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Nordschleife im Porsche Cayman R: Blauer Himmel, grüne Hölle

Mitte April folgte Classic Driver der Einladung von Porsche zu einem Fahrertraining auf die Nordschleife. Wie sich unser Testpilot Jan Richter auf seinem Ritt durch die frühlingsgrüne Hölle geschlagen hat, lesen Sie in seinem Rennreport.

Früher dachte ich, wer ein Herz für Sportwagen hat, sollte drei Dinge erlebt haben: einmal hinter dem Steuer eines Ferrari sitzen, einmal die 300-km/h-Marke knacken und mindestens einmal über die Nordschleife jagen. Mittlerweile sehe ich einige Dinge anders. Und doch gibt es diesen einen Punkt auf meiner Erfahrungsliste, den ich bis heute nicht abhaken konnte. Umso euphorischer bin ich, als ich Mitte April am Flughafen Köln-Bonn den Schlüssel eines Porsche Cayman R überreicht bekomme und der Fahrzeugbote mir zum Abschied nachruft: „Viel Spaß auf der Nordschleife.“

Nordschleife im Porsche Cayman R: Blauer Himmel, grüne Hölle Nordschleife im Porsche Cayman R: Blauer Himmel, grüne Hölle

Die rund hundert Kilometer zur Eifel-Rennstrecke vergehen wie im Flug, bieten jedoch etwas Gelegenheit, mich mit dem Cockpit des Cayman R vertraut zu machen. Dass die etwa einstündige Fahrt und meine recht umfassende Erfahrung mit den Mittelmotorsportwagen aus Zuffenhausen letztliche doch nicht ausreichen, damit jeder Blick oder Handgriff sitzt, wird sich später noch zeigen. Denn mir steht ein zweitägiges Perfektionstraining auf der 20,8 Kilometer langen Nordschleife bevor, angeleitet von einem erfahrenen Instructor. Angeleitet, weil die Nordschleife mit ihren 73 Kurven, 300 Metern Höhenunterschied und fehlenden Kiesbettzonen für etwaige Ausrutscher sowie oft heftigen Wetterumschwüngen die vielleicht anspruchsvollste Rennstrecke der Welt ist.

Nach einer fast schlafenlosen Nacht voller Ehrfurcht vor der grünen Hölle erstrahlt am nächsten Morgen der blaue Himmel über der Eifel. Zum Glück, denn es kann schon mal vorkommen, dass hier Mitte April noch die letzten Schneeflocken vom Himmel fallen, um nur ein Beispiel ungünstiger Wetterverhältnisse auf der Nordschleife zu nennen. Diesmal jedenfalls sind die Streckenbedingungen hervorragend. Und auch der 1.295 Kilogramm leichte Cayman R scheint mit seinem 330 PS starken 3,4 Liter Mittelmotor, Rennschalensitzen und Alcantara-Lenkrad bestens geeignet für die Rennstrecke. Keine komplizierte Handschaltung, sondern das blitzschnelle Porsche-Doppelkupplungsgetriebe übernimmt hier die Schaltmanöver. Alles steht und fällt also mit dem Können des Piloten. Und mein Anspruch ist hoch. Ich hatte schon immer einen Faible für Geschwindigkeit. In Gedanken bin ich stets der Schnellste gewesen.

Nordschleife im Porsche Cayman R: Blauer Himmel, grüne Hölle Nordschleife im Porsche Cayman R: Blauer Himmel, grüne Hölle

Erst, als ich unserer Instruktorin Anja Wassertheurer im grünen Porsche Cayman R, die alljährlich am 24-Stunden-Rennen hier auf der Nordschleife startet, auf die erste Runde folge, werde ich aus meinen Träumen gerissen. Mit der Einleitung, „wir fahren jetzt erst einmal einige lockere Runden, ich erkläre euch die Streckenabschnitte über Funk“, geht es bereits überraschend flott zur Sache. Nach den ersten drei Runden, also über 60 Kilometern, fällt mir auf, dass ich mir bis auf den Hatzenbach, eine schnelle Kurvenkombination, praktisch keinen Streckenabschnitt gemerkt habe. Nachdem mir Anja nahegelegt hat, das PDK direkt über die Schaltwippen zu bedienen, brauche ich noch weitere fünf Runden, bis ich mich richtig auf die Strecke konzentrieren kann. Mittlerweile fährt unsere Kolonne aus sechs Porsche GTS und Cayman R ein Tempo, dass man im normalen Straßenverkehr als Verfolgungsjagd à la The Transporter einstufen könnte – ohne Blechschäden, versteht sich.

In der nächsten Runde hänge ich direkt hinter Anja. Sie sagt, wir fahren jetzt schon ein ordentliches Tempo. Ich kann mit viel Engagement Schritt halten, weil Anja wie eine Art Autopilot wirkt. Wenn man exakt ihre Linie fährt und ihre Bremspunkte einhält, bekommt man eine Idee davon, wie schnell es hier auf der Nordschleife gehen kann. Dass wir im Verhältnis immer noch nicht wirklich schnell unterwegs sind, würde mir keiner meiner alltäglichen Beifahrer in diesem Moment auch nur ansatzweise abnehmen. In engen Kurven wie der am Aremberg pfeifen die Reifen meines Cayman R (#7/4) jedes Mal eine Abschiedsmelodie, ehe ich am Scheitelpunkt der Kurve, kurz vor der Brückenunterführung, wieder das Lenkrad öffne und die Querbeschleunigung der Längsdynamik weicht.

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Nach etwa zehn Runden (rund 210 km) beginnt das freie Fahren, und ich habe gerade einmal ein Drittel der Strecke im Kopf. Meine Rundenzeiten verschlechtern sich. Deutlich. Als Norddeutscher hatte ich schon immer ein Problem damit, vor einer Bergkuppe auf dem Gas zu bleiben. Auf der Quiddelbacher-Höhe oder dem Schwedenkreuz muss man genau diese Angst überwinden – im fünften Gang, bei einer Geschwindigkeit von 120, 140 oder 160 km/h. Ich bin mir nicht sicher, habe keine Zeit, auf den Tacho zu gucken. Hinter mir fliegt bereits ein Porsche GT3 RS heran, der natürlich nur schneller ist, weil er das bessere Auto hat. Es folgt ein BMW M3 – mit Rennkäfig. Ein Nissan GTR, dann gleich noch einer. In der schnellen Fuchsröhre halte ich noch kurz mit, ehe sich die Nissans mit über 150 km/h in die tiefe Senke mit anschließender Linkskurve stürzen. Walter Röhrl soll einmal gesagt haben, dass es hier eigentlich nur geradeaus geht – die Räder folgen praktisch ohne Lenkeinschlag der Spur.

Am nächsten Tag konzentriere ich mich bei erneut angeleitetem Fahren, sozusagen dem Warmup, voll auf die Strecke. Nach zwanzig Runden kenne ich immerhin zwei Drittel der Nordschleife gut. Und die fahre ich schnell, wie das Caracciola-Karussell oder den Schwalbenschwanz. Bei den restlichen Passagen versuche ich es zumindest. Immer wieder muss ich dabei hart in die Bremse steigen und am Lenkrad reißen. Bei den schnellen Passagen wie dem Kesselchen bleibe ich vor Ehrfurcht vom Gas und genieße für einen Moment die Schönheit der Rennstrecke. Während mich ein Porsche GT2 RS und ein fliegendes SLS-AMG-Renntaxi mit Bernd Schneider am Steuer überholen, wird mir bewusst, dass ich mit der Nordschleife noch nicht fertig bin. Dass ich hier noch etliche Runden fahren muss, um mindestens einmal in anständiger Rundenzeit über die Nordschleife zu jagen. Ich komme wieder!

Empfehlung: Für geübte Sportwagenfahrer mit passendem Gefährt, die ihr fahrerisches Können im Grenzbereich ausfeilen wollen, ist das zweitägige Perfektionstraining von Sportauto ein Muss. Doch Achtung: Das Perfektionstraining ist eine äußerst sportliche Veranstaltung, keine lockere Touristenfahrt. Wie üblich auf der Nordschleife, besteht auch hier Helmpflicht. Bei Interesse wenden Sie sich direkt per E-Mail an Anja Wassertheurer.

Text: Jan Richter
Fotos: Jan Richter / Porsche

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