Direkt zum Inhalt

Magazin

Volkswagen Bluemotion: Fahrt ins Blaue

Ein Trip von Hannover bis nach Rom ohne Tankstopp oder 100 Kilometer für 3,50 Euro – mit diesen verlockenden Botschaften wirbt Volkswagen für seine groß angelegte Bluemotion-Kampagne. Classic Driver hat das blaue Gütesiegel der Wolfsburger im Praxistest unter die Lupe genommen.

Bis die fossilen Brennstoffe versiegt sind und das Stromzeitalter endgültige eintritt werden noch unzählige Liter Treibstoff verbrannt werden, so lautet die nüchterne Prognose. Zwar wagen Nischenhersteller wie Tesla Motors, Ruf Automobile oder die Lightning Car Company bereits den Schritt zum vollständigen Elektroantrieb, doch bei Volumenmodellen wie einem VW Golf scheitert diese Lösung derzeit noch an den immensen Kosten, glaubt man den Herstellern. Zumal momentan der Strom, der für den Antrieb von Millionen Fahrzeugen benötigt würde, nicht vollständig emissionsfrei produziert werden könnte. Hybrid-Lösungen wiederum lohnen sich bis dato nur für große Spritschlucker wie SUVs oder Luxus-Limousinen. Was also macht man mit den wirtschaftlich wichtigen Volumenmodellen auf dem Weg ins Stromzeitalter? Bei Volkswagen heißt die Zwischenlösung Bluemotion Technologies, unter der sämtliche Maßnahmen zur Verbrauchs- und Emissions-Senkung untergebracht sind.

Volkswagen Bluemotion: Fahrt ins Blaue Volkswagen Bluemotion: Fahrt ins Blaue

Das blaue Gütesiegel zierte bereits 2006 erstmals den VW Polo, der mit einem besonders sparsamen TDI-Motor ausgestattet, nur vier Liter Diesel auf 100 Kilometern verbraucht hat und als sparsamster Fünfsitzer seiner Zeit gilt. Noch weiter zurück liegt die Einführung des Drei-Liter-Lupos, der heute so sinnvoll erscheint, dass sein Produktionsende im Jahr 2005 schwer nachvollziehbar ist. „Doch“, so Eberhard Kittler, Leiter der Volkswagen-Klassik-Abteilung, „die Nachfrage war damals schlicht zu gering.“ Die Zeit war offensichtlich noch nicht reif für den sparsamen Wolfsburger, zumal dieser einen vergleichsweise hohen Anschaffungspreis aufrief. Auch die frühe Start-Stopp-Technologie, die Volkswagen bereits im Golf III einführte, wurde kaum angenommen und damals eher belächelt. „Das kann doch nicht gesund sein, einen Motor ständig neu zu starten“, war die verbreitete Meinung. Heute sieht das ganz anders aus. Sich sparsam mit dem Auto im Alltag zu bewegen, etwas für die Umwelt zu tun, ist selbstverständlich und politisch höchst korrekt. Und so feiern viele der frühen Entwicklungen im Volkswagenkonzern heute ihren zweiten Frühling.

Volkswagen Bluemotion: Fahrt ins Blaue Volkswagen Bluemotion: Fahrt ins Blaue

In den aktuellen Bluemotion-Modellen auf Basis von Polo, Golf und Passat, die Volkswagen Ende Oktober zwischen Hannover und Celle für energieeffiziente Testfahrten zur Verfügung stellte, setzt sich das Umweltpaket aus verschiedenen Komponenten zusammen: Besonders sparsame Common-Rail-TDI-Motoren, Gangempfehlung, Bremsenergie-Rückgewinnung, Start-Stopp-System, rollswiderstandsoptimierte Reifen und optimierte Aerodynamik. So soll modellübergreifend ein Liter weniger Kraftstoff pro 100 Kilometern in die Brennkammern laufen, was sich unter optimalen Bedingungen im Schnitt beim Polo mit 3,3 Liter (87 g/km), beim Golf mit 3,8 Liter (99 g/km) und beim Passat mit immerhin 4,4 Liter (114 g/km) auf 100 Kilometer äußert. Reichweiten von knapp 1.600 Kilometern sind mit dem 70 Liter Tank des Passat möglich. Damit wäre, so die charmante Werbebotschaft, ein Trip von Hannover bis nach Rom ohne Tankstopp möglich. Auch wenn diese Gelegenheit verlockend klingt, halte ich mich dennoch an das Roadbook und die Empfehlung der Gangwahlanzeige, um eine persönliche Bestmarke zu setzen. Begünstigt von endlos langen Landstraßen und dank dosierter Fahrweise, liegt der Verbrauch des Passat Bluemotion (1,6 Liter TDI, 77 kW/105 PS) am Ende tatsächlich bei unter fünf Litern!

Volkswagen Antriebs- und Kraftstoffstrategie 2.0

Mit der Agenda Antriebs- und Kraftstoffstrategie 2.0 definiert Volkswagen einen Emissionssparplan, der in den kommenden Jahren nach und nach neue Modelle abwirft. Schon im November 2009 werden nahezu alle Volkswagen mit verschiedenen Bluemotion Technologies-Konzepten auf den Markt kommen. In 2010 gehen die ersten Hybrid-Fahrzeuge auf Basis des VW Touareg und des Porsche Cayenne in Serie. In einem Flottenversuch soll im gleichen Jahr in Berlin der 130 kW starke Golf TwinDrive auf die Straßen rollen, ein Plug-in-Hybrid, der an der herkömmlichen Steckdose aufgeladen werden kann und im Zero-Emission-Bereich 50 Kilometer zurücklegen kann. Im Jahr 2011 folgt das erste Modell der „New Small Family“, genannt Up!. Der 3,2 Meter lange City-Flitzer wurde bereits auf der IAA als Studie E-Up! gezeigt. Eine Elektroversion wird es jedoch voraussichtlich erst 2013 geben, dennoch soll der Up! mit einem geringen CO2-Wert von 80 g/km neue Maßstäbe setzen. 2013 könnte auch das angekündigte 1-Liter-Auto in Kleinserie gehen. Auf ein Volumenmodell im Zero-Emission-Bereich kann zu diesem Zeitpunkt jedoch nicht vor 2020 gerechnet werden.

Text & Fotos: Jan Richter


ClassicInside - Der Classic Driver Newsletter
Jetzt kostenlos abonnieren!