2008 wurde ein neuwertiges Exemplar von RM Auctions für eine beeindruckende Summe von 2,53 Millionen Pfund versteigert. Der Schätzwert hatte zwischen 1,1 und 1,4 Millionen Pfund gelegen.

Technik und Ausstattung

Was den McLaren F1 schon zu Beginn seiner Karriere von allen anderen Sportwagen dieser Zeit unterschied, war einerseits seine technische Vollkommenheit, andererseits seine konzeptuelle Eigenwilligkeit. Als Triebwerk hatte McLaren einen 6,1 Liter V12-Saugmotor von BMW M ausgewählt, der bei 7.400 Umdrehungen eine Leistung von 627 PS auf die Straße brachte. Das Gewicht des von BMW stark modifizierten Triebwerks lag bei 266 Kilogramm. Revolutionär war auch das Carbon-Monocoque, auf dem der Sportwagen basierte und das nur 100 Kilogramm auf die Waage brachte. Auch die Türen bestanden aus Kohlefaserverbund und wogen gerade einmal sieben Kilogramm pro Stück. Auch Magnesium, Titanium und Kevlar wurden großzügig eigesetzt. Das Gesamtgewicht lag somit bei nur 1.140 Kilogramm – ein außergewöhnlicher Wert, der eine Beschleunigung von 0 auf 100 km/h in nur 3,4 Sekunden möglich machte.

Ungewohnt sparsam war auch Gordon Murrays Umgang mit den gängigen elektronischen Assistenten: Servolenkung, Traktionskontrolle oder ABS gab es nicht. Auch bei der Kraftübertragung hatten die Entwickler statt einer Halbautomatik ein schlichtes Sechsgang-Schaltgetriebe gewählt.

Doch nicht nur bei den Werkstoffen und der Ausstattung, auch bei der Fahrzeugarchitektur orientierte sich McLaren stark an der Formel 1: Ein niedriger Schwerpunkt, ein geringes polares Trägheitsmoment, eine clevere Verpackung und eine ungewöhnliche Kommandoposition sorgten für ein außergewöhnliches Fahrerlebnis. Denn im Gegensatz zu den Sportwagen der Konkurrenz saß der Fahrer im McLaren F1 in der Mitte des Cockpits, was nicht nur eine ideale Rundumsicht, sondern auch eine bessere Handhabung im Grenzbereich garantierte. Die Gepäckfächer in den Seitenwänden boten zudem großen Stauraum, den man in den Supersportwagen von Ferrari oder Lamborghini vergeblich suchte.

Variationen und Rekorde

Auf Druck einiger Besitzer entschied sich McLaren 1994, eine Rennversion des F1 für die FIA GT1 zu entwickeln, die 1995 antreten sollte. Obwohl den Ingenieuren nur drei Monate blieben, um den McLaren F1 GTR zu entwickeln, übertraf der 600-PS-Rennwagen alle Erwartungen – und gewann bei seinem Debüt nicht nur die GT1-Championship, sondern auch die 24 Stunden von Le Mans. Und zwar nicht mit einem einfachen Sieg: Die britischen Neulinge dominierten das regennasse Endurance-Rennen souverän und konnten neben dem ersten Siegerpodest auch die Platzierungen 3, 4, 5 und 13 sichern. Als legendär gilt auch die Leistung von J.J. Letho und seinen Teamkollegen Yannick Dalmas und Masanori Sekiya. Um das außergewöhnliche Abschneiden in Le Mans zu feiern, produzierte McLaren im folgenden Jahr für jeden der Le-Mans-Rennwagen eine Tribute Edition für die Straße: Die fünf McLaren F1 LM waren in jenem Orangeton lackiert, den Bruce McLaren in den 1970er und 1980er Jahren für seine Rennwagen verwendet hatte, und leisteten brachiale 680 PS.

Um die Homologation für die geplanten zehn Exemplare des F1 GTR zu erhalten, produzierte McLaren im Jahr 1997 den F1 GT. Laut FIA-Regelwerk hätte McLaren nur ein solches Modell, das wegen seiner langen Überhänge als „Longtail“ bekannt wurde, für die Straße produzieren müssen. Doch auf Drängen der Kunden schickten die Ingenieure noch zwei Exemplare hinterher. Bis 1998 wurden somit insgesamt 106 Exemplare aller F1-Varianten gebaut. Die wahrscheinlich wertvollste Variation ist der McLaren F1 LM, den Lewis Hamilton voller Stolz sein Eigen nennt. Doch auch nach dem Ende seiner Produktionszeit schrieb der McLaren F1 noch Automobilgeschichte: Am 31. März 1998 startete der Renn- und Erprobungsfahrer Andy Wallace mit „XP5“, dem fünften und letzten Prototypen des F1 mit 45.000 Testmeilen auf dem Tachometer, auf der Hochgeschwindigkeits-Teststrecke von Ehra-Lessien. Die Höchstgeschwindigkeit von 386, 4 km/h hat bis heute kein Seriensportwagen mit Saugmotor geschlagen – das zumindest verkündet McLaren zum 20. Jubiläum der Neunzigerjahre-Ikone.

Die Fakten (McLaren F1)

Chassis:
Carbon Monocoque

Motor:
BMW V12

Hubraum:
6.064 ccm

Leistung:
627 PS bei 7.400/min.

Getriebe:
Sechsgang-Schaltung Sportgetriebe

Radstand:
2.718 mm

Gesamtlänge:
4.292 mm

Leergewicht:
1.140 Kilogramm

Beschleunigung:
in 3,4 Sekunden von 0 – 100 km/h

Höchstgeschwindigkeit:
386,4 km/h

Bauzeit:
1993 bis 1998